Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Der Abzug von Erwerbsaufwand im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG ist dann nicht nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG begrenzt, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen hat.
Sachverhalt
Im Streitfall veräußerte der Steuerpflichtige in 2006 Aktien einer AG, die nie Dividenden ausgeschüttet hatte, mit Verlust und machte diesen in vollem Umfang als Verlust aus § 17 EStG geltend. Das Finanzamt berücksichtigte den Verlust dagegen unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens nur zur Hälfte, da der Steuerpflichtige aus der Veräußerung von Aktien der AG in 2002 einen Gewinn erzielt hatte. Im Einspruchsverfahren machte der Steuerpflichtige geltend, dass das Halbeinkünfteverfahren keine Anwendung finde, da er aus den im Jahre 2006 veräußerten Aktien keine Einkünfte erzielt habe. Die Aktienverkäufe des Jahres 2002 seien nicht zu berücksichtigen, da diese Aktien im Jahre 2006 nicht mehr im Bestand gewesen seien. Demgegenüber vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass eine Beteiligung im Sinne des § 17 EStG insgesamt in der Beteiligung an der AG zu sehen sei. § 17 EStG stelle bei der Prüfung der für seine Anwendung relevanten Beteiligungshöhe innerhalb der letzten 5 Jahre auf den nominellen Anteil am Grund- und Stammkapital der Kapitalgesellschaft ab. Es widerspreche der Gesetzessystematik, für die Anwendung des § 17 EStG auf die Beteiligung (Summe der Aktien) abzustellen und dabei auch die innerhalb der letzten 5 Jahre veräußerten Anteile einzubeziehen, bei der Frage der Einnahmen dagegen nur auf die im Zeitpunkt der Veräußerung noch gehaltenen Anteile abzustellen.
Entscheidung
Das FG gab der Klage statt und verwies auf die einschlägige Rechtsprechung des BFH, wonach der Abzug von Erwerbsaufwand im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG dann nicht nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG begrenzt ist, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen hat. Der BFH hat dies zum einen aus dem Wortlaut des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG abgeleitet, wonach dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen "anfallen" müssen, und zum anderen auf den Gesetzeszweck verwiesen, wonach eine Doppelbegünstigung - wie sie bei einer unbeschränkten Abzugsmöglichkeit von mit (teilweise) steuerbefreiten Einnahmen zusammenhängenden Aufwendungen eintrete - vermieden werden soll. Keine Einnahmen erzielt auch derjenige, der objektiv wertlose Anteile zu einem symbolischen Kaufpreis veräußert. Maßgebend ist, ob ein einem Veräußerungspreis von 0 EUR gleichzusetzender Kaufpreis für die Übernahme wertloser Anteile im Rechtsverkehr lediglich symbolische Bedeutung zukommt. Im Streitfall hatte der Steuerpflichtige aus den veräußerten Aktien keine Einnahmen erzielt. Die Tatsache, dass er im Jahre 2002 aus der Veräußerung von Aktien der AG einen Gewinn erzielt hatte, der dem Halbeinkünfteverfahren im Sinne von § 3 Nr. 40 EStG unterlag, ändert an dieser Beurteilung nichts. Denn der Veräußerungsgewinn des Jahres 2002 stand nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der unentgeltlichen Übertragung der restlichen Aktien im Jahre 2006.
Hinweis
Gegen die Entscheidung hat die Finanzverwaltung Revision eingelegt, die unter dem Az. IX R 13/13 beim BFH anhängig ist. Im Revisionsverfahren wird es um die Frage gehen, ob ein mittelbarer Zusammenhang zwischen den Aktienveräußerungen in 2002 und 2006 bestanden hat, der für das Eingreifen des Halbeinkünfteverfahrens ausreichen würde.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 13.03.2013, 4 K 332/11