Leitsatz
1. Die in den Veranlagungszeiträumen 2000 bis 2004 bei zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten zu berücksichtigenden Grundfreibeträge (§ 32a EStG) und Kinderfreibeträge (§ 32 Abs. 6 EStG) begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
2. Die Höhe der zumutbaren Belastung i.S. des § 33 Abs. 3 EStG ist stufenweise zu ermitteln (Anschluss an BFH-Urteil vom 19. Januar 2017, VI R 75/14, BFHE 256, 339, BStBl II 2017, 684).
Normenkette
§ 32 Abs. 6, § 32a, § 33 Abs. 3, § 33a Abs. 2, § 31, § 10 Abs. 3 EStG [2000-2004]
Sachverhalt
Der Kläger und seine Ehefrau haben vier volljährige Kinder. Sie wurden in den Jahren 2000 bis 2004 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt und bezogen teils für drei, teils für zwei Kinder Kindergeld. Ihr zu versteuerndes Einkommen lag jeweils zwischen etwa 50.000 EUR und 60.000 EUR. Die geltend gemachten Abzugsbeträge für Vorsorgeaufwendungen überschritten die gesetzlichen Höchstbeträge. In allen Streitjahren wurden Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG und Ausbildungsfreibeträge für auswärtig untergebrachte volljährige Kinder abgezogen.
Die vom Kläger eingelegten Einsprüche hatten keinen Erfolg. Das FG wies die Klage ab (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 4.12.2008, 3 K 28/06, EFG 2009, 485).
Entscheidung
Die Revision war in den wesentlichen Punkten unbegründet. Der BFH hob das FG-Urteil jedoch auf und verwies zurück, weil für die Stufenberechnung der zumutbaren Belastung maßgebliche Tatsachen nicht festgestellt waren.
Hinweis
1. Das Urteil ist eine beeindruckende Fleißarbeit: Nach kurzer Darlegung der verfassungsrechtlichen Kriterien für die Höhe der Grund- und Kinderfreibeträge, durch die der Gesetzgeber das Existenzminimum in angemessener, realitätsgerechter Höhe von der Einkommensteuer zu verschonen hat, werden Berechnungen des Existenzminimums anhand der als Bundestagsdrucksachen veröffentlichten Existenzminimumberichte sowie anderer Daten (insbesondere Wohngeldstatistik, Gesamtausgabe der Energiedaten des BMWi) für alle Streitjahre einzeln nachvollzogen. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen danach nicht.
2. Hinsichtlich der Vorsorgeaufwendungen verweist das Urteil auf den Beschluss des BVerfG vom 13.2.2008, 2 BvR 1220/04, 2 BvR 410/05 (BVerfGE 120, 125, BFH/NV Beilage 2008, 240). Danach sind bis einschließlich 2009 alle Fassungen des § 10 Abs. 3 EStG weiter anwendbar.
3. Die gestufte Berechnung der zumutbaren Belastung wird durch den III. Senat bestätigt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 27.7.2017 – III R 1/09