Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
4.1.1 (Wieder-)Einführung der Grundsteuer C (Baulandsteuer)
Die Regierungsparteien haben sich in dem Koalitionsvertrag vom 12.3.2018 u. a. zum Ziel gesetzt, durch eine Wohnraumoffensive Wohnungen und Eigenheime in einer Größenordnung von 1,5 Mio. Einheiten frei finanziert und im Wege öffentlicher Förderung zu bebauen. Nach Darlegung der Koalitionspartner ist es in diesem Zusammenhang geboten, Hemmnisse wie beispielsweise die Zurückhaltung von baureifen Grundstücken auszuräumen. Danach soll den Städten und Gemeinden durch die Einführung einer Grundsteuer C die Möglichkeit eröffnet werden, die Verfügbarkeit von Grundstücken für Wohnzwecke bzw. die Verfügbarmachung von bebauten Grundstücken für Wohnbauzwecke zu verbessern.
Die im aktuellen Koalitionsvertrag thematisierte Grundsteuer C hatte in den 1960er Jahren bereits eine Vorgängerregelung. Bei der sog. Baulandsteuer, die auch als Grundsteuer C in die Debatte eingegangen war, handelte es sich um eine besondere Ausformung der Grundsteuer, die in der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1961 und 1962 erhoben worden war.
4.1.2 Baulandmobilisierung mittels Grundsteuer C
Insbesondere in Ballungsgebieten besteht ein erheblicher Wohnungsmangel. Die damit verbundene Wertentwicklung von Grundstücken wird vermehrt dazu genutzt, baureife Grundstücke als Spekulationsobjekte zu halten. Diese Grundstücke werden nur aufgekauft, um eine Wertsteigerung abzuwarten und die Grundstücke anschließend gewinnbringend wieder zu veräußern. Einer sachgerechten und sinnvollen Nutzung werden diese Grundstücke nicht zugeführt. Trotz des damit vorhandenen Baulands wird der erforderliche Wohnungsbau ausgebremst.
Bisher konnten die Gemeinden bei der Grundsteuer zwei verschiedene Hebesätze festlegen, die einheitlich für die in der Gemeinde befindlichen Betriebe der Land- und Forstwirtschaft einerseits und für die Grundstücke andererseits sein mussten.
Durch die Einführung einer Grundsteuer C wird es den Gemeinden ermöglicht, einen besonderen Hebesatz für baureife Grundstücke festzulegen. Um eine baldige bauliche Nutzung derjenigen Grundstücke zu erreichen, die nach den rechtlichen Voraussetzungen und den tatsächlichen Gegebenheiten sofort bebaut werden können, ist die Erhebung der Grundsteuer mittels eines besonderen Hebesatzes beschränkt auf die besondere Grundstücksgruppe der sog. "baureifen Grundstücke". Als solche gelten nur unbebaute Grundstücke, die der Grundsteuerpflicht unterliegen und innerhalb oder außerhalb eines Plangebiets trotz ihrer Baureife nicht baulich genutzt werden. Dabei bleiben Hinderungsgründe zivilrechtlicher Art, die einer möglichen sofortigen Bebauung entgegenstehen, bei der Beurteilung der Baureife eines Grundstücks außer Betracht.
Die jeweils örtlich zuständige Gemeinde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen darüber, ob eine besondere Nachfrage nach Bauland besteht und welche steuerliche Belastung im Rahmen der verfassungsmäßigen Vorgaben den betroffenen Grundstückseigentümern auferlegt werden soll. Dadurch ist die gesonderte Grundsteuerbelastung gebietsmäßig beschränkt, auf den angestrebten Lenkungszweck zielgenau ausgerichtet und stärkt zugleich die kommunale Finanzausstattung.
Nachdem die Grundsteuerhebesätze regelmäßig von den Gemeinden jährlich überprüft werden und der besondere Hebesatz für "baureife Grundstücke" nach den vorgesehenen Regelungen vom allgemeinen Hebesatz für Grundstücke abweichen darf, kann die Besteuerung flexibel an die jeweilige Marktlage und die örtlichen Verhältnisse angepasst werden. Gleichzeitig setzt die zusätzliche Besteuerung der Grundstücksgruppe „baureifer Grundstücke“ nicht das Verhältnis von Angebot und Nachfrage außer Kraft, so dass dessen volkswirtschaftliche Funktion erhalten bleibt.