Dr. Björn-Axel Dißars, Dr. Ulf-Christian Dißars
Leitsatz
Keine Haftung des Geschäftsführers bei Vereinbarung einer Umsatzsteuerklausel im Rahmen einer "gescheiterten" Teilgeschäftsveräußerung.
Sachverhalt
Der Kläger war Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Im Dezember 2002 veräußerte er seine Anteile an einen Mitarbeiter und wurde als Geschäftsführer abberufen. Im Anschluss, aber auch noch im Dezember 2002 veräußerte die GmbH einen Geschäftsbereich unter Einschluss des Kundenbestandes an eine Schweizer AG, an der der Kläger beteiligt war. Nach dem Kaufvertrag sollte die GmbH ihre Aktivitäten in diesem Bereich einstellen und nur noch als Dienstleistungsunternehmen für die AG tätig werden. In der Rechnung über die Veräußerung wurde ausgeführt, dass keine Umsatzsteuer in Rechnung gestellt wurde, da die Vertragsparteien von einem nicht steuerbaren Umsatz ausgingen. Sollte sich nachträglich herausstellen, dass doch Umsatzsteuer anfallen sollte, dürfe diese nachgefordert werden. Im Rahmen einer Sonderprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung es liege in der Veräußerung des Geschäftsbereiches keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor und nahm des Kläger als Geschäftsführer in Haftung. Zur Begründung wurde angeführt, die GmbH habe das Geschäft tatsächlich fortgeführt.
Entscheidung
Die Klage hatte im Wesentlichen Erfolg. Das Finanzamt habe den Kläger zu Unrecht in Haftung genommen, entschied das Finanzgericht. Zwar sei hier keine Teilgeschäftsveräußerung im Ganzen gegeben, so dass die Regelung des § 1 Abs. 1a UStG nicht greife. Hier sei nämlich das Tatbestandsmerkmal der Fortführung des Geschäftsbetriebs durch den Erwerber nicht erfüllt. Der Vorgang sei damit tatsächlich umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig gewesen. Den Geschäftsführer treffe aber kein grobes Verschulden im Sinne des § 69 AO. Zum einen habe er sich bei einem qualifizierten Berater umfassend über die steuerliche Situation informiert. Zum anderen habe er in den Vertrag eine Umsatzsteuerklausel aufgenommen, nach der die Umsatzsteuer hätte nachgefordert werden können. Dass der Nachfolger als Geschäftsführer hiervon keinen Gebrauch gemacht habe, sei dem Kläger nicht vorzuwerfen.
Hinweis
Die Frage, wann eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt, mit der Folge, dass der Vorgang insgesamt als nicht umsatzsteuerbar zu behandeln ist, ist im Einzelfall oftmals nicht ganz einfach zu beurteilen. Die Kasuistik hierzu ist teilweise recht unübersichtlich (vgl. Radeisen, in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 1 UStG Tz. 403ff.). Umso wichtiger ist es, sich - wie auch das Finanzgericht hier betont - von einem qualifizierten Berater bei einer solchen Transaktion beraten zu lassen. Noch wichtiger ist aber die richtige Vertragsgestaltung. Eine Vertragsklausel, nach der Umsatzsteuer erforderlichenfalls nachgefordert werden kann, wenn sich später herausstellt, dass die Transaktion doch Umsatzsteuer auslöst, erscheint geradezu zwingend. Da der Kläger hier den Vertrag so hatte abfassen lassen, hatte er mit seiner Klage gegen den Haftungsbescheid Erfolg. Dies erscheint auch zutreffend.
Gegen das Urteil wurde Revision zugelassen. Das Aktenzeichen des BFH ist V R 33/13.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 12.06.2013, 3 K 1178/07