OFD Karlsruhe, Verfügung v. 5.4.2011, S 7198 - Karte 2
Beim Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung bei Grundstücksvermietungen sind folgende Grundsätze zu berücksichtigen:
1. Vermietung an einen Unternehmer
Die Vermietung von Grundstücken ist nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG von der Umsatzsteuer befreit. Der Vermieter kann aber nach § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerbefreiung verzichten, wenn der Mieter ein Unternehmer ist und die Vermietung für dessen Unternehmen erfolgt. Von der Steuerbefreiung ist die Vermietung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), ausgenommen (§ 4 Nr. 12 Satz 2 UStG).
Bei der Überlassung von Sportanlagen liegt grundsätzlich eine einheitliche steuerpflichtige Leistung vor (Abschn. 4.12.11 Abs. 1 UStAE).
2. Nutzung zu unternehmerischen und unternehmensfremden Zwecken
Wird das Grundstück oder der Grundstücksteil vom Mieter nicht nur für unternehmerische, sondern auch für unternehmensfremde Zwecke genutzt, so liegt ein optionsfähiger Umsatz nur insoweit vor, als die Vermietungsleistung für den unternehmerischen Bereich des Mieters bestimmt ist (Abschn. 9.1 Abs. 5 UStAE). Dies gilt auch dann, wenn für die unternehmerische und die unternehmensfremde Nutzung ein einheitliches Entgelt vereinbart ist (vgl. BFH-Urteil vom 20.7.1988, BStBl 1988 II S. 915).
Die Aufteilung der Vermietungsleistung in einen nicht optionsfähigen steuerfreien Teil und in einen Teil, bei dem ein Verzicht auf die Steuerfreiheit möglich ist, kann auf der Grundlage der jeweils zu unterschiedlichen Zwecken überlassenen Räume im Wege einer sachgerechten Schätzung erfolgen (z.B. anhand des Nutzflächenverhältnisses).
Beispiel 1
Ein Vermieter überlässt einem Rechtsanwalt eine zum Teil für Praxis- und zum Teil für Wohnzwecke genutzte Wohnung und erhält aufgrund des Mietvertrages ein Pauschalentgelt. Der auf den für die Rechtsanwaltspraxis genutzten Raum entfallende Entgeltsanteil ist nicht getrennt ausgewiesen.
Eine Option nach § 9 Abs. 1 UStG kann nur für den Raum, der für die Rechtsanwaltspraxis genutzt wird, erfolgen. Der hierauf entfallende Mietanteil ist grundsätzlich nach dem Nutzflächenverhältnis zu schätzen.
Außer der räumlichen Trennung kann auch eine Aufteilung entsprechend der zeitlich aufeinanderfolgenden Nutzung zu unternehmerischen und unternehmensfremden Zwecken des Mieters durchzuführen sein. Dabei ist unerheblich, ob ein Jahres- oder Monatsmietvertrag abgeschlossen ist oder ob stundenweise vermietet wird.
Beispiel 2
Eine Gemeinde vermietet einen Gemeinschaftsraum an einen Verein gegen ein Jahrespauschalentgelt von 1.000 EUR jeweils montags von 18.00 bis 21.00 Uhr. Der Verein nutzt den Raum von 18.00 bis 19.00 Uhr für den ideellen Bereich, und von 19.00 bis 21.00 Uhr für den unternehmerischen Bereich. Eine gleichzeitige Nutzung liegt nicht vor.
Da der Raum zeitanteilig wöchentlich eine Stunde im ideellen Vereinsbereich und zwei Stunden im unternehmerischen Bereich des Vereins genutzt wird, ist ein Verzicht auf die Steuerbefreiung für 2/3 der Gesamtvermietungsleistung zulässig.
Beispiel 3
Ein Unternehmer hat das Erdgeschoss eines Gebäudes steuerpflichtig an eine Gemeinde vermietet. Die Gemeinde nutzt die Räume unternehmerisch im Rahmen eines steuerpflichtigen Betriebs gewerblicher Art. Ab 1.7 werden die Räume für hoheitliche Zwecke der Gemeindeverwaltung genutzt.
Die Optionsmöglichkeit nach § 9 Abs. 1 UStG ist entsprechend der zeitlich unterschiedlichen Verwendung der Mieträume für die Zeit bis 30.6 und für die Zeit ab 1.7 gesondert zu beurteilen. Danach kann der Unternehmer für das 1. Halbjahr nach § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerbefreiung verzichten, da die Räume an einen Unternehmer für unternehmerische Zwecke vermietet werden. Im 2. Halbjahr ist eine Option nach § 9 Abs. 1 UStG ausgeschlossen, da die Vermietung nicht (mehr) für unternehmerische Zwecke des Mieters erfolgt.
Für die Aufteilung sind die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse maßgebend. Der auf die steuerpflichtige Überlassung der Betriebsvorrichtungen entfallende Entgeltsanteil ist steuerpflichtig.
3. Einschränkung der Optionsmöglichkeit nach § 9 Abs. 2 UStG
Nach § 9 Abs. 2 UStG ist der Verzicht auf die Steuerbefreiung bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Zur Anwendung vgl. § 27 Abs. 2 UStG.
Bei räumlich oder zeitlich unterschiedlicher Nutzung von Grundstücksteilen ist die Frage der Option für jeden selbständig nutzbaren Grundstücksteil gesondert zu beurteilen (Abschn. 9.2 Abs. 1 Satz 4 UStAE) Nach Abschn. 9.2 Abs. 3 Beispiel 1 und 2 UStAE gilt dies jedoch nicht bei zeitlich unterschiedlicher Nutzung durch den selben Mieter.
Beispiel 4
V vermietet das Erdgeschoss eines Gebäudes an den Schönheitschirurgen S. S nutzt das Erdgeschoss räumlich nicht abgrenzbar sowohl für steuerpflichtige, als auch für nach § 4 Nr. 14 Buchst. ...