Leitsatz
Ein Kaufvertrag zwischen nahen Angehörigen ist im Rahmen des sog. Fremdvergleichs hinsichtlich seiner Hauptpflichten zu überprüfen. Wird zur Finanzierung eines solchen Kaufvertrags ein Darlehensvertrag mit einer Bank abgeschlossen, sind die in diesem Vertrag getroffenen Vereinbarungen auch dann nicht in den Fremdvergleich einzubeziehen, wenn der Verkäufer zugleich Sicherungsgeber ist.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG , § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Die Kläger sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger erzielte in den Streitjahren als Ingenieur Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit; die Klägerin war nicht berufstätig.
1987 erwarb der Kläger von seiner Mutter ein mit einem Dreifamilienhaus bebautes Grundstück. Er verpflichtete sich im Kaufvertrag, das Grundstück zu Lebzeiten der Mutter nicht zu veräußern. Im November 1995 teilte er das Gebäude in drei Eigentumswohnungen auf und veräußerte die Eigentumswohnungen im Ober- und Dachgeschoss an die Klägerin zu einem Preis von 330000 DM. Die Klägerin überwies als Anzahlung auf den Kaufpreis insgesamt 33000 DM von ihrem Konto auf das Konto des Klägers und schloss zwei Darlehensverträge über 244000 DM sowie über 56000 DM ab, die durch eine Kapitallebensversicherung auf den Kläger getilgt werden sollten. Die monatlichen Prämien wurden vom Konto der Klägerin abgebucht; der Kläger überwies monatlich die gleiche Summe auf dieses Konto.
Zur Sicherung der Darlehen wurde eine noch zu allen drei Eigentumswohnungen eingetragene Grundschuld über 90000 DM erneut valutiert, eine Grundschuld über 110000 DM an den beiden Eigentumswohnungen der Klägerin sowie eine Grundschuld über 100000 DM an einem dem Kläger gehörenden Grundstück eingetragen. Auf diesem Grundstück errichtete der Kläger ein Einfamilienhaus, das seit August 1996 von den Klägern selbst genutzt wird.
Die Darlehensvaluten von insgesamt 300000 DM wurden am 20.12.1995 auf das Konto der Klägerin ausbezahlt und von dieser am selben Tag auf das Konto des Klägers überwiesen; der Kläger buchte einen Teilbetrag von 250000 DM auf ein Baukonto und finanzierte damit die Kosten zur Herstellung des Einfamilienhauses.
Den in den Einkommensteuererklärungen von der Klägerin geltend gemachten Werbungskostenüberschuss bei den Einkünften aus der Vermietung der beiden Eigentumswohnungen erkannte das FA nicht an, weil der Erwerb der Eigentumswohnung nicht zwischen finanziell unabhängigen Angehörigen stattgefunden habe. Nach erfolglosem Einspruch gab das FG der Klage statt. Hiergegen richtet sich die Revision des FA.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH hat das FG die Abziehbarkeit der Schuldzinsen wie auch der Anschaffungskosten im Weg der AfA von der steuerrechtlichen Anerkennung des Kaufvertrags abhängig gemacht. Die Würdigung des FG, der Erwerb der Eigentumswohnungen durch die Klägerin halte einem Fremdvergleich stand, sei auf der Grundlage der vereinbarten Hauptpflichten des Kaufvertrags revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Auf ein eventuelles Veräußerungsverbot zugunsten der Mutter des Klägers komme es für den Fremdvergleich schon deshalb nicht an, weil es nach § 137 Satz 2 BGB lediglich schuldrechtliche Wirkungen im Verhältnis des Klägers zu seiner Mutter habe und deshalb die Wirksamkeit des Kaufvertrags nicht berühre.
Ferner spreche der Umstand, dass der Kläger sein Grundvermögen zur Sicherung der von seiner Frau abgeschlossenen Darlehen eingesetzt hat, nicht gegen die steuerrechtliche Veranlassung des Erwerbsgeschäfts, weil der mit einem Dritten, nämlich einem Kreditinstitut, abgeschlossene Darlehensvertrag keinem Fremdvergleich unterliege und der Zugriff von Banken bei Abschluss von Darlehensverträgen auf das Vermögen des Ehepartners zur Sicherung des Kredits üblich sei.
Hinweis
Schuldzinsen können nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG als Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang ist bei einem Darlehen gegeben, wenn es tatsächlich zum Erzielen von Einkünften – im vorliegenden Fall von solchen aus Vermietung und Verpachtung – verwendet worden ist (vgl. BFH, Urteil vom 27.10.1998, IX R 44/95, BStBl II 1999, 676, m.w.N.).
Ist der Gegenstand der Vermietung – wie im Streitfall die Eigentumswohnungen – unter nahen Angehörigen veräußert worden, kann die Vermietertätigkeit des Erwerbers und damit auch die Abzugsfähigkeit der damit zusammenhängenden Werbungskosten nur bejaht werden, wenn der Kaufvertrag hinsichtlich seiner Gestaltung oder seiner tatsächlichen Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (vgl. BFH, Urteil vom 28.6.2002, IX R 68/99, BFH-PR 2002, 417).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 15.10.2002, IX R 46/01