Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine verdeckte Gewinnausschüttung bei Aktivierung einer Schadenersatzforderung
Leitsatz (redaktionell)
Eine den Grundsätzen der ordnungsgemäße Buchführung entsprechende erfolgswirksame Aktivierung einer entstandenen Schadenersatzforderung gegen den Gesellschafter in der Bilanz der Kapitalgesellschaft schließt sowohl eine bilanzielle Vermögensminderung i.S.v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als auch einen Vermögensvorteil i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aus.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Streitjahr(e)
1992, 1993
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um das Vorliegen und die steuerliche Behandlung einer verdeckten Gewinnausschüttung.
Die Kläger sind Eheleute und wurden in den Streitjahren 1992 und 1993 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war Geschäftsführer der A-GmbH, an der er gleichzeitig zu 20 % als Gesellschafter beteiligt war. Gegenstand des Unternehmens der A-GmbH waren in den Streitjahren die Herstellung und der Vertrieb von Edelstahlerzeugnissen. Die Klägerin erzielte durch die Firma H Gastronomiebedarf, welche sie in Form eines Einzelunternehmens betrieb, u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Einzelfirma bezog Produkte der A-GmbH. Der Kläger bewirkte unstreitig, daß der Einzelfirma der Klägerin in den Jahren 1992 bis 1994 Rabatte gewährt wurden, die über den Rabatten zugunsten fremder Kunden der A-GmbH lagen. In diesem Zusammenhang wurde zwischen der A-GmbH und dem Kläger eine undatierte „Vergleichsvereinbarung” geschlossen, welche auch von der Klägerin unterschrieben wurde. Ferner wurde zwischen der A-GmbH und der Einzelfirma der Klägerin am 25.10.1994 eine weitere Vereinbarung geschlossen. Im Anschluß hieran stellte die A-GmbH an die Einzelfirma der Klägerin am 28.10.1994 „für Lieferungen und Leistungen im Zeitraum 01.01.1992 bis 31.12.1993” bzw. „für Lieferungen und Leistungen im Zeitraum 01.01.1994 bis 30.09.1994” jeweils eine Rechnung über 160.000 DM zuzüglich 24.000 DM Umsatzsteuer (gesamt: 184.000 DM) bzw. über 40.000 DM zuzüglich 6.000 DM Umsatzsteuer (gesamt: 46.000 DM).
Nachdem beim Beklagten zwei Kontrollmitteilungen des für die A-GmbH zuständigen Finanzamtes eingegangen waren, erließ er für 1993 am 29.05.1996 und für 1994 am 14.06.1996 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geänderte Einkommensteuerbescheide unter Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung als Einnahmen des Klägers aus Kapitalvermögen. Da sich im Rahmen dieser Änderungen der negative Gesamtbetrag der Einkünfte 1994 von ./. 55.517 DM auf ./. 9.517 DM reduziert hatte, erging gleichzeitig für 1992 ein nach § 10 d Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) geänderter Einkommensteuerbescheid.
Nach erfolglosem außergerichtlichen Vorverfahren ist streitig, ob die von den Vereinbarungen und Rechnungen erfaßten überhöhten Rabatte zuzüglich Umsatzsteuer als verdeckte Gewinnausschüttungen zu behandeln sind, mit der Folge, daß insoweit Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG beim Kläger zu erfassen sind.
Der erkennende Senat ist anläßlich der von den Klägern begehrten Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 1992 und 1993 mit Beschluß vom 20.11.1997 (2 V 2824/97) vom Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung ausgegangen. Demgegenüber hat der Bundesfinanzhof (BFH) auf die Beschwerde der Kläger hin eine solche verneint (BFH-Beschluß vom 14.07.1998 VIII B 38/98; BFHE 186, 379).
Die Kläger vertreten die Auffassung, daß eine verdeckte Gewinnausschüttung bereits wegen Fehlens einer Vermögensminderung ausscheide. Aufgrund der überhöhten Rabatte seien der GmbH ihnen gegenüber werthaltige, sowohl deliktisch als auch bereicherungsrechtlich begründete Ersatzansprüche entstanden. Solange auf diese Ersatzansprüche nicht verzichtet werde, liege keine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Die Ersatzansprüche glichen die durch die überhöhten Rabatte bedingte Vermögensminderung der A-GmbH vollständig aus, seien erfolgswirksam zu buchen und bestünden unabhängig von einer eventuellen Einlageverpflichtung des Klägers. Die Zahlung der Klägerin könne dabei nicht als Erbringung einer Einlageverpflichtung des Klägers gewertet werden, da diese zur Abwendung einer gegen sie persönlich gerichteten Schadenersatzforderung erbracht und somit nicht die Erhöhung der Werthaltigkeit der Anteile des Klägers im Vordergrund gestanden habe. Zudem gehe gerade auch der BFH im Streitfall vom Vorliegen einer Doppelerfassung aus. Unabhängig von einem Änderungsantrag nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 a Abgabenordnung (AO) bzw. § 35 b Gewerbesteuergesetz (GewStG) ergebe sich aus § 174 AO das Verbot einer Doppelberücksichtigung. Ferner fehle es am erforderlichen Zufluß, da die verbilligten Leistungen der Klägerin zugeflossen seien und weil für einen mittelbaren Zufluß beim Kläger als Anteilseigner jegliche Anhaltspunkte fehlten. Schließlich erfasse die angenommene verdeckte Gewinnausschüttung zu Unrecht die auf die Nachberechnung angesetzte Umsatzsteuer; insoweit liege keine Vermö...