Leitsatz

1. Verlangt Art. 13 VO Nr. 3665/87 mit dem Begriff der handelsüblichen Qualität, dass Herstellung und Vertrieb der betreffenden Waren lediglich allgemein gültigen rechtlichen Maßgaben unterliegen, wie sie für jedwede Ware dieser Art gelten, und schließt er folglich Waren von der Gewährung der Ausfuhrerstattung aus, für welche besondere Einschränkungen, insbesondere für ihre Gewinnung, Behandlung oder ihren Vertrieb gelten, wie zum Beispiel die Anordnung einer speziellen Untersuchung der Genusstauglichkeit oder eine Beschränkung auf bestimmte Vertriebswege?

2. Verlangt Art. 13 VO Nr. 3665/87 mit dem Begriff der handelsüblichen Qualität eine durchschnittliche Qualität der Ausfuhrware und schließt er damit Ware minderer Qualität, die jedoch unter der im Erstattungsantrag gegebenen Bezeichnung Gegenstand des Handels zu sein pflegt, von der Gewährung der Ausfuhrerstattung aus? Ist das auch dann der Fall, wenn die Minderqualität auf die Durchführung des Handelsgeschäfts keinerlei Einfluss gehabt hat?

 

Normenkette

Art. 234 EG , Art. 13 VO Nr. 3665/87 , Art. 6 Abs. 1 Buchst. e Richtlinie 64/433/EWG

 

Sachverhalt

Fleisch, das in einem sog. Isolierschlachtbetrieb erschlachtet worden war, war unter Inanspruchnahme von Ausfuhrerstattung ausgeführt worden. Solches – früher als Freibankfleisch bezeichnetes – Fleisch stammt von Tieren, die aus besonderem Anlass geschlachtet worden sind oder Krankheitserreger ausschieden und die deshalb nach deutschen fleischhygienerechtlichen Vorschriften grundsätzlich nur in besonderen Schlachtbetrieben geschlachtet werden dürfen und deren Schlachtfleisch besonderen Bestimmungen unterliegt, wie es zu gewinnen und zu behandeln ist.

Das HZA lehnte die Gewährung von Ausfuhrerstattung für das Fleisch ab, obwohl dieses allerdings zuvor von dem Veterinärarzt als genusstauglich beurteilt worden war und seine Vermarktung auch sonst die Voraussetzungen des Fleischhygienerechts erfüllte.

 

Entscheidung

Der BFH hält für zweifelhaft, dass solchem Fleisch die "handelsübliche Qualität" fehlt, obwohl es – wenn auch zu einem geringeren Preis als "normales" Fleisch – gehandelt wird und auch gehandelt und insbesondere exportiert werden darf. Er hat deshalb dem EuGH nach Art. 234 EG die eingangs genannten Fragen gestellt.

 

Hinweis

1. Ausfuhrerstattung wird heute nach den Regeln der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 gewährt, welche die Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 abgelöst hat, in ihrem Regelungsgehalt aber in vielem mit dieser übereinstimmt.

2.Art. 21 Abs. 1 VO Nr. 800/1999 verlangt, dass die ausgeführten Erzeugnisse "von gesunder und handelsüblicher Qualität" und ggf. zur menschlichen Ernährung geeignet sind.

3. Der EuGH hat den Begriff der handelsüblichen Qualität dahin erläutert, das Erzeugnis müsse im Gebiet der Gemeinschaft unter normalen Bedingungen und der im Erstattungsantrag aufgeführten Bezeichnung vermarktet werden können (EuGH, Urteile vom 9.10. 1973, Rs. 12/73, EuGHE 1973, 963 und vom 19.11.1998, Rs. C-235/97, EuGHE 1998, I-7555). Ob deshalb Herstellung und Vertrieb der betreffenden Waren lediglich gleichsam allgemein gültigen rechtlichen Maßgaben unterliegen darf, wie sie für jedwede Ware dieser Art (d.h. für Waren, die unter der betreffenden Bezeichnung gehandelt werden) gelten, nicht jedoch besonderen veterinär- oder lebensmittelrechtlichen Einschränkungen, ist – wie vieles beim nur auf den ersten Blick klaren Begriff der handelsüblichen Qualität – offen.

Beachten Sie aber, dass der EuGH einer Ware, die mit einem verdeckten Mangel behaftet war, keine handelsübliche Qualität zuerkannt hat (EuGH, Urteil vom 19.11.1998, Rs. C-235/97, EuGHE 1998, I-7555).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 15.7.2003, VII R 10/02

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