1. Systematik des Sachwertverfahrens
Bei Anwendung des Sachwertverfahrens ermittelt sich der Gebäudesachwert getrennt vom Bodenwert auf der Grundlage von gewöhnlichen Herstellungskosten. Der Bodenwert ist wie bei einem unbebauten Grundstück nach Maßgabe des § 247 BewG zu ermitteln (vgl. I.2.). Die Summe aus Gebäudesachwert und Bodenwert ergibt den vorläufigen Sachwert, der zur Ermittlung des Grundsteuerwerts mit einer Wertzahl nach § 260 BewG i.V.m. Anlage 43 zum BewG zu multiplizieren ist. Bauliche Anlagen, insb. die Außenanlagen (z.B. befestigte Wege und Plätze, Einfriedungen), und die sonstigen Anlagen sind mit dem Sachwert abgegolten. Besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale (z.B. wirtschaftliche Überalterung, Baumängel oder Bauschäden) sind nicht gesondert zu ermitteln und zu berücksichtigen.
Das typisierte – vereinfachte – Sachwertverfahren nach den §§ 258 bis 260 BewG stellt sich demnach schematisch wie folgt dar:
2. Ermittlung der Normalherstellungskosten
Zur Ermittlung des Gebäudesachwerts ist nicht von den tatsächlichen, sondern von den gewöhnlichen Herstellungskosten auszugehen (vgl. § 259 Abs. 1 BewG). Die anzusetzenden Normalherstellungskosten sind abhängig von der Gebäudeart und dem Baujahr und ergeben sich aus der Anlage 42 zum BewG.
Bei der Ermittlung der nach Anlage 42, II. Teil zum BewG für die NHK und nach Anlage 38 zum BewG für die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer anzunehmenden Gebäudeart ist auf das gesamte Gebäude oder einen baulich selbständig abgrenzbaren Teil eines Gebäudes abzustellen. Entscheidend für die Einstufung des Gebäudes oder Gebäudeteils ist allein das durch die Hauptnutzung entstandene Gesamtgepräge. Zur Hauptnutzung gehörende übliche Nebenräume (z.B. Lager- und Verwaltungsräume bei Warenhäusern oder separater Büroraum im Autohaus) sind entspr. dem Gesamtgepräge der Hauptnutzung zuzurechnen. Nach Tz. 20 der Anlage 42, II. Teil zum BewG und nach der Anlage 38 zum BewG sind für nicht aufgeführte Gebäudearten die NHK sowie die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer aus vergleichbaren Gebäudearten abzuleiten (Auffangklausel). Zu diesem Zweck ist bei Geschäftsgrundstücken, dem Teileigentum und sonstigen bebauten Grundstücken auf die Gebäudeart abzustellen, die mit der Hauptnutzung des Gebäudes die größten Übereinstimmungen aufweist.
Beraterhinweis Die Verwaltung hat in A 259.2 Abs. 2 AEBewGrSt Beispiele von nicht aufgeführten Gebäudearten benannt und diesen Gebäudearten vergleichbare Gebäudearten zugewiesen. Es ist davon auszugehen, dass die Bediensteten der Finanzverwaltung dieser Auflistung eng folgen werden.
3. Anwendung des Baupreisindex
Die in der Anlage 42, II. Teil zum BewG enthaltenen NHK mit Kostenstand 2010 sind auf den Hauptfeststellungszeitpunkt umzurechnen. Für diese Anpassung ist nach § 259 Abs. 3 BewG auf die Preisindizes für die Bauwirtschaft, die das Statistische Bundesamt für den Neubau in konventioneller Bauart von Nichtwohngebäuden jeweils für das Vierteljahr vor dem Hauptfeststellungszeitpunkt ermittelt hat, abzustellen. Diese Preisindizes sind für alle Feststellungszeitpunkte des jeweiligen Hauptfeststellungszeitraums anzuwenden. Das BMF veröffentlicht die maßgebenden Baupreisindizes im BStBl. Für den Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.2022 beträgt der anzuwendende Baupreisindex 148,6 (vgl. BMF v. 11.2.2022 – IV C 7 - S 3266/22/10001 :001, BStBl. I 2022, 182). Die Kostensätze der Anlage 42 werden für die Ermittlung der Grundsteuerwerte im Sachwertverfahren folglich um 48,6 % erhöht.
Beraterhinweis Für das Kalenderjahr 2021 galt bei der Grundbesitzbewertung im Sachwertverfahren gem. §§ 189 ff. BewG für die Nichtwohngrundstücke noch ein Baupreisindex i.H.v. 130,1. Der Indexwert wurde für diese Zwecke aus dem Jahresdurchschnitt der vier Quartale des Jahres 2020 ermittelt. Aufgrund der extremen Steigerung der Baukosten im Kalenderjahr 2021 ist der Baupreisindex in sehr kurzer Zeit regelrecht durch die Decke geschossen.
4. Ermittlung der Brutto-Grundfläche
Die Ermittlung der Brutto-Grundfläche (BGF) stellt insb. für ältere Objekte die größte Hürde bei der Ermittlung der notwendigen Daten zur Bewertung der Nichtwohngrundstücke dar. Die BGF ist die Summe der bezogen auf die jeweilige Gebäudeart marktüblich nutzbaren Grundflächen aller Grundrissebenen eines Bauwerks mit Nutzungen nach DIN 277-1:2005-02 und deren konstruktive Umschließungen (s. Anlage 42, I. Teil zum BewG). Damit ist die BGF regelmäßig größer als die Nutzfläche eines Gebäudes.
Vereinfachungsregelungen zur Ermittlung der Brutto-Grundfläche sind nicht in den AEBewGrSt aufgenommen worden. Die Verwaltung hat im Gegenteil in A 259.4 detaillierte Vorgaben zur Ermittlung der BGF gemacht. Demnach sind Grundflächen von waagerechten Flächen aus ihren tatsächlichen Maßen, Grundflächen von schräg liegenden Flächen (z.B. Tribünen, Zuschauerräumen, Treppen und Rampen) aus ihrer vertikalen Projektion zu ermitteln. Die BGF sind in am anzugeben.
Bei der Ermittlung der BGF wird darüber hinaus zwischen folgenden Bereichen unterschieden:
- Bereich a: überdeckt und allseitig in voller Höhe umschlossen;
- Bereich b: überdeckt, jedoch nicht allseitig in voller Höhe umschloss...