rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Hinzurechnungsbesteuerung bei fehlender großer Auskunftsklausel
Leitsatz (redaktionell)
- Die Hinzurechnungsbesteuerung von Schweizer Zwischengesellschaften mit Einkünften aus Kapitalanlagecharakter verstößt nicht gegen die Kapitalverkehrsfreiheit im Sinne von Art. 56 EG-Vertrag.
- Es kommt nicht darauf an, ob sich die ohne große Auskunftsklausel fehlende Steueraufsicht im Einzelfall tatsächlich auf die Verifikation der Übereinstimmung der Feststellung des Hinzurechnungsbetrages mit den wahren Umständen ausgewirkt hat.
Normenkette
AStG § 7 Abs. 6a, §§ 18, 12; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20; DBA CHE Art. 27; EG-Vertrag Art. 56
Streitjahr(e)
2005, 2006
Tatbestand
Das vorliegende Klageverfahren betrifft die Frage der Hinzurechnungsbesteuerung hinsichtlich einer Minderheitsbeteiligung der Klägerin an einer Schweizer Aktiengesellschaft, die unter anderem Zinserträge erzielte.
Die Klägerin war im Jahr 2005 mit einem Anteil von 30 % an der B AG beteiligt. Die B AG ist eine in der Schweiz gegründete und ansässige Aktiengesellschaft, deren Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr entspricht. Die weiteren Aktionäre waren in der Schweiz ansässig. Die B AG erbrachte seit Gründung und auch im Jahr 2005 zum einen Dienstleistungen gegenüber Dritten, die nach Angaben der Klägerin in der Vermögensverwaltung von Privatpersonen, einschließlich Beratung im Zusammenhang mit Börsengängen, Unternehmenskäufen und Fusionen, Venture Capital und Private Equity im Zusammenhang mit Liegenschaftskäufen bzw. -verkäufen bestanden. Hieraus erzielte sie nach den jüngsten Angaben der Klägerin im Jahr 2005 Umsatzerlöse und weitere Erträge in Höhe von insgesamt rund Schweizer Franken (CHF) und nach Abzug der damit zusammenhängenden Aufwendungen einen Verlust in Höhe von umgerechnet 452 €.
Bei der Gründung waren Bareinlagen i.H.v. CHF in die B AG eingezahlt worden. Aus dem (jedenfalls) auch im Jahr 2005 noch vorhandenen Bankguthaben von rund CHF erzielte die B AG im Jahr 2005 Kapitalerträge („Zinserfolge”) i.H.v. CHF und nach Abzug damit zusammenhängender Aufwendungen einen Gewinn vor Steuern in Höhe von umgerechnet €. Insoweit schuldete und entrichtete die B AG schweizerische Gewinn- und Kapitalsteuern in Höhe von umgerechnet €. Hierzu wird im Einzelnen auf die berichtigte Feststellungserklärung vom 28.08.2012 nebst Anlagen (Bl. 34 ff. der Feststellungakten betreffend § 18 AStG) verwiesen, die am 06.09.2012 beim Beklagten einging.
Entsprechend der Angaben der Klägerin gelangte der Beklagte (das FA) zu der Ansicht, dass bei der Klägerin 30 % des sich aus den Zinseinnahmen und den damit zusammenhängenden Ausgaben ergebenden Gewinns der B AG der Hinzubesteuerung nach §§ 7 ff. AStG in der damaligen Fassung unterliege. Das FA erließ deshalb – unter Änderung des vorherigen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 18 AStG für das Wirtschaftsjahr 2005/Feststellungsjahr 2006 vom 27.10.2008 (Bl. 195 ff. FG-Akten) – den weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Änderungsbescheid vom 30.11.2012 (Bl. 212 ff. FG-Akten) und stellte darin zum Zuwendungszeitpunkt 01.01.2006 den Hinzurechnungsbetrag im Sinne des § 10 Abs. 1 AStG auf € (Zeile 46 des Bescheids) fest. Das FA ging dabei davon aus, dass die der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegenden – d.h. sog. passiven – Zinseinkünfte nach Abzug der schweizerischen Gewinn- und Kapitalsteuern insgesamt betrage und hiervon 30 % und somit € auf die Klägerin entfalle. Im Einzelnen wird zu dem Feststellungsbescheid vom 30.11.2012 auf die Akten verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 10.10.2012 beantragte die Klägerin unter dem Betreff „Antrag gemäß § 164 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO” den Feststellungsbescheid vom 30.11.2012 aufzuheben und begründete dies durch Hinweis auf eine dort anliegende „Begründung des Antrags … gemäß § 164 Abs. 2 Abs. 2 Satz 1 i.Vm. § 181 Abs. 1 S. 1 AO auf Aufhebung des Bescheids … vom 30. November 2012” der Kanzlei C damit, dass die Hinzurechnungsbesteuerung gegen die Unionsrecht und Verfassungsrecht verstoße (Bl. 216 ff. FG-Akten).
Mit Bescheid vom 30.06.2014 lehnte das FA die Aufhebung der Feststellung des Hinzurechnungsbetrags ab (Bl. 217 FG-Akten), weil die Voraussetzungen für eine Aufhebung nicht gegeben seien. Gegen die Ablehnung der Aufhebung des Feststellungsbescheids legte die Klägerin Einspruch ein (Bl. 218 ff. FG-Akten). Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 18.12.2014 (Bl. 225 ff. FG-Akten) als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
Die Klägerin macht mit ihrer Klage im Kern dieselben unionsrechtlichen und verfassungsrechtlichen Gründe für die Rechtswidrigkeit der Bescheide wie im zwischen den hiesigen Beteiligten geführten und am 05.06.2020 gemeinsam mündlichen verhandelten Parallelverfahren 4 K 90/15 geltend. Insbesondere verstoße die Hinzurechnungsbesteuerung gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, ...