Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis des niedrigeren Verkehrswertes bei der Bedarfsbewertung von Grundstücken
Leitsatz (redaktionell)
- In die Jahresmiete nach § 146 Abs. 2 Satz 2 BewG sind die Betriebskosten nach § 27 Abs. 1 der Zweiten Berechnungsverordnung nicht mit einzubeziehen.
- Der Nachweis für den niedrigeren Verkehrswert des Grundstücks gem. § 146 Abs. 7 BewG ist regelmäßig durch ein Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken bzw. durch einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag zustande gekommenen Kaufpreises über das zu bewertende Grundstück zu führen.
- Eine Schätzungsurkunde des Ortsgerichts ist für den Nachweis des niedrigeren Verkehrswertes gem. § 146 Abs. 7 BewG ungeeignet.
Normenkette
BewG § 46 Abs. 2 Nr. 2, § 146 Abs. 2, § 138 Abs. 5, § 146 Abs. 7; Zweite BerechnungsVO § 27 Abs. 1
Streitjahr(e)
1997
Tatbestand
Die Klägerin hat von ihrem am 16.10.1997 verstorbenen Mann u. a. die Hälfte des in der A-straße in B belegenen Grundstücks geerbt. Die Beteiligten streiten über die Bewertungs dieses Grundstücksteils für die Erbschaftsteuer der Klägerin. Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Ehemann der Klägerin und sein Bruder, dem die andere Grundstückshälfte gehört hat, waren gemeinsam Gesellschafter der C OHG (OHG), zu deren Betriebsvermögen das Geschäftsgrundstück gehört hat. 1981 hat sich die OHG in eine Betriebs-GmbH und eine Besitzgesellschaft aufgespalten. In diesem Zusammenhang hat die OHG das Grundstück an die C-GmbH (GmbH), die Betriebsgesellschaft, vermietet. Am 02.01.1990 haben die beiden Gesellschafter das Grundstück in ihr Privatvermögen entnommen, es aber gleichzeitig weiter an die GmbH vermietet, und zwar zunächst fest für einen Zeitraum von 10 Jahren. Zuvor hatte die OHG als Grundstückseigentümerin mit notariellem Vertrag vom 14.12.1989 den Herren D und E, den Geschäftsführern der GmbH, bezüglich des Geschäftsgrundstücks ein Kaufangebot gemacht, das frühestens zum 31.12.1999 angenommen werden konnte. Der Kaufpreis für das Grundstück war mit 345.000,-- DM angegeben, aber wegen der langen Optionsfrist mit einer Index-Klausel versehen. Auf den Vertragsinhalt wird Bezug genommen (Bl. 53 ff. FG-A). Dieses Angebot haben die Geschäftsführer der GmbH zu Lebzeiten des Ehemannes der Klägerin nicht angenommen.
Nachdem der Beklagte (das Finanzamt) vom zuständigen Erbschaftsteuerfinanzamt zur Feststellung des Grundbesitzwertes für das Grundstück zum 16.10.1997 aufgefordert worden war, hat es den Grundbesitzwert unter Auswertung der ihm genannten Mieten für die letzten 3 Jahre auf 618.000,-- DM festgestellt und der Klägerin den halben Anteil von 309.000,-- DM zugerechnet. Gegen den Feststellungsbescheid vom 19.01.1999 hat die Klägerin Einspruch eingelegt und nach dessen Zurückweisung die vorliegende Klage erhoben.
Zur Begründung der Klage vertritt die Klägerin die Auffassung, der Wert des Grundstücks sei mit dem niedrigeren Verkehrswert zu erfassen, § 146 Abs. 7 Bewertungsgesetz (BewG). Dieser ergebe sich aus dem im Kaufangebot vom 14.12.1989 genannten Wert zuzüglich der bis zum 31.12.1998 um 24,15 v. H. gestiegenen Lebenshaltungskosten. Daraus ergebe sich ein Verkehrswert für das ganze Grundstück von 428.317,-- DM.
Den Einwand des Finanzamts, der von der Klägerin genannte Wert könne schon deswegen nicht für die Feststellung des Grundbesitzwertes maßgebend sein, weil zwischen dem Angebot und der Annahme des Vertrages 10 Jahre lägen und damit keine aktuelle Kaufpreisfindung stattgefunden habe, haben die Klägerin und ihr Schwager zum Anlaß genommen, das Grundstück mit notariellem Vertrag vom 07.02.2000 zum Preis von 430.746,25 DM zu verkaufen. Erwerber des Grundstücks sind die Ehefrauen der Geschäftsführer der GmbH je zur ideellen Hälfte. Der Kaufpreis für das Grundstück ist in Anlehnung an den Vertrag vom 14.12.1989 unter Berücksichtigung der gestiegenen Lebenshaltungskosten bis zum Zeitpunkt des Kaufvertrages errechnet worden. Auf den Wortlaut des Vertrags vom 07.02.2000 (Blatt 31 ff FG-A) wird Bezug genommen. Die Klägerin hat daraufhin beantragt, diesen Kaufpreis der Feststellung des Grundbesitzwertes zugrunde zu legen.
Im Anschluß an ein Telefonat des Berichterstatters mit dem Prozeßbevollmächtigten hat die Klägerin mit Schreiben vom 05.09.2000 eine “Schätzungsurkunde” des Ortsgerichts B I vom 30.08.2000 vorgelegt, auf die Bezug genommen wird (Blatt 73 ff FG-A). In dieser Urkunde errechnet das Ortsgericht für den Mai 2000 einen Verkehrswert des Grundstücks von 525.569,-- DM.
Die Klägerin hält diesen Wert im vorliegenden Bewertungsverfahren nicht für maßgebend, sondern leitet aus ihm nur ab, daß der Verkehrswert des Geschäftsgrundstücks niedriger sei als vom Finanzamt festgestellt. Maßgebend für die Wertermittlung des Grundstücks sei allein der im freien Rechtsverkehr erzielte Kaufpreis von 430.776,-- DM. Dabei sei au...