Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Zur Verminderung des Umsatzsteuerausfalls, der sich bei Lieferungen über elektronische Marktplätze im Internet ergeben soll, ist eine neue Haftungsregelung für die Betreiber solcher Marktplätze in das Gesetz aufgenommen worden. Verbunden ist dies mit neuen Aufzeichnungsvorschriften. Die Finanzverwaltung nimmt ausführlich zu den neuen Regelungen Stellung.
Die rechtliche Problematik
Über elektronische Marktplätze werden immer mehr Umsätze auch durch ausländische Unternehmer ausgeführt. Um das Steuerausfallrisiko zu verringern, sind zum 1.1.2019 neue Aufzeichnungsvorschriften und Haftungsregelungen für die Betreiber solcher elektronischer Marktplätze aufgenommen worden.
Ein elektronischer Marktplatz ist eine Website oder jedes andere Instrument, mit dessen Hilfe Informationen über das Internet zur Verfügung gestellt werden, die es einem Dritten, der nicht Betreiber des Marktplatzes ist, ermöglicht, Umsätze auszuführen.
Zentrale Punkte sind Aufzeichnungsvorschriften für die Betreiber der Marktplätze und – in der Folge dessen – Haftungsvorschriften für die Betreiber der Marktplätze:
- In der Neuregelung des § 22f UStG werden die Betreiber der elektronischen Marktplätze verpflichtet, persönliche Daten der Unternehmer aufzuzeichnen, wenn die Lieferung im Inland steuerbar ist. Zu diesen Aufzeichnungen gehört auch eine neue Bescheinigung, in der die Finanzverwaltung dem Unternehmer die steuerliche Registrierung bestätigt. Ist der Händler kein Unternehmer, muss der Marktplatzbetreiber zusätzlich das Geburtsdatum aufzeichnen.
- In § 25e UStG ist eine neue Haftungsnorm für Betreiber solcher elektronischen Marktplätze für die nicht abgeführte Umsatzsteuer der Händler eingeführt worden. Die Haftung entfällt, wenn der Marktplatzbetreiber seinen Aufzeichnungspflichten nach § 22f UStG nachgekommen ist. Dies liegt insbesondere dann vor, wenn Marktplatzbetreiber die Bescheinigung der Finanzverwaltung über die steuerliche Registrierung des Händlers vorliegen haben, es sei denn, sie wussten oder hätten wissen müssen, dass der leistende Unternehmer seinen steuerlichen Pflichten nicht nachkommt.
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Die Finanzverwaltung hat ausführlich zu den neuen Regelungen für die Betreiber elektronischer Marktplätze Stellung genommen.
Die neuen Regelungen gelten nur dann, wenn es über den Marktplatz auch zum Abschluss des für die Lieferung relevanten Kaufvertrags kommt. Werden über den Marktplatz nur Informationen (sog. Vermittlungsmarktplatz; "Schwarzes Brett") ausgetauscht und kommt der Kaufvertrag auf anderem Wege zustande, gelten diese Regelungen nicht.
1. Zu den Aufzeichnungsvorschriften
Die Finanzverwaltung nimmt in dem Anwendungsschreiben zuerst ausführlich zu den Aufzeichnungsvorschriften Stellung.
Die Aufzeichnungsvorschriften betreffen die Betreiber der elektronischen Marktplätze für die über seinen Marktplatz tätigen Unternehmer, die im Rahmen ihres Unternehmens Lieferungen ausführen, die auf dem Marktplatz rechtlich begründet werden und bei denen die Beförderung oder Versendung im Inland beginnt oder endet. Nicht Voraussetzung für die Aufzeichnungsvorschriften ist, dass es zu einem steuerbaren Umsatz im Inland kommen muss.
Eine Lieferung liegt nicht vor, wenn der Lieferempfänger die Ware nicht annimmt bzw. in der ihm gewährten Frist zurücksendet (Rückgabe).
Der Marktplatzbetreiber muss die folgenden Daten aufzeichnen und entsprechend der verfahrensrechtlichen Grundsätze 10 Jahre aufbewahren:
- den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des liefernden Unternehmers, unter der dieser im Inland steuerlich erfasst ist oder die er im Antrag auf steuerliche Erfassung angegeben hat;
- die dem liefernden Unternehmer von dem nach § 21 AO zuständigen Finanzamt erteilte Steuernummer;
- (soweit vorhanden) die vom BZSt erteilte USt-IdNr.;
- Beginn und Enddatum der Gültigkeit der nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG vom zuständigen Finanzamt erteilten Bescheinigung – USt 1 TI – über die steuerliche Erfassung des Unternehmers;
- Ort (vollständige Anschrift) des Beginns der Beförderung oder Versendung sowie den Bestimmungsort;
- Zeitpunkt des Umsatzes;
- Höhe des Umsatzes.
Die unter a)–d) aufgeführten Daten müssen durch eine gültige Bescheinigung USt 1 TI über die umsatzsteuerrechtliche Erfassung geführt werden.
Registriert sich der Verkäufer auf dem elektronischen Marktplatz nicht als Unternehmer, sind die relevanten Daten (vgl. oben: a) sowie e)–g)) entsprechend aufzuzeichnen, zusätzlich aber auch noch das Geburtsdatum. Als Anschrift ist die Wohn- bzw. Meldeadresse aufzuzeichnen.
2. Zum Bescheinigungsverfahren
Im zweiten Hauptteil nimmt die Finanzverwaltung zu Einzelfragen des Bescheinigungsverfahrens Stellung.
Zur Erteilung der Bescheinigung USt 1 TI verweist die Finanzverwaltung auf ihr separates Schreiben. Die Bescheinigung dient ausschließlich dem Nachweis der umsatzsteuerrechtlichen Erfassung. Die steuerliche Zuverlässigkeit ist nicht Gegenstand des Beschei...