Der Grundsteuerwert unbebauter Grundstücke ergibt sich regelmäßig aus dem Produkt der Grundstücksfläche und dem jeweiligen Bodenrichtwert (§ 196 BauGB). Der Wert unbebauter Grundstücke umfasst den Wert des Grund und Bodens, mit dem die Außenanlagen abgegolten sind. Bei der Wertermittlung ist der Bodenrichtwert anzusetzen, der vom Gutachterausschuss auf den jeweiligen Hauptfeststellungszeitpunkt ermittelt wurde. Dieser Wert gilt für den gesamten Hauptfeststellungszeitraum.
Anzusetzen ist regelmäßig der auf das Bodenrichtwertgrundstück bezogene Bodenrichtwert. Abweichungen zwischen den Grundstücksmerkmalen des Bodenrichtwertgrundstücks und des zu bewertenden Grundstücks werden nach der Präzisierung des § 247 BewG durch das FoStoG mit Ausnahme unterschiedlicher Entwicklungszustände und Arten der Nutzung bei überlagernden Bodenrichtwertzonen nicht berücksichtigt. Als Entwicklungszustände kommen in Betracht:
- Flächen der Land- oder Forstwirtschaft (vgl. §§ 232 bis 242 BewG sowie ausführlich Bruschke, ErbStB 2022, 78),
- Bauerwartungsland,
- Rohbauland und
- baureifes Land.
Bauerwartungsland sind Flächen, die nach ihren weiteren Grundstücksmerkmalen, insb. dem Stand der Bauleitplanung und der sonstigen städtebaulichen Entwicklung des Gebiets, eine bauliche Nutzung auf Grund konkreter Tatsachen mit hinreichender Sicherheit erwarten lassen. Ist damit zu rechnen, dass die Flächen innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen werden und daher gem. § 233 Abs. 2 BewG als Grundvermögen anzusehen sind, werden diese Flächen regelmäßig als Bauerwartungsland angesetzt.
Rohbauland sind Flächen, die nach den §§ 30, 33 und 34 BauGB für eine bauliche Nutzung bestimmt sind, deren Erschließung aber noch nicht gesichert ist oder die nach Lage, Form oder Größe für eine bauliche Nutzung unzureichend gestaltet sind. Im Regelfall handelt es sich hierbei um größere, unerschlossene Grundstücksflächen, die die Eigenschaft als land- und forstwirtschaftliches Vermögen verloren haben, selbst wenn sie noch land- und forstwirtschaftlich genutzt werden. Eine Unterscheidung zwischen Bruttorohbauland, welches die für öffentliche Zwecke benötigten Flächen des Planungsgebiets einschließt, und Nettorohbauland, welches diese Flächen nicht umfasst, wird für die Ermittlung des Grundsteuerwerts nicht vorgenommen.
Baureifes Land sind Flächen, die nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften und den tatsächlichen Gegebenheiten baulich nutzbar sind. Der Gutachterausschuss ermittelt die Bodenrichtwerte regelmäßig für baureifes Land.
Hat der Gutachterausschuss für ein Grundstück im Entwicklungszustand Bauerwartungsland oder Rohbauland keinen Bodenrichtwert ermittelt, gelten folgende Wertansätze:
- Bauerwartungsland = 25 % und
- Rohbauland = 50 %
des Bodenrichtwerts für vergleichbares erschließungsbeitragsfreies Bauland. Durch Multiplikation von Grundstücksfläche und abgeleitetem Bodenwert pro qm ergibt sich der Wert des unbebauten Grundstücks.
Zu keiner Anpassung des Bodenrichtwerts führen die folgenden wertbeeinflussenden Merkmale des unbebauten Grundstücks, die bei der Verkehrswertermittlung eines Grundstücks üblicherweise durch Anpassungen des Bodenrichtwerts nach den Vorgaben des Gutachterausschuss berücksichtigt werden (vgl. Bock in Grootens, BewG, § 247 Rz. 58 sowie § 2 Abs. 3 ImmoWertV 2022):
- Sanierungs- und Erschließungszustand,
- beitragsrechtliche Zustand,
- Grundstücksgröße mit Ausnahme bei den Einfamilien- und Zweifamilienhäusern (vgl. §§ 251, 257 Abs. 1 BewG i.V.m. Anlage 36 zum BewG),
- Grundstückstiefe, insb. Vorder- und Hinterland,
- grundstücksbezogenen Rechte und Belastungen und
- Art der baulichen Nutzung, insb. die Geschossflächenzahl.
Beraterhinweis Besondere Merkmale des einzelnen zu bewertenden Grundstücks wie Ecklage, Zuschnitt, Vorder- und Hinterland, Oberflächenbeschaffenheit, Beschaffenheit des Baugrundes, Lärm-, Staub-, Geruchsbelästigungen, Altlasten sowie Außenanlagen bleiben ebenfalls außer Ansatz (vgl. A 247.2 Abs. 8 AEBewGrSt). Somit wird der Wert eines unbebauten Grundstücks für Zwecke der Grundsteuer deutlich typisierter und vereinfachter ermittelt, als dies die Bewertungssystematik des § 179 BewG und R B 179 ErbStR für die Wertermittlung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer vorsieht.
Eine Öffnungsklausel zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ist im System der Grundsteuerwertermittlung nach dem 7. Abschnitt des BewG nicht enthalten, so dass ein niedrigerer Wert nicht nachgewiesen kann. Fraglich ist, inwieweit das Übermaßverbot herangezogen werden kann, nach dem unter verfassungskonformer Auslegung des BewG ein Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts auch dann möglich sein muss, wenn dies nach dem Wortlaut des BewG nicht vorgesehen ist (vgl. zum Übermaßverbot ausführlich Grootens in Grootens, BewG, § 252 Rz. 96 ff. m.w.N.).