Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Die zum 1.1.2019 eingeführte nationale Vorschrift des § 25e Abs. 1 UStG regelt die Gefährderhaftung des Betreibers einer elektronischen Schnittstelle (Marktplatz) für die nicht entrichtete Umsatzsteuer aus der Lieferung eines Unternehmers, die auf der von ihm bereitgestellten elektronischen Schnittstelle rechtlich begründet worden ist. Die Haftungsnorm gilt jedoch nicht für grenzüberschreitende sonstige Leistungen, die über eine elektronische Schnittstelle erbracht werden.
Uneingeschränkte Haftung für alle Online-Verkäufe von Unternehmer
Die o. g. Inhaftungnahme gilt für alle über eine elektronische Plattform ausgeführten der deutschen Umsatzsteuer unterliegenden Lieferungen im Zeitraum vom 1.1.2019 bis 30.6.2021 (unabhängig davon, ob der Lieferer im Inland oder im Ausland ansässig war bzw. ob es sich um eine inländische Warenbewegung oder um einen Import aus dem Ausland handelte).
Lag dem Marktplatzbetreiber eine gültige Bescheinigung über die steuerliche Erfassung des jeweiligen Händlers nach § 22f UStG (Vordruck USt 1 TI) des zuständigen Finanzamts vor, konnte sich der Betreiber aus der Haftung exkulpieren.
Diese Entlassung aus der Haftung gilt jedoch nicht, wenn der Betreiber der Plattform Kenntnis davon hatte oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte haben müssen, dass der liefernde Unternehmer seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht oder nicht im vollen Umfang nachkommt.
Erfolgt die Registrierung des Verkäufers auf der Plattform als "Nichtunternehmer" kann der Marktplatzbetreiber der Haftung entgehen, wenn er seinen Aufzeichnungspflichten gem. § 22f Abs. 2 UStG nachkommt. Aufzuzeichnen sind u. a. die Angaben von Nutzern, für deren Umsätze eine deutsche Umsatzsteuerpflicht in Betracht kommt (Geburtsdatum, vollständiger Name, Anschrift, Steuernummer, soweit vorhanden USt-IdNr. des Lieferers) für alle in Deutschland beginnenden oder endenden Lieferungen sowie die Bescheinigung über die steuerliche Erfassung des Händlers beim Finanzamt.
Trotz erfolgter Aufzeichnungen kann die Haftung des Plattformbetreibers dennoch greifen, wenn nach Art, Menge oder Höhe der erzielten Umsätze davon auszugehen ist, dass der Betreiber Kenntnis davon hatte oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte haben müssen, dass die Umsätze des Verkäufers im Rahmen eines Unternehmens erbracht werden.
Kommt der liefernde Unternehmer seinen steuerlichen Pflichten nicht oder nicht in wesentlichem Umfang nach, ist das für den Lieferer zuständige Finanzamt berechtigt, dies dem Betreiber mitzuteilen, wenn andere Maßnahmen keinen unmittelbaren Erfolg versprechen. Nach Zugang der Mitteilung haftet der Betreiber für die Umsatzsteuer, soweit das dem Umsatz zugrunde liegende Rechtsgeschäft nach dem Zugang der Mitteilung abgeschlossen worden ist. Eine Inhaftungnahme des Betreibers erfolgt nicht, wenn der Betreiber innerhalb einer vom Finanzamt mit der o. g. Mitteilung gesetzten Frist nachweist, dass der liefernde Unternehmer über seine elektronische Schnittstelle keine Waren mehr anbieten kann.
Zuständig für den Erlass des Haftungsbescheides ist das Finanzamt, das für die Besteuerung des liefernden Unternehmers zuständig ist.
Änderung der Haftung für Onlinelieferungen ab dem 1.7.2021
Die Haftungsnorm des § 25e UStG wird ab dem 1.7.2021 zum Teil durch das EU-einheitliche sog. fiktive Reihengeschäft nach § 3 Abs. 3a UStG ersetzt. Hier wird der Betreiber der elektronischen Schnittstelle zum Steuerschuldner für die Lieferung des Händlers an dessen Kunden (anstatt nur zum Haftungsschuldner).