Leitsatz
1. Die für eine Geschäftsveräußerung oder für eine Teilgeschäftsveräußerung in Bezug auf ein Vermietungsunternehmen erforderliche Nachhaltigkeit der Vermietung liegt bei einer Vermietung über insgesamt 17 Monate vor.
2. Die für die Geschäftsveräußerung notwendige Fortführung der Unternehmenstätigkeit muss bei einer mehrfachen Übertragung nur dem Grunde nach, nicht aber auch höchstpersönlich beim jeweiligen Erwerber vorliegen.
Normenkette
§ 1 Abs. 1a UStG, Art. 19 EG-RL 112/2006
Sachverhalt
Gesellschafter der Klägerin, einer GbR, waren zwei GmbHs. Diese erwarben im Dezember 2004 als Miteigentümer ein Grundstück, ohne es in das Gesamthandvermögen einzulegen. Die GbR beabsichtigte, das Grundstück zu bebauen und zu vermieten. Den Mietvertrag schloss die Klägerin im Januar 2005 und den Bauvertrag im Juli 2005 ab. Die aufgrund einer Option umsatzsteuerpflichtige Vermietung begann nach Fertigstellung im November 2005. Die im Juli 2005 mit einer Bank abgeschlossene Finanzierungsvereinbarung hatte eine Laufzeit bis Juni 2006. Das Grundstück diente als Sicherheit. Die Gesellschafter der Klägerin bemühten sich seit März 2006 um einen Verkauf des Grundstücks. Im September 2006 schlossen sie einen notariellen Kaufvertrag mit einem zum April 2007 vereinbarten Lastenwechsel. Die Gesellschafter handelten dabei im eigenen Namen ohne Bezugnahme auf die Klägerin. Der Erwerber setzte das Mietverhältnis fort. Mit dem Kaufpreis wurde das von der Klägerin aufgenommene Darlehen getilgt. Das Finanzamt sah die Grundstückslieferung als steuerfrei an und nahm eine Berichtigung nach § 15a UStG auf den bei der Gebäudeerrichtung in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug vor. Das Finanzgericht wies die Klage ab (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.11.2014, 7 K 7283/12, Haufe-Index 7553414, EFG 2015, 334).
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil des Finanzgerichts auf und gab der Klage statt, da eine Geschäftsveräußerung vorliege. Es handele sich weder um einen Verkauf während der Bebauungsphase noch um den Verkauf eines erst noch zu bebauenden Grundstücks. Die für eine Geschäftsveräußerung oder für eine Teilgeschäftsveräußerung erforderliche Nachhaltigkeit der Vermietung liege bei einer Vermietung über insgesamt 17 Monate vor.
Hinweis
1. Die nicht steuerbare Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG) steht bei der Grundstückslieferung der Annahme einer Vorsteuerberichtigung entgegen, da der Erwerber den Berichtigungszeitraum fortzuführen hat (§ 15a Abs. 10 UStG).
2. Ob eine Geschäftsveräußerung vorliegt, wenn eine Gesellschaft ein Grundstück bebaut und vermietet, das im Eigentum ihrer Gesellschafter steht, und dann als vermietetes Grundstück von den Gesellschaftern an einen Erwerber veräußert wird, der das Mietverhältnis fortführt, kann unklar sein.
3. Fraglich ist dabei bereits, wann es zu einer Lieferung kommt.
a) Bei einer derartigen Fallgestaltung erlangen die Gesellschafter zivilrechtlich bereits mit der Gebäudeerrichtung auf ihrem Grundstück das Eigentum an dem Gebäude (§§ 94, 946 BGB). Dies gilt zumindest dann, wenn die Gesellschaft die Bebauung vornimmt, ohne über ein eigenes Nutzungsrecht an dem Grundstück zu verfügen.
b) Das zivilrechtliche Eigentum führt allerdings noch nicht zu einer Lieferung des Gebäudes an die Gesellschafter. Vielmehr verbleibt die Verfügungsmacht an dem Gebäude solange bei der Gesellschaft, als diese das Gebäude durch Vermietung nutzt und dementsprechend auch die Gefahr für das Gebäude trägt.
c) Zu einer Lieferung des Gebäudes kommt es somit erst durch die Veräußerung des bebauten Grundstücks durch die Gesellschafter an den Erwerber. Hierdurch verliert die Gesellschaft ihre Verfügungsmacht. Dabei kann es sich um eine entgeltliche Lieferung oder um eine Entnahme (§ 3 Abs. 1b UStG) handeln.
4. Die Lieferung kann zu einer Geschäftsveräußerung führen.
a) Besitzt der Grundstücklieferer mehrere vermietete Grundstücke, ist die Frage der Geschäftsveräußerung grundsätzlich für jedes Grundstück gesondert zu prüfen, da jede Lieferung eines vermieteten Grundstücks als eigenständige Teilgeschäftsveräußerung anzusehen sein kann (vgl. auch Abschn. 1.5. Abs. 6 UStAE).
b) Wird ein vermietetes Grundstück geliefert, liegt eine Geschäftsveräußerung nur dann vor, wenn bereits beim Lieferer eine nachhaltige Vermietungstätigkeit vorlag.
Daher hat der BFH die Geschäftsveräußerung für unternehmerische Tätigkeiten verneint, die im Wesentlichen darin bestehen, ein Gebäude zu errichten und Mieter für die einzelnen Mieteinheiten zu finden, um es im Anschluss an die Fertigstellung gewinnbringend zu veräußern, wenn z.B. ein auf Veräußerung angelegtes Bauträgerunternehmen das zu bebauende Grundstück noch während der Bauphase mit notariellem Vertrag verkauft, sich gegenüber dem Erwerber zur Gebäudeerrichtung und -vermietung verpflichtet und bis zur Übergabe an den Erwerber nur für einen Monat als Vermieter tätig ist (BFH, Urteil vom 24.2.2005, V R 45/02, BFH/NV 2005, 1467, BStBl II 2007, 61) oder wenn sich der Grundstücksverkäufer im notariellen Kaufvertr...