[1] Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschriften über die Versicherungsfreiheit ergibt sich, dass diese für Studenten geschaffen worden sind, die neben ihrem Studium eine entgeltliche Beschäftigung ausüben, um sich durch ihre Arbeit die zur Durchführung des Studiums und zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts erforderlichen Mittel zu verdienen. Durch Urteile vom 31.10.1967, 3 RK 77/64 (USK 67110) und vom 16.7.1971, 3 RK 68/68 (USK 71137) hat das BSG entschieden, dass nicht jede neben dem Studium ausgeübte Beschäftigung Versicherungsfreiheit auslöst, sondern nur solche Studierenden versicherungsfrei sind, deren Zeit und Arbeitskraft überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen werden, die also von ihrem Erscheinungsbild her keine Arbeitnehmer, sondern Studenten sind. Die Beschäftigung ist demgemäß nur versicherungsfrei, wenn und solange sie "neben" dem Studium ausgeübt wird, ihm nach Zweck und Dauer untergeordnet ist, mithin das Studium die Hauptsache, die Beschäftigung die Nebensache ist.
[2] Die Frage, wann das Studium die Hauptsache und die Beschäftigung die Nebensache ist, hat in der Rechtsprechung des BSG zu einer Vielzahl von Entscheidungen geführt, in denen Kriterien zur versicherungsrechtlichen Abgrenzung aufgestellt worden sind. Diese Kriterien lassen sich wie folgt kategorisieren:
a) 20-Wochenstunden-Grenze
[1] Personen, die neben ihrem Studium nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich beschäftigt sind, gehören ihrem Erscheinungsbild nach grundsätzlich zu den Studenten und nicht zu den Arbeitnehmern. Die Höhe des Arbeitsentgelts ist dabei ohne Bedeutung (u.a.BSG, Urteile vom 26.6.1975, 3/12 RK 14/73, USK 7573, vom 10.9.1975, 3 RK 42/75, 3/12 RK 17/74, 3/12 RK 15/74, USK 7586, 7589, 7599 und vom 30.11.1978, 12 RK 45/77, USK 78183).
[2] Die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit ist allerdings dann kein allein entscheidungsrelevantes Kriterium für die versicherungsrechtliche Beurteilung, wenn sie im Einzelfall so liegt, dass sie sich den Erfordernissen des Studiums anpasst und unterordnet. Dementsprechend kann bei Beschäftigungen am Wochenende sowie in den Abend- und Nachtstunden Versicherungsfreiheit aufgrund des Werkstudentenprivilegs auch bei einer Wochenarbeitszeit von mehr als 20 Stunden in Betracht kommen, vorausgesetzt, dass Zeit und Arbeitskraft des Studenten überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen werden (BSG, Urteil vom 22.2.1980, 12 RK 34/79, USK 8053). Vom Erscheinungsbild eines Studenten ist jedoch nicht mehr auszugehen, wenn eine derartige Beschäftigung mit einer Wochenarbeitszeit von mehr als 20 Stunden ohne zeitliche Befristung ausgeübt wird oder auf einen Zeitraum von mehr als 26 Wochen befristet ist; in diesen Fällen tritt die Zugehörigkeit zum Kreis der Beschäftigten in den Vordergrund (siehe auch Buchstabe d).
Beispiel 1
Ein Student nimmt vom 1.4. an eine unbefristete Beschäftigung im Umfang von 25 Std./Woche auf, davon werden 7 Std. nur am Wochenende geleistet.
Versicherungsfreiheit aufgrund des Werkstudentenprivilegs besteht nicht, obwohl die wöchentliche Arbeitszeit von mehr als 20 Std. dem nicht entgegensteht, da sie sich mit Blick auf die Verteilung des Beschäftigungsumfangs den Erfordernissen des Studiums anpasst. Die Versicherungsfreiheit ist deshalb ausgeschlossen, weil bei Aufnahme der unbefristeten Beschäftigung absehbar ist, dass sie über einen Zeitraum von mehr als 26 Wochen im Umfang von mehr als 20 Std./Woche ausgeübt werden wird.
Es besteht daher Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.
[3] Wird eine Beschäftigung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden lediglich in der vorlesungsfreien Zeit (Semesterferien) auf mehr als 20 Stunden ausgeweitet, so bleibt auch für diese Zeit das studentische Erscheinungsbild erhalten, sodass grundsätzlich Versicherungsfreiheit aufgrund des Werkstudentenprivilegs anzunehmen ist (siehe auch Buchstabe b).
[4] Bei Studenten, die mehrere Beschäftigungen nebeneinander oder eine Beschäftigung neben einer selbstständigen Tätigkeit ausüben, sind zur Prüfung der Frage, ob die 20-Wochenstunden-Grenze erreicht oder überschritten wird, die wöchentlichen Arbeitszeiten der nebeneinander ausgeübten Beschäftigungen oder der Beschäftigung und der daneben ausgeübten selbstständigen Tätigkeit zusammenzurechnen. Ergibt die Zusammenrechnung, dass die wöchentliche Arbeitszeit insgesamt mehr als 20 Stunden beträgt, ist nicht mehr vom Erscheinungsbild eines ordentlichen Studenten auszugehen. Bei nebeneinander ausgeübten Beschäftigungen ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob eine Beschäftigung gegebenenfalls die Merkmale der Geringfügigkeit i.S.d. § 8 SGB IV bzw. § 8a SGB IV erfüllt und damit Versicherungsfreiheit in der Kranken- und Arbeitslosenversicherung nach § 7 Abs. 1 SGB V und § 27 Abs. 2 SGB III und somit auch keine Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung in Betracht kommt.
Beispiel 2
Ein Student übt seit dem 1.3. beim Arbeitgeber A eine unbefristete Beschäftigung im Umfan...