Leitsatz

1. Der Vertrag zwischen einer Gesellschaft und ihrem Gesellschafter, mit dem ein Anspruch des Gesellschafters auf Übereignung eines Grundstücks begründet wird, unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer.

2. Die Bemessungsgrundlage richtet sich nach dem Wert der Gegenleistung und nicht nach dem Grundbesitzwert, wenn der Erwerb des Gesellschafters nicht zu Rechtsänderungen der Gesellschafterstellung führt.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 6, § 7, § 8 Abs. 1 GrEStG

 

Sachverhalt

Die Kläger wollten eine Eigentumswohnung erwerben und hatten sich zu diesem Zweck an eine Bauherrengemeinschaft gewandt.

Zur Ermöglichung des Erwerbs wurde zunächst die C-GbR mit den Initiatoren der Bauherrengemeinschaft gegründet. Nach Durchführung von Planung und Bauvorbereitungsarbeiten erwarb die C-GbR im Oktober 2008 das zu bebauende Grundstück. Mittlerweile waren auch die Kläger der C-GbR beigetreten.

Im Dezember 2008 gründete die C-GbR eine weitere Gesellschaft, nämlich die W-GbR. Die W-GbR sollte den Zweck verfolgen, das Mehrfamilienhaus zu bauen. Bauaufträge waren noch nicht erteilt worden.

Im Februar 2009 vereinbarten die Gesellschafter der W-GbR einen Miteigentumsübertragungs- und Teilungsvertrag. Auch den Klägern wurde eine bestimmte Wohnung zugewiesen und zum Zweck der Teilung und Bildung von Wohnungseigentum ein Miteigentumsanteil übertragen. Die Gesellschafter vereinbarten schließlich einen Teilungsvertrag i.S.d. § 3 WEG zur Einräumung von Sondereigentum an der Wohnung.

Mit Bescheid vom Mai 2009 setzte das FA gegenüber den Klägern Grunderwerbsteuer fest. Eine Steuerbefreiung gemäß § 6 oder § 7 GrEStG wurde nicht gewährt, da die Kläger den Anteil an der Gesellschaft innerhalb von 5 Jahren vor der Auseinandersetzung der GbR und der Zuordnung der Wohnung – und damit zu kurzfristig – erworben hatten. Der Vorgang sei zudem als einheitliches Vertragswerk zu besteuern, da die Projektanbieter aufgrund einer annähernd zur Baureife gediehenen Vorplanung eine bestimmte Wohnung auf einem bestimmten Grundstück zu einem wesentlichen feststehenden Preis angeboten hätten.

Nach Durchführung des Vorverfahrens gab die Vorinstanz (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.2.2015, 15 K 4223/10, Haufe-Index 7701217, EFG 2015, 943) der Klage insoweit statt, als die Bemessungsgrundlage ohne die Kosten für das noch zu errichtende Gebäude anzusetzen seien. Gesellschaftsrechtliche Privilegien seien nicht zu gewähren.

 

Entscheidung

Der BFH hat das FG-Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Der Erwerb des jeweiligen Miteigentumsanteils an dem unbebauten Grundstück ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG grunderwerbsteuerbar. Der Erwerb der Miteigentumsanteile ist nicht nach § 6 Abs. 1 GewStG von der Steuer befreit, da die Frist des § 6 Abs. 4 GrEStG nicht eingehalten worden ist. Ebenso kommt eine Privilegierung nach § 7 GewStG nicht in Betracht. Die Vorschrift betrifft Umwandlungen von gemeinschaftlichem Eigentum mehrere Miteigentümer oder einer Gesamthand in Flächeneigentum. Nicht erfasst wird der Erwerb von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück.

Die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ist gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG nach dem Wert der Gegenleistung zu bestimmen. Eine Bemessung nach § 8 Abs. 2 GrEStG kommt nicht in Betracht. Eine gesellschaftsvertragliche Grundlage zwischen Gesellschaft und Gesellschafter liegt nur vor, wenn die Gesellschafterstellung in rechtlicher Hinsicht berührt oder verändert wird. Daran fehlt es hier.

Als Gegenleistung gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Kaufpreis. Entscheidend für die Höhe dieses Preises ist, in welchen tatsächlichen Zustand das Grundstück zum Gegenstand des Erwerbs gemacht worden ist. Ein sachlicher Zusammenhang zwischen Kaufvertrag und Bauerrichtungsverträgen ist gegeben, wenn der Erwerber im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags in seiner Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der Baumaßnahme gegenüber der Veräußererseite nicht mehr frei ist. Weitere Voraussetzung ist allerdings, dass die auf der Veräußererseite tätigen Personen zur Veränderung des körperlichen Zustands des Grundstücks verpflichtet sind. Nach diesen Kriterien erstreckt sich der Erwerb im Streitfall nicht auf das später errichtete Gebäude. Die Kläger waren vielmehr frei, das ursprünglich geplante Bauvorhaben durchzuführen oder auch abzubrechen.

Gleichwohl ist die Vorentscheidung aufzuheben. Denn das FG hat zur Höhe der Gegenleistung für die von den Klägern erworbenen Miteigentumsanteile an dem unbebauten Grundstück keine Feststellungen getroffen.

 

Hinweis

1. Der Besprechungsfall handelt von einem Modell zum Erwerb einer Eigentumswohnung. Wenn Wohnungen wie im Entscheidungsfall noch errichtet werden sollen, wird in der Praxis häufig der Weg über die Gründung einer Personengesellschaftgewählt. Dies hat möglicherweise praktische Vorteile.

In steuerlicher Hinsicht ist zu prüfen, ob bei der späteren Übertragung der einzelnen Objekte auf die Gesellschafter die Vergünstigunge...

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