Leitsatz
Überträgt ein Elternteil ein Grundstück schenkweise auf ein Kind und schenkt das bedachte Kind unmittelbar im Anschluss an die ausgeführte Schenkung einen Miteigentumsanteil an dem Grundstück an seinen Ehegatten weiter, ohne dem Elternteil gegenüber zur Weiterschenkung verpflichtet zu sein, liegt schenkungsteuerrechtlich keine Zuwendung des Elternteils an das Schwiegerkind vor.
Normenkette
§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, § 42 AO
Sachverhalt
Die Klägerin ist Ehefrau des K und lebt mit diesem im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. K erhielt von seiner Mutter (M) mit Vertrag vom 10.11.2006 Wohnungseigentum. Als Gegenleistungen wurden zugunsten der M ein Wohnungsrecht bestellt sowie Ansprüche auf Wartung und Pflege sowie auf ein standesgemäßes Begräbnis eingeräumt. Die Überlassung des Grundbesitzes sollte unentgeltlich erfolgen, soweit die Gegenleistungen den Wert der Zuwendung nicht erreichen sollten. Mit notarieller Urkunde ebenfalls vom 10.11.2006 übertrug K die Hälfte des ihm überlassenen Grundbesitzes auf die Klägerin, die ihrerseits in alle dinglich gesicherten Verpflichtungen gegenüber der M eintrat. Das FA ging davon aus, dass M den Grundbesitz je zur Hälfte dem K und der Klägerin freigebig zugewendet habe, und setzte gegen die Klägerin Schenkungsteuer fest. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das FG meinte, K sei als Zwischenerwerber in Höhe des sogleich weitergeschenkten hälftigen Anteils nicht bereichert gewesen (FG München, Urteil vom 25.5.2011, 4 K 960/08, Haufe-Index 2719671, EFG 2011, 1733).
Entscheidung
Der BFH hat die Vorentscheidung und den Schenkungsteuerbescheid aufgehoben. Im Streitfall habe für K unter Berücksichtigung aller Umstände keine Weitergabeverpflichtung bestanden.
Hinweis
Das Thema der sog. Kettenschenkung ist aufgeworfen, wenn Eltern auf ihr Kind Vermögen übertragen und das Kind sodann unverzüglich den hälftigen Anteil auf seinen Ehegatten (Schwiegerkind) weiter überträgt. Steuerklasse, Freibetrag und Steuersatz hängen jeweils davon ab, wer Zuwendender und wer Bedachter ist. Zu entscheiden ist also, ob die Zuwendung an das Schwiegerkind eine solche seitens ihres Ehegatten (mit dem daraus folgenden höheren Freibetrag) oder aber eine von ihren Schwiegereltern ist.
1. Für die Abgrenzung kommt es im Grundsatz darauf an, ob die weitergebende Person eine eigene Entscheidungsbefugnis bezüglich der Verwendung des geschenkten Gegenstands hat.
Leitet der Bedachte dieses Geschenk aufgrund einer bestehenden Verpflichtung an einen Dritten weiter, liegt schenkungsteuerrechtlich nur eine Zuwendung aus dem Vermögen des Zuwendenden an den Dritten (nicht aber eine Schenkung des Bedachten an den Dritten) vor.
Wendet der Bedachte den ihm zugewendeten Gegenstand ohne entsprechende Verpflichtung freigebig einem Dritten zu, liegen zwei Schenkungen (des Zuwendenden an den Bedachten und ferner eine des Bedachten an den Dritten) vor.
2. Die Anwendung dieser "Abgrenzungsformel" in der Praxis bereitet schon wegen der Vielgestaltigkeit möglicher Fallgestaltungen gewisse Probleme. Maßgebend sind die objektiven Gegebenheiten. Für eine Weitergabeverpflichtung reicht es jedenfalls nicht aus, wenn der Zuwendende von der unmittelbaren Weiterleitung des Geschenks an den Dritten weiß oder damit einverstanden ist. Auch die kurze Verweildauer des Geschenks beim Bedachten reicht für sich allein nicht für die Annahme einer Weitergabeverpflichtung.
Hingegen ist von einer Weitergabeverpflichtung auszugehen, wenn sie bereits im Schenkungsvertrag vereinbart ist. Für eine Weitergabeverpflichtung kann auch die Vereinbarung von Schenkung und Weiterschenkung in einer Urkunde sprechen.
3. Darüber hinaus gelten gewisse Besonderheiten, wenn Eltern ein Grundstück schenkweise auf ein Kind übertragen und dieses unmittelbar daran anschließend einen Miteigentumsanteil am Grundstück an seinen Ehegatten weiterschenkt. In solchen Fällen kann bei fehlender Weiterschenkungsverpflichtung grundsätzlich nicht von einer Zuwendung der Eltern an das Schwiegerkind ausgegangen werden. Für eine Zuwendung allein an das eigene Kind spricht regelmäßig die Interessenlage der Eltern, zumal das einem im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebenden Kind zugewendete Vermögen nicht der Ausgleichspflicht unterliegt. Wenn Eltern erreichen wollen, dass ihr Kind auch im Fall der Ehescheidung von der Schenkung profitiert, müssen sie ihr Kind direkt beschenken. Von einem Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) kann insoweit nicht ausgegangen werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.7.2013 – II R 37/11