Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Ein Gutglaubensschutz in die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung hochwertiger Fahrzeuge kann nur dann gegeben sein, wenn der Buch- und Belegnachweis ordnungsgemäß geführt wurde.
Sachverhalt
Die Klägerin handelte mit hochwertigen Fahrzeugen. Teilweise wurden diese Lieferungen als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen nach §§ 4 Nr. 1 Buchst. b und 6a Abs. 1 UStG behandelt. Aufgrund von Erkenntnissen der Finanzverwaltung, dass die Fahrzeuge nicht in einen anderen Mitgliedstaat gelangt sind bzw. an sog. "missing trader" geliefert worden seien und wegen Mängeln bei dem Belegnachweis, wurde die Steuerfreiheit versagt.
Regelmäßig lagen für die Lieferungen Rechnungen vor, in denen auf die Steuerfreiheit nicht hingewiesen wurde. Allerdings wurden diese Rechnungen später um den fehlenden Hinweis auf die Steuerfreiheit ergänzt. Weiterhin waren Abholbestätigungen der Käufer bzw. CMR-Frachtbriefe sowie Bestätigungen des Bundeszentralamts für Steuern über die USt-IdNr. des jeweiligen Käufers vorgelegt worden. Allerdings wiesen die Verbringensnachweise Unstimmigkeiten auf. Insgesamt wurde die Steuerfreiheit von 5 hochwertigen Fahrzeugen verwehrt. Dagegen richtete sich die Klage.
Entscheidung
Die Klage wurde überwiegend als begründet angesehen (für 4 Fahrzeuge), lediglich bei 1 Fahrzeug lagen die Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nicht vor.
Das Gericht stellt in seinem Urteil umfassend die Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung sowie den Buch- und Belegnachweis dafür nach § 17a ff. UStDV dar. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass an die Nachweisobliegenheiten des Steuerpflichtigen besonders dann hohe Anforderungen zu stellen sind, wenn umfangreiche Leistungen oder hochwertige Gegenstände in bar abgewickelt werden (BFH, Urteil v. 15.7.2004, V R 1/04, BFH/NV 2005 S. 81).
Eine Lieferung ist nach § 6a Abs. 4 UStG auch dann als steuerfrei anzusehen, wenn zwar die Tatbestandsvoraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, der Unternehmer die Lieferung aber als steuerfrei behandelt hat, die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. Allerdings stellt sich die Frage des Vertrauensschutzes erst, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten gem. §§ 17a ff. UStDV vollständig nachgekommen ist.
Bei 4 Fahrzeugen kam das Gericht zu der Erkenntnis, dass die Klägerin die notwendigen Nachweise erbracht bzw. den mangelhaften Belegnachweis (Rechnung mit Hinweis auf die Steuerfreiheit) bis spätestens zur mündlichen Verhandlung vor dem FG korrigiert hatte. Das Gericht ging auch davon aus, dass der Buchnachweis rechtzeitig geführt wurde.
Lediglich bei 1 Fahrzeug kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Buch- und Belegnachweis für die innergemeinschaftliche Lieferung nicht ordnungsgemäß geführt wurde, da Zweifel über den tatsächlichen Bestimmungsort vorlagen. Während in der Vollmacht des Käufers für die von ihr beauftragte Spedition diese ermächtigt wurde, das gelieferte Fahrzeug nach "Rom/Italien" zu überführen, ist in dem CMR-Frachtbrief als Auslieferungsort "Treviso (I)" genannt. Zudem ist in dem Frachtbrief der Käufer als Empfänger benannt und nicht z. B. ein Dritter, an den dieser das Fahrzeug weiterverkauft und der seinen Sitz in Treviso hat. Weshalb der Käufer mit seinem Unternehmenssitz in Rom aber auch im davon 560 km entfernten Treviso Empfänger des Fahrzeugs sein soll, ist nicht erkennbar. Dass die Vollmacht erst eine Woche, nachdem die Spedition das Fahrzeug bei der Klägerin abgeholt hat, ausgestellt wurde, ist ein weiterer offensichtlicher Widerspruch. Wäre die Vollmacht vor der Lieferung ausgestellt worden, hätte der abweichende Bestimmungsort auf dem CMR-Frachtbrief zumindest mit einer kurzfristigen Änderung z. B. wegen eines Weiterverkaufs des Fahrzeugs erklärt werden können.
Hinweis
Ein fast schon klassisch anzusehender Streit über die Steuerfreiheit von innergemeinschaftlichen Lieferungen bei der Lieferung von Fahrzeugen. Immer wieder kommt es hier zum Streit, ob die Voraussetzungen für die innergemeinschaftliche Lieferung vorliegen und auch nachgewiesen werden können. Dabei kommt dem Buch- und Belegnachweis - obwohl nicht materielle Voraussetzung für die Befreiung - eine entscheidende Bedeutung zu, da nur bei zutreffendem Buch- und Belegnachweis für den liefernden Unternehmer ein Vertrauensschutz gegeben sein kann.
Zu beachten ist dabei, dass nach der Rechtsprechung des BFH der Belegnachweis bis zur mündlichen Verhandlung vor dem FG noch nachgebessert werden kann, der Buchnachweis aber bis zur Abgabe der jeweiligen Voranmeldung geführt werden muss.
Ab dem 1.10.2013 gelten allerdings durch die Neufassung der UStDV andere Voraussetzungen für die Nachweise, insbesondere muss nachgewiesen werden, wann (Monat) und wo der Gegenstand tatsächlich in dem andere...