rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachträgliche Gewährung von Kindergeld trotz vorangegangener Aufhebung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Aufhebung eines Kindergeldbescheides aufgrund einer Prognoseentscheidung betreffend die voraussichtlichen Einkünfte und Bezüge des Kindes steht einer nachträglichen Überprüfung und Gewährung von Kindergeld nicht entgegen.
  2. Die Bestandskraft von Kindergeldbescheiden bezieht sich nur auf abschließend geprüfte Sachverhalte.
 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4, § 70

 

Streitjahr(e)

2003, 2004

 

Tatbestand

Der Kläger ist der Vater des 1984 geborenen Sohnes A und der 1988 geborenen Tochter N . Streitig ist das Kindergeld für den Sohn A ab Januar 2003 aufgrund des folgenden Sachverhalts:

Der Sohn des Klägers hat im August 2001 eine Ausbildung zum Industriemechaniker begonnen. Nachdem er im Mai 2002 sein 18. Lebensjahr vollendet hatte, kam die Beklagte (die Familienkasse) nach Auswertung der aktuellen Ausbildungsbescheinigung im Juli 2002 zu dem Ergebnis, dass die von A im Jahr 2002 zu erwartende Ausbildungsvergütung voraussichtlich nicht den anteiligen Jahresgrenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) überschreiten werde. Dagegen ergab die Berechnung seiner voraussichtlichen Einkünfte und Bezüge für das Jahr 2003 ein Überschreiten des Jahresgrenzbetrages. Die Familienkasse stellte daher die Kindergeldzahlungen für A ab Januar 2003 ein.

Nach Ablauf des Jahres 2002 hat die Familienkasse die in diesem Jahr von A bezogenen Einkünfte und Bezüge erneut überprüft. Diese Prüfung erstreckte sich über einen längeren Zeitraum und wurde mit dem Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 06.05.2004 abgeschlossen. In diesem Bescheid hat die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für A ab Juni 2002 aufgehoben und die Kindergeldzahlungen für den Zeitraum Juni bis Dezember 2002 in Höhe von 1.078,-- EUR zurückgefordert. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger keinen Rechtsbehelf eingelegt.

Nach Bekanntwerden des Beschluss vom 11.01.2005 (2 BvR 167/02), in dem das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass bei der Ermittlung der kindergeldschädlichen Einkünfte und Bezüge gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG die vom Kind geleisteten Sozialversicherungsbeiträge abgezogen werden können, hat der Kläger unter Bezugnahme auf diese Entscheidung mit Schreiben vom 14.07.2005 für seinen Sohn A einen Antrag auf Zahlung von Kindergeld ab Januar 2003 gestellt. Auf diesen Antrag hat die Familienkasse mit Bescheid vom 12.10.2005 Kindergeld für die Zeit von Juni 2004 bis Januar 2005 (dem Ausbildungsende des Sohnes) festgesetzt und die Ablehnung der Kindergeldzahlung für 2003 und einen Teil des Jahres 2004 damit begründet, dass für diesen Zeitraum eine bestandskräftige Aufhebung der Kindergeldfestsetzung (Bescheid vom 06.05.2004) vorlege. Den dagegen eingelegten Einspruch hat die Familienkasse mit Entscheidung vom 02.11.2005 als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vorliegende Klage.

Zur Begründung der Klage trägt der Kläger vor, die Entscheidung vom 06.05.2004 habe nur die Kindergeldfestsetzung für das Jahr 2002 betroffen. Eine endgültige Entscheidung über seine Berechtigung zum künftigen Bezug des Kindergeldes für seinen Sohn A enthält dieser Bescheid nicht. Er sei daher nicht gehindert gewesen, im Jahr 2005 einen Antrag auf Kindergeld für die Jahre 2003 und 2004 zu stellen, zumal bei Ergehen des Bescheids vom 06.05.2004 noch gar keine endgültige Entscheidung über seinen Kindergeldanspruch für das Jahr 2004 habe getroffen werden können. Zudem habe A seinen Einkommensteuerbescheid für 2003 erst nach Ergehen des Aufhebungsbescheids erhalten. Wenn die Familienkasse diese Umstände unberücksichtigt lasse, setze sie sich in Widerspruch zum Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. November 2001 (VI R 125/00, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2002, 296) und zum Erlass des Bundesamtes für Finanzen vom 17. Juni 2005, BStBl I 2005, 800).

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Kindergeldfestsetzung vom 12.10.2005 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 02.11.2005 mit der Maßgabe zu ändern, Kindergeld für den Sohn A auch für die Zeit von Januar 2003 bis Mai 2004 festzusetzen.

Die Familienkasse beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertritt, wie bereits im außergerichtlichen Verfahren, die Auffassung, mit dem Bescheid vom 06.05.2004 sei die Kindergeldfestsetzung für den Sohn A mit Wirkung ab Juni 2002 aufgehoben worden. Nach der Rechtsprechung des BFH erwachse eine Entscheidung der Familienkasse, mit der eine Kindergeldfestsetzung aufgehoben werde, in Bestandskraft. Dies habe zur Folge, das Kindergeld aufgrund eines neuerlichen Antrags rückwirkend nur ab dem auf die Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides folgenden Monats bewilligt werden könne (BFH-Urteil vom 25. Juli 2001 VI R 164/98, BstBl II 2002, 89). Der weitergehende Antrag des Klägers sei daher unbegründet.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet. Dem Gericht hat bei seiner Entscheidung ein Band Kindergeldakten für ...

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