Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Bei grenzüberschreitenden Beförderungen im Personenluftverkehr kann die USt niedriger festgesetzt oder ganz oder teilweise erlassen werden. Die Finanzverwaltung regelt erstmalig für Umsätze, die nach dem 31.12.2018 ausgeführt werden, die Rahmenbedingungen für die Anwendung der Begünstigungsregelungen.
Die rechtliche Problematik
Grenzüberschreitende Personenbeförderungen im Luftverkehr stellen an den leistenden Unternehmer besondere Anforderungen, da erfahrungsgemäß diverse Länder davon berührt werden. Ohne Sonderregelungen müsste eine Fluggesellschaft für diese Leistungen anteilig für jede Flugbeförderungsleistung einen anteiligen Steuerbetrag an die überflogenen Länder zahlen, da Personenbeförderungen grds. dort ausgeführt sind, wo die Leistung bewirkt wird.
Personenbeförderungen unterliegen mit jedem zurückgelegten Kilometer dort der Besteuerung, wo die Beförderungsleistung tatsächlich ausgeführt wird. Anders als (drittlands-)grenzüberschreitende Güterbeförderungen unterliegen Personenbeförderungen auch keiner Steuerbefreiung.
Aufgrund dieser Problematik – die auch historisch mit erheblichen Erfassungsproblemen zu begründen ist – kann die Finanzverwaltung nach § 26 Abs. 3 UStG die USt für diese Leistungen niedriger festsetzen oder ganz oder teilweise erlassen. Soweit davon Luftfahrtunternehmen aus dem Ausland betroffen sind, ist dies davon abhängig zu machen, ob in dem Land aus dem der leistende Unternehmer stammt, einem deutschen Luftfahrtunternehmen ebenfalls keine USt berechnet würde oder diese erlassen würde (sog. "Gegenseitigkeitsverfahren").
Voraussetzung ist, dass der Unternehmer keine Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis für seine Leistungen ausstellt.
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Das BMF-Schreiben ändert und ergänzt Abschn. 26.2 und 26.5 UStAE.
Die Finanzverwaltung ergänzt die bisher schon im UStAE enthaltenen Regelungen für den Erlass der USt. Insbesondere werden Hinweise zu Aufzeichnungsvorschriften und zur verfahrenstechnischen Umsetzung gegeben.
Die Regelungen betreffen ausschließlich Personenbeförderungen im grenzüberschreitenden Luftverkehr. Die Finanzverwaltung stellt ausdrücklich klar, dass dies vor dem Hintergrund als Ausnahmeregelung eng auszulegen ist. Eine niedrigere Festsetzung oder der Erlass der USt kommt deshalb für Helikopterflüge vom deutschen Festland auf Offshore-Windparks außerhalb der 12-Seemeilen-Zone nicht in Betracht.
Breiten Raum nehmen die Ausführungen zu den Aufzeichnungsvorschriften in dem neu aufgenommen Abschn. 26.2 Abs. 5 UStAE ein:
- Inländische Unternehmer sind verpflichtet, die Entgelte für Beförderungen von Personen im grenzüberschreitenden Luftverkehr aufzuzeichnen, für die die USt nach § 26 Abs. 3 UStG erlassen oder niedriger festgesetzt werden kann. Diese Umsätze sind auch in den Voranmeldungen und Jahreserklärungen zu erfassen.
- Ausländische Unternehmer haben grds. dieselben Aufzeichnungs- und Erklärungspflichten. Aus Vereinfachungsgründen wird es jedoch im Einzelfall nicht beanstandet, wenn diese Entgelte von im Ausland ansässigen Luftverkehrsunternehmern, die im Inland ausschließlich grenzüberschreitende Personenbeförderungen im Luftverkehr erbringen, nicht gesondert aufgezeichnet werden, wenn sichergestellt ist, dass die Finanzverwaltung die Höhe der auf die inländischen Streckenanteile der Beförderungsleistung entfallenden Entgelte – ggf. im Schätzungswege – ermitteln kann.
- Die zuständige Finanzbehörde kann aus Vereinfachungsgründen auf Antrag des Luftverkehrsunternehmens diesem gestatten, von einer Angabe dieser Entgelte in der Umsatzsteuer-Voranmeldung im Hinblick auf die zu erwartende niedrigere Festsetzung bzw. den zu erwartenden Erlass der Umsatzsteuer abzusehen.
- Erst die Angabe der auf den inländischen Streckenanteil entfallenden Umsätze grenzüberschreitender Personenbeförderungen im Luftverkehr in der Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr ist dann als Antrag des Unternehmers nach § 26 Abs. 3 UStG zu werten, soweit sich aus weiteren Angaben des Unternehmers nichts anderes ergibt.
Die Zustimmung der zuständigen Finanzbehörde zu einer entsprechenden Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr steht einer niedrigeren Steuerfestsetzung gleich.
Die niedrigere Festsetzung der Steuer oder der Steuererlass kann nicht vor Entstehung der Steuer nach § 38 AO ausgesprochen werden. Die zuständige Finanzbehörde kann lediglich eine verbindliche Zusage erteilen, nach der bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen nach Steuerentstehung eine niedrigere Festsetzung der Steuer oder der Steuererlass ausgesprochen werden kann.
Die niedrigere Festsetzung der Steuer oder der Steuererlass kann nicht nur auf Antrag des Unternehmers, sondern auch von Amts wegen erfolgen. Die zuständige Finanzbehörde prüft in regelmäßigen Abständen von bis zu 3 Jahren, ob der betreffende Unternehmer die Voraussetzungen der niedrigeren Steuerfestsetzung oder des Steuererlasses grundsätzlich noch erfüllt.