Anwendung der Bewertungsverfahren nach den AEBewGrSt – Teil I
[Ohne Titel]
Dipl.-Finw. (FH) Mathias Grootens
Die mit dem GrStRefG vom 26.11.20219 angeordnete Reform der Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer sieht die Feststellung der Grundsteuerwerte im Wege einer Hauptfeststellung auf den 1.1.2022 vor. Zwischenzeitlich sind einige gesetzgeberische Ergänzungen des reformierten Gesetzes und auch klarstellende Anwendungserlasse ergangen. In diesem zweiteiligen Beitrag werden nun Besonderheiten aufgezeigt, die es bei der Erstellung der Feststellungserklärung zu beachten gilt. Der I. Teil widmet sich den unbebauten Grundstücken und der Bewertung der Nichtwohngrundstücke im Sachwertverfahren. Der II. Teil befasst sich mit der Bewertung der Wohngrundstücke im Ertragswertverfahren und der Bewertung der Sonderfälle Erbbaurecht und Gebäude auf fremdem Grund und Boden.
I. Hauptfeststellung auf den 1.1.2022
Die mit dem GrStRefG vom 26.11.20219 angeordnete Reform der Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer sieht die Feststellung der Grundsteuerwerte im Wege einer Hauptfeststellung auf den 1.1.2022 vor. Während fünf Bundesländer eigene Bewertungsvorschriften geschaffen haben (vgl. Grootens, ErbStB 2021, 80), wenden elf Bundesländer das wertabhängige Modell des 7. Abschnitts des BewG zur Bewertung des Grundvermögens an (Bundesmodell).
Zwischenzeitlich sind mit dem JStG 2020 v. 21.12.2020, dem Fondsstandortgesetz v. 3.6.2021 und dem Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz (GrStRefUG) v. 16.7.2021 bereits vor Inkrafttreten der Neuregelungen Klarstellungen und Ergänzungen am Gesetzestext i.d.F. des GrStRefG vorgenommen worden. Zwischenzeitlich sind darüber hinaus klarstellende Anwendungserlasse zum Grundvermögen und zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen (AEBewGrSt v. 9.11.2021 betreffend das Grundvermögen (BStBl. I 2021, 2334) und das land- und forstwirtschaftliche Vermögen (BStBl. I 2021, 2369) ergangen, in denen die Verwaltungsauffassung in zahlreichen Zweifelsfragen dargelegt wird.
In diesem zweiteiligen Beitrag werden Besonderheiten aufgezeigt, die es bei der Erstellung der Feststellungserklärung zu beachten gilt. Der erste Beitrag widmet sich den unbebauten Grundstücken und der Bewertung der Nichtwohngrundstücke im Sachwertverfahren. Der zweite Beitrag befasst sich mit der Bewertung der Wohngrundstücke im Ertragswertverfahren und der Bewertung der Sonderfälle Erbbaurecht und Gebäude auf fremdem Grund und Boden.
II. Unbebaute Grundstücke
1. Begriff der unbebauten Grundstücke
Unbebaute Grundstücke sind gem. § 246 BewG Grundstücke, auf denen sich keine oder keine benutzbaren Gebäude befinden. Die Benutzbarkeit beginnt zum Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit des Gebäudes. Es muss den zukünftigen Bewohnern oder sonstigen vorgesehenen Benutzern nach objektiven Merkmalen zugemutet werden können, Wohnungen oder Räume des Gebäudes bestimmungsgemäß zu benutzen. Im Feststellungszeitpunkt müssen alle wesentlichen Bauarbeiten abgeschlossen sein. Auf die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde kommt es nicht an. Ist das Gebäude im Feststellungszeitpunkt bezogen, begründet dies die widerlegbare Vermutung der Bezugsfertigkeit.
Beraterhinweis Geringfügige Restarbeiten, die üblicherweise vor dem tatsächlichen Bezug durchgeführt werden (z.B. Malerarbeiten, Verlegen des Bodenbelags), schließen die Bezugsfertigkeit nicht aus (vgl. BFH v. 25.7.1980 – III R 46/78, BStBl. II 1981, 152).
Bei der Prüfung, ob ein Gebäude bezugsfertig ist, ist grundsätzlich auf das ganze Gebäude und nicht auf einzelne Wohnungen oder Räume abzustellen, es sei denn, es handelt sich dabei um eigenständige wirtschaftliche Einheiten (z.B. Wohnungseigentum). Sind bspw. Wohnungen im Erdgeschoss vor dem Feststellungszeitpunkt, die übrigen Wohnungen jedoch erst danach bezugsfertig geworden und ist keine Bebauung in Bauabschnitten gegeben, ist das Gebäude als nicht bezugsfertig anzusehen.
Die Gebäudeeigenschaft endet, wenn das Gebäude nicht mehr benutzbar ist. Ein Gebäude ist insb. nicht mehr benutzbar, wenn infolge des Verfalls des Gebäudes oder dessen Zerstörung keine auf Dauer benutzbaren Räume vorhanden sind (§ 246 Abs. 2 Satz 1 BewG). Ein Gebäude ist dem Verfall preisgegeben, wenn der Abnutzungsprozess so weit fortgeschritten ist, dass das Gebäude nach objektiven Verhältnissen auf Dauer nicht mehr benutzt werden kann.
Beraterhinweis Behebbare Baumängel und Bauschäden sowie aufgestauter Reparaturbedarf aufgrund von unterlassenen Instandsetzungs- und Reparaturarbeiten wirken sich regelmäßig nur vorübergehend auf Art und Umfang der Gebäudenutzung aus und betreffen nicht unmittelbar die Konstruktion des Gebäudes. Sie führen deshalb i.d.R. nicht dazu, dass auf dem Grundstück kein auf Dauer benutzbarer Raum vorliegt (vgl. BFH v. 14.5.2003 – II R 14/01, BStBl. II 2003, 906). Befinden sich auf dem Grundstück Gebäude, die auf Grund von Umbauarbeiten nur vorübergehend nicht benutzbar sind, stellt das Grundstück ebenfalls ein bebautes Grunds...