OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung v. 2.1.2014, G 1425 - 2012/0018 - St 162
Revisionsverfahren von grundsätzlicher Bedeutung
Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, können an Stelle der Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG (= 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes) die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrages, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt, beantragen, § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Zweck der sog. erweiterten Kürzung ist es, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes der kraft ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtigen Gesellschaften aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben, von der Gewerbesteuer freizustellen (vgl. BFH vom 18.4.2000, BStBl 2001 II S. 359). Eine Betätigung, die nicht zu den in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannten unschädlichen Nebentätigkeiten zählt, schließt die erweiterte Kürzung aus.
Das Halten einer Kommanditbeteiligung durch ein grundstücksverwaltendes Unternehmen an einer gewerblich geprägten, ebenfalls grundstücksverwaltenden Personengesellschaft verstößt nach wiederholter Entscheidung des I. Senates des Bundesfinanzhofs (z.B. Urteil vom 22.1.1992, I R 61/90; Urteil vom 18.4.2000, VIII R 68/98) gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, da es zum einen an der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes fehle und zum anderen das Halten der Beteiligung deswegen kürzungsschädlich sei, weil es sich hierbei um eine Tätigkeit handele, die nicht zum Katalog der prinzipiell unschädlichen Tätigkeiten in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gehöre.
Darüber hinaus hat der I. Senat des Bundesfinanzhof mit Urteil vom 19.10.2010, I R 67/09 entschieden, dass es sich nicht anders verhalte, wenn die Beteiligungsgesellschaft keine im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägte Gesellschaft, sondern eine rein vermögensverwaltend tätige Immobilien-Kommanditgesellschaft sei. Begründet wird diese Rechtsauffassung u.a. damit, dass die Tätigkeit (das Halten der Kommanditbeteiligung) nicht im Katalog der steuerlich unschädlichen Nebentätigkeiten von Grundstücksunternehmen aufgeführt sei. Im entschiedenen Fall handelte es sich bei der Immobilien-Kommanditgesellschaft um eine Zebragesellschaft, aus der die beteiligte Grundstücks-GmbH kürzungsschädliche gewerbliche Einkünfte, aber nicht – wie die KG – solche aus Vermietung und Verpachtung erzielte. Der von der Untergesellschaft verwaltete und genutzte Immobilienbestand könne nicht als ausschließlich eigener Grundbesitz der Obergesellschaft zugerechnet werden. Daran ändere auch § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO nichts. Bei Vermögensgegenständen, die sich im Gesamthandvermögen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft befänden, handele es sich zwar einkommensteuerlich um Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens des gewerblich tätigen Gesellschafters, maßgebend sei jedoch die zivilrechtliche Betrachtung. Der BFH weist ausdrücklich darauf hin, dass bei der Auslegung des Begriffs „eigener Grundbesitz” i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht an die steuerliche Zuordnung der Wirtschaftsgüter, sondern ausschließlich an das bürgerlich-rechtliche Eigentum angeknüpft werden müsse, nach dem es sich bei dem mittelbar gehaltenen Grundbesitz um Grundbesitz der Kommanditgesellschaft und somit auf Ebene des Gesellschafters teilweise um fremden Grundbesitz handele (nämlich den des jeweils anderen Gesellschafters).
Dieses Urteil wurde im Bundessteuerblatt II (BStBl 2011 II S. 367) veröffentlicht und ist daher auch über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden.
Entsprechend hat das Hessische Finanzgericht mit Urteil vom 7.5.2012, 8 K 2580/11 entschieden, dass eine Erbengemeinschaft insoweit vergleichbar mit einer KG sei, als auch sie kraft Gesetz Gesamthandseigentum bilde. Die Klägerin war in diesem entschiedenen Fall eine GmbH & Co KG, deren alleinige Kommanditistin ihren Anteil an einer Erbengemeinschaft – zwei Grundstücke – in die Gesellschaft eingebracht hat. Strittig war, ob die KG hinsichtlich ihres Miteigentumsanteils der Kommanditistin am Grundbesitz der Erbengemeinschaft die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen in Anspruch nehmen kann. Das FG Hessen verneinte dies unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 19.10.2010, I R 67/09.
Die hiergegen gerichtete Revision wird beim BFH unter dem Aktenzeichen IV R 24/12 geführt. In vergleichbaren Fällen anhängige Einspruchsverfahren ruhen nach § 363 Abs. 2 Nr. 2 AO kraft Gesetzes.
Besprechung zu dieser Verwaltungsanweisung
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 1 Satz 2