Vorwort
Das vorliegende Gemeinsame Rundschreiben befasst sich ausschließlich mit dem Begriff "Einnahmen zum Lebensunterhalt", soweit er im Zusammenhang mit den Vorschriften zu zusätzlichen Zuschüssen zum Zahnersatz nach § 55 Abs. 2 und 3 SGB V und der Belastungsgrenze nach § 62 SGB V zu beachten ist. Andere Einkommensbegriffe in der Krankenversicherung werden von diesem Rundschreiben nicht erfasst.
Die Einnahmen, bei denen als Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft nur der Regelsatz für die Regelbedarfsstufe 1 nach der "Anlage zu § 28 SGB XII" maßgeblich ist, sind in der Anlage 1 mit dem Vermerk "RBSFV" gekennzeichnet.
Mit diesem Rundschreiben geben der GKV-Spitzenverband und die Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene grundlegende Hinweise zu den in diesem Kontext relevanten fachlichen Fragen und Anforderungen an die Ermittlung der Einnahmen zum Lebensunterhalt. Offen gebliebene gemeinsame Umsetzungsfragen werden in den routinemäßigen Besprechungen des GKV-Spitzenverbandes mit den Verbänden der Krankenkassen auf Bundesebene weiter beraten und bei Bedarf einvernehmlichen Lösungen zugeführt. Diese Lösungen werden im Rundschreiben regelmäßig aktualisiert und in der Änderungsübersicht kenntlich gemacht. Der Änderungshistorie können in Kurzform der Hintergrund und die betroffenen Passagen der Änderung entnommen werden; soweit dort keine Änderungen vermerkt sind, befindet sich der Text demnach in der Ursprungsfassung vom 4.12.2013.
1. Allgemeines
1.1 Begriff "Einnahmen zum Lebensunterhalt"
[1] Den Einnahmen zum Lebensunterhalt kommt rechtliche Bedeutung zu bei der Prüfung, ob Befreiungsmöglichkeiten im Sinne der §§ 55, 62 SGB V bestehen.
[2] Zu den Einnahmen zum Lebensunterhalt gehören alle Einnahmen, die zur Bestreitung des Lebensunterhalts bestimmt sind und zwar grundsätzlich ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung, soweit sie gegenwärtig zur Verfügung stehen.
[3] Hierzu zählen grundsätzlich alle einmaligen oder wiederkehrenden Bezüge sowie geldwerte Zuwendungen, wie z. B. Abfindungen, Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen sowie Einkünfte, die ein Unternehmer aus seinem Geschäftsbetrieb zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich und seine Familie erzielt oder entnimmt, Einnahmen aus Kapitalvermögen, der Bruttobetrag der Renten und Versorgungsbezüge sowie Hilfen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Zu den Einnahmen zum Lebensunterhalt zählen auch die Leistungen der Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende.
[4] Als Einnahmen zum Lebensunterhalt bleiben die durch Gesetz, Rechtsprechung oder entsprechende Rechtsauslegung benannten zweckgebundenen Zuwendungen, z. B. zur Abdeckung eines Mehrbedarfs wie Pflegegeld, Blindenzulage oder Kindergeld unberücksichtigt.
[5] Zur besseren Unterscheidung und Einordnung werden in diesem Rundschreiben die im Einkommenssteuerrecht definierten Einkommensbegriffe verwendet.
1.2 Zuordnung der Einnahmen
1.2.1 Laufende Einnahmen zum Lebensunterhalt
[1] Einnahmen sind als laufend zu bewerten, sofern sie regelmäßig z. B. wöchentlich/monatlich wiederkehren (z. B. Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, Bruttobetrag der Renten und Versorgungsbezüge).
[2] Laufende Einnahmen zum Lebensunterhalt werden dem Kalenderjahr zugeordnet, für das sie gezahlt werden.
1.2.2 Einmalige Einnahmen zum Lebensunterhalt
[1] Einnahmen sind als einmalig zu bewerten, sofern sie einmalig oder in größeren Zeitabständen als monatlich gezahlt werden (z. B. einzelne Entgeltbestandteile, Jubiläumszuwendungen, Urlaubsgelder, Weihnachtsgratifikationen, Abfindungen aus Arbeitsverhältnissen, Renten, Versorgungsbezügen).
[2] Nachzahlungen von laufenden Einnahmen gelten als einmalige Einnahmen zum Lebensunterhalt (z. B. rückwirkende Erhöhung des Arbeitsentgelts, rückwirkende Rentenzubilligung).
[3] Einmalige Einnahmen zum Lebensunterhalt sind dem Kalenderjahr zuzuordnen, in dem sie ausgezahlt werden bzw. zufließen.
Beispiel 1 – Anrechnung einer einmaligen Rentennachzahlung
Rentenantrag am 20.6.2018. Rentenzuerkennung am 15.3.2019 mit Rentenbeginn am 1.6.2018, Rentennachzahlung für den Zeitraum 1.6.2018 bis 31.3.2019 in Höhe von 12.000 EUR am 15.3.2019.
Die Rentennachzahlung in Höhe von 12.000 EUR ist in voller Höhe als Einnahme für das Jahr 2019 anzusetzen.
2 Einnahmen zum Lebensunterhalt aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Tätigkeit
[1] Als Einnahmen zum Lebensunterhalt ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn gemäß § 4 EStG anzusetzen.
[2] Als Gewinn bezeichnet das EStG bei Bilanzpflichtigen den Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen (§ 4 Abs. 1 EStG). Steuerpflichtige, die nicht bilanzpflichtig sind, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen (§ 4 Abs. 3 EStG).
[3] Sonderausgaben und Freibeträge sowie sonstige vom Einkommen abzuziehende Beträge können bei der Ermittlung der Einnahmen zum Lebensunterhalt nicht in Abzug gebracht werden (siehe Abschnitt 16 "Sonderausgaben, Werbungskosten und Freibeträge").
[4] Bei Veräußerungsgewinnen aus dem (Teil-)Verkauf eines B...