Der sog. Versicherungsfall ist die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber der versicherten Person. Die D&O-Versicherung versichert hierbei sowohl die sog. Innenhaftung des Geschäftsführers gegenüber der GmbH, als auch die Außenhaftung des Geschäftsführers gegenüber Dritten. Im Verhältnis zur GmbH ist der Geschäftsführer für jeden pflichtwidrig und schuldhaft verursachten Schaden am Gesellschaftsvermögen eintrittspflichtig. Auch etwaige Schäden, die auf Missmanagement beruhen, fallen unter den Versicherungsschutz, sofern kein Vorsatz oder eine wissentliche Pflichtverletzung im Spiel sind oder ein sonstiger Ausschluss eingreift.
Im Außenverhältnis gegenüber Dritten haftet der Geschäftsführer z. B.
- im Falle von Insolvenzverschleppung oder
- gegenüber dem Finanzamt für Steuerschulden oder
- im Verhältnis zu den Sozialversicherungsträgern für nicht abgeführte Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung.
Sofern die Verstöße nur vorsätzlich begangen werden können, wie das Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen, besteht kein Versicherungsschutz. Wurden die Verstöße fahrlässig begangen, kommt Versicherungsschutz in Betracht. In der Haftpflichtversicherung ist auch grobe Fahrlässigkeit mitversichert. Verletzt also der Geschäftsführer grob fahrlässig steuerliche Pflichten und muss er hierfür gegenüber dem Finanzamt haften, besteht grundsätzlich Versicherungsschutz. Gleiches gilt, wenn der Geschäftsführer fahrlässig Schäden bei sonstigen Dritten verursacht, wobei die D&O-Police allerdings nur Vermögensschäden, nicht aber Personen- oder Sachschäden versichert.
Definition von "Vermögensschäden"
Vermögensschäden liegen vor, wenn keine Sache beschädigt worden ist oder keine Person verletzt worden ist. Die meisten Versicherer erweitern die Deckung auf Folgeschäden, die aus Personen- oder Sachschäden herrühren. Dies wäre z. B. die Konstellation, bei der bei einem Dritten ein Personenschaden entsteht, z. B. bei einem Kunden der GmbH. Ist die GmbH gegenüber diesem Kunden zum Ersatz des Schadens verpflichtet, könnte sie anschließend versuchen, ihren Geschäftsführer, der diesen Schaden durch sein pflichtwidriges Verhalten, z. B. durch Missachtung von Sicherungsvorschriften ermöglicht hat, in Rückgriff zu nehmen. Es sollte daher bei der Auswahl des Deckungskonzepts darauf geachtet werden, dass solche Ansprüche eingeschlossen werden. In dem vorgenannten Beispiel wird allerdings bereits die Betriebshaftpflichtversicherung eingreifen, in der der Geschäftsführer ebenfalls mitversichert ist, sodass er vom Versicherer nicht in Rückgriff genommen werden würde.
Sind bei Dritten, z. B. bei Kunden der GmbH, Vermögensschäden eingetreten, ist das Risiko des Geschäftsführers, hierfür direkt von diesem in Anspruch genommen zu werden, relativ gering. Denn regelmäßig fehlt es an einer Anspruchsgrundlage, wonach der Geschäftsführer etwa einem Geschäftspartner der GmbH einen Vermögensschaden ersetzen muss.
Berät also beispielsweise die GmbH durch ihren Geschäftsführer fehlerhaft, z. B. indem der Geschäftsführer namens der GmbH ein Gutachten falsch erstellt, und entsteht dem Vertragspartner der GmbH hierdurch ein Vermögensschaden, besteht keine persönliche Haftung des Geschäftsführers gegenüber dem Vertragspartner, weil die vertragliche Beziehung nur zur GmbH existiert. Es könnte jedoch eine Innenhaftung des Geschäftsführers gegenüber der GmbH ausgelöst werden, wenn der Geschäftsführer im Innenverhältnis dafür hätte sorgen müssen, dass das Gutachten nicht fehlerhaft erstellt wird. Dann wäre dies auch wieder ein Fall für die D&O-Versicherung.
Ein Fall für die D&O-Versicherung
Der Geschäftsführer einer Bau GmbH schaltet bei der Errichtung eines Einkaufsmarktes eine Subunternehmerin ein, die als Limited auf den British Virgin Islands firmiert. Diese Limited übernimmt zahlreiche Gewerke und erhält hierfür einen Werklohn von 1.000.000,00 EUR. Das Finanzamt verweigert bei einer späteren Betriebsprüfung den Betriebsausgabenabzug, weil die Bau GmbH nicht die hinter der Limited stehenden Personen benennen kann. Die Limited hat auch die Leistungen nicht selbst ausgeführt, vielmehr wurde dies durch weitere Handwerksbetriebe vor Ort vorgenommen. Bei der Limited handelt es sich um eine reine sog. Domizilgesellschaft ohne Geschäftsbetrieb. Dem Geschäftsführer war die Problematik der Einschaltung von Domizilgesellschaften nicht bekannt.
→ Ergebnis: Die GmbH muss das Verbot, Betriebsausgaben in Höhe von 1.000.000,00 EUR nicht abziehen zu dürfen, hinnehmen, weil sie die notwendigen Angaben nicht beschaffen kann. Dadurch zahlt sie im konkreten Fall 300.000,00 EUR zusätzliche Steuern, die dann vermieden worden wären, wenn der Geschäftsführer diese Domizilgesellschaft nicht eingeschaltet hätte oder von vornherein dafür gesorgt hätte, dass er die Hintermänner der Gesellschaft kennt bzw. die tatsächlich vor Ort tätigen Handwerksbetriebe erfasst. Die Gesellschaft möchte nun den Geschäftsführer wegen der Zahlung der 300.000,00 EUR zzg...