Country-by-Country-Reporting: Der im Jahr 2016 eingeführte § 138a AO bildet die Rechtsgrundlage für das sog. Country-by-Country-Reporting (CbCR) und umfasst die Verpflichtung zur Erstellung von länderbezogenen Berichten für grenzüberschreitend tätige Konzerne ab einer bestimmten Größe. Erfasst werden sämtliche zum Konzern gehörenden ausländischen Unternehmen. Ging man zunächst – nach dem ursprünglichen Gesetzeswortlaut – davon aus, dass dies nur konsolidierte Unternehmen und deren ausländische Betriebstätten betrifft, wurde mit der Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 2020 präzisiert, dass auch nicht konsolidierte Rechtseinheiten und deren ausländischen Betriebsstätten in den länderbezogenen Bericht aufgenommen werden müssen (u.a. müssen auch die Steueridentifikationsnummern von allen Gesellschaften/Betriebsstätten genannt werden). Rechtsunsicherheit bezüglich der einzubeziehenden Unternehmen ist auch hinsichtlich der Einführung des "öffentlichen" CbCR zu erwarten. So sind etwa im aktuellen RefE sowohl beim persönlichen Anwendungsbereich (§ 342 HGB-E) als auch bei den einzubeziehenden Unternehmen (§ 342g HGB-E) Klarstellungen erforderlich und insb. eine Vereinheitlichung im Hinblick auf die bereits bestehenden Regelungen gem. § 138a AO angebracht.
Es muss eine Vielzahl von bilanzorientierten Angaben gemacht werden, wobei eine Aggregation über alle Einheiten pro Steuerhoheitsgebiet erfolgt (sog. Tabelle 1): Umsatzerlöse und sonstige Erträge aus Geschäftsvorfällen mit nahestehenden und fremden Unternehmen sowie die Summe hieraus, im Wirtschaftsjahr gezahlte Ertragsteuern, im Wirtschaftsjahr für dieses Wirtschaftsjahr gezahlte und zurückgestellte Ertragsteuern, Jahresergebnis vor Ertragsteuern, Eigenkapital, einbehaltene Gewinne und materielle Vermögenswerte. Darüber hinaus muss die Anzahl der Beschäftigten angegeben werden. Weiterhin sind Angaben über die Geschäftstätigkeit jeder einzelnen in den länderbezogenen Bericht aufgenommenen Einheit zu machen (sog. Tabelle 2), was bezogen auf immaterielle Wirtschaftsgüter z.B. Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten oder Besitz und Verwaltung von geistigem Eigentum umfassen kann. Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) ist die zuständige Meldebehörde und die Meldefrist beträgt ein Jahr nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, für das der Bericht zu erstellen ist.
Laut Gesetzesbegründung handelt es sich um ein Instrument zur Risikoanalyse (insb. im Bereich Verrechnungspreise). Es soll zu einer Stärkung der Transparenz bei steuerlichen Sachverhalten in Reaktion auf internationale Steuerplanungsaktivitäten der Unternehmen führen. Ziel ist eine verbesserte Wahrnehmung der Besteuerungsrechte durch Reduktion der Informationsasymmetrien (s. u.a. BT-Drucks. 18/9536 und 18/10506). In Bezug auf die konzerninterne Übertragung und Überlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern ergibt sich damit ein Instrumentarium, um in Ländern mit entsprechenden Geschäftstätigkeiten Auffälligkeiten bei den abgefragten Kennzahlen (bspw. Veränderungen des Jahresergebnisses vor Ertragsteuern) zu identifizieren und falls notwendige weitere Prüfungshandlungen zu initiieren.
Im Vergleich zu den Anzeigepflichten gem. § 138 Abs. 2 AO handelt es sich beim CbCR um eine stichtags- und landesbezogene Darstellung. Wohingegen § 138 Abs. 2 AO anlassbezogen ist und u.U. auch den Erwerb und die Veräußerung einer identischen Beteiligung im Veranlagungszeitraum erfasst; dies ist insb. bei der unterjährigen Begründung von Betriebsstätten vorstellbar und ggf. eine Begründung für die Anzeigepflicht gem. § 138 Abs. 2 AO – für Unternehmensbeteiligung, die i.d.R. auf langfristige Geschäftsaktivität ausgerichtet sind, greift dieses Argument jedoch nicht. Darüber hinaus würde bei aus steuerlichen Gründen initiierten, unterjährigen Transaktionen im Regelfall die DAC 6-Meldepflicht greifen. Die inhaltlichen Anforderungen vom CbCR gehen über die bloße anlassbezogene Anzeigeplicht z.B. einer Unternehmensgründung hinaus – der Informationsgehalt ist folglich wesentlich höher. Es stellt sich die Frage, inwiefern § 138 Abs. 2 AO nur Sondertatbestände regelt und damit viel zu breit in der Anwendung ist. Letztlich bleibt fraglich, ob § 138 Abs. 2 AO überhaupt noch zur Steigerung der Transparenz beiträgt oder ob dessen Zielsetzung nicht durch § 138a AO umfassender erfüllt wird. Die Angaben nach § 138 Abs. 2 AO würden dann keine darüber hinaus gehende praktisch relevante Transparenzlücke schließen und wären verzichtbar.