Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer 1983–1987
Nachgehend
Tenor
1. Die Körperschaftsteuerbescheide 1983 bis 1985 vom 14.5.1991 und die Körperschaftsteuerbescheide 1986 bis 1987 vom 24.4.1991 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 23.8.1993 werden aufgehoben.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob der Klägerin die Steuerfreiheit nach § 5 Abs. 1 Nr. 14 b Körperschaftsteuergesetz wegen übermäßiger Gewinnansammlung unter dem Gesichtspunkt des Gestaltungsmißbrauchs zu versagen ist.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform der Genossenschaft die Produktion und den Handel mit Rinder- und Schweinesperma. Steuererklärungen für die Streitjahre gab sie nicht ab. Nach einer 1989/1990 durchgeführten Außenprüfung auf deren Bericht vom 8.2.1991 einschließlich Anlagen Bezug genommen wird (Bl. 10 ff. des Sonderbandes für Betriebsprüfungsberichte), gelangte das Finanzamt zu der Auffassung, daß für den Prüfungszeitraum 1983 bis 1987 die Voraussetzungen für die Gewährung der Steuerfreiheit nicht erfüllt seien, weil die Klägerin ihre Überschüsse nicht ausgeschüttet, sondern zur Finanzierung von Daueranlagen verwendet habe. Das Finanzamt bezog sich dabei auf das Gutachten des Bundesfinanzhofs vom 8. September 1953 (Bundessteuerblatt III 1954, 38), wonach es für die Steuerbefreiung schädlich ist, wenn erzielte Überschüsse einer Genossenschaft nicht an die Mitglieder verteilt, sondern in erheblichem Umfang zur Bildung von Reserven zur Finanzierung des Anlagevermögens verwandt werden. Zur Auslegung des Gesetzes verweist das Finanzamt auf die ergangenen Verwaltungsvorschriften (Verfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt vom 27. März 1985 S 2734 a – 3 St II 13, Körperschaftsteuerkartei, Karte 3 zu § 5) wonach eine steuerschädliche Reservenbildung dann gegeben ist, wenn die Geschäftsanteile im gesamten Prüfungszeitraum weniger als 50 % des Anlagevermögens betragen und die Reserven 40 % der Bilanzsumme übersteigen. Im Streitfall ergab die vom Finanzamt nach diesen Kriterien vorgenommene Oberprüfung, daß die Genossenschaft in dem Prüfungszeitraum nicht die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit erfülle. Bei der Bewertung des Anlagevermögens legte das Finanzamt dabei die Teilwerte inklusive der auf die Gebäude und den Grund und Boden entfallenden stillen Reserven zugrunde. Aufgrund der Werte des vom amtlichen Bausachverständigen des Finanzamtes Gießen erstellten Gutachtens für 1992 ergab sich unter Berücksichtigung der auf die Gebäude und den Grund und Boden entfallenden stillen Reserven von rd. 3,3 Mio. DM ein Anlagevermögen von rd. 6 Mio. DM. Diesem Anlagevermögen standen Geschäftsanteile von rd. 2,2 Mio. DM in den Jahren 1982 und 1983 von rd. 1,7 Mio. DM in den Jahren 1984 bis 1987 gegenüber. Da die Geschäftsanteile im gesamten Prüfungszeitraum weniger als 50 % des so ermittelten Anlagevermögens betrugen und die Summe aller Rücklagen inklusiv stiller Reserven 40 % der Bilanzsumme überstiegen (hinsichtlich der rechnerischen Ermittlung wird auf Tz. 21 bis 26 des Betriebsprüfungsberichtes verwiesen) sah das Finanzamt darin einen Gestaltungsmißbrauch, aufgrund dessen die Steuerbefreiung nicht zu gewähren sei.
Durch Sammel-Körperschaftsteuerbescheid vom 14.5.1991, auf den Bezug genommen wird (Bl. 13 der Körperschaftsteuerakten) zog das Finanzamt die Klägerin erstmals zur Körperschaftsteuer heran und setzte die Körperschaftsteuer für 1983 in Höhe von 20.376,– DM für 1984 in Höhe von 14.500,– DM für 1985 in Höhe von 31.666,– DM für 1986 in Höhe von 12.843,– DM und für 1987 in Höhe von 9.606,– DM fest. Den Einspruch der Klägerin wies das Finanzamt durch Einspruchsentscheidung vom 23.8.1993 zurück. Mit der vorliegenden Klage wird die Aufhebung der Körperschaftsteuerbescheide 1983 bis 1987 und die Anerkennung der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 14 b Körperschaftsteuergesetz begehrt.
Die Klägerin ist der Ansicht, das ihr zur Verfügung stehende Vermögen habe keine die Steuerbefreiung zu versagende schädliche Höhe erreicht. Bei der Gegenüberstellung der Vermögenswerte habe das Finanzamt zu Unrecht die in den Grundstücken und Gebäuden enthaltenen stillen Reserven berücksichtigt. Nach dem sich aus dem Gutachten des BFH vom 8.9.1953 ergebenen Regelungszweck solle verhindert werden, daß Rücklagen angehäuft würden, indem Überschüsse im eigenen Vermögen gehalten und nicht an die Mitglieder ausgeschüttet würden. Es solle sichergestellt werden, daß durch die Ausschüttung bei den Empfängern die gewünschte Versteuerung zustande käme. Stille Reserven stünden aber bereits nach den grundlegenden gesetzlichen Vorschriften über das Verbot des Ausweises nicht verwirklichter Gewinne für die Ausschüttung nicht zur Verfügung und könnten demzufolge bei der Gegenüberstellung mit den Geschäftsanteilen und der Bilanzsumme auch nicht berücksichtigt werden. Da im Streitfall selbst bei Ausschüttung der Überschüsse ...