Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Auskunft über die steuerliche Behandlung eines Konkurrenten
Leitsatz (redaktionell)
- Begehrt jemand von der Finanzbehörde Auskunft darüber, ob ein Dritter zu einer Steuer herangezogen wird, so ist der Dritte zu dem finanzgerichtlichen Verfahren notwendig beizuladen.
- Ein Steuerpflichtiger hat einen Auskunftsanspruch im Hinblick auf die Besteuerung eines Konkurrenten unbeschadet des Steuergeheimnisses, wenn er substantiiert und glaubhaft darlegt, dass er konkret feststellbare durch Tatsachen belegte Wettbewerbsnachteile erleidet und mit Aussicht auf Erfolg ein subjektives öffentliches Recht auf steuerlichen Drittschutz geltend machen kann.
- Bei § 4 Nr. 14 UStG handelt es sich nicht um eine drittschützende Norm.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 14; GG Art. 12; AO § 30; ZPO § 254
Streitjahr(e)
2006, 2007, 2008, 2009, 2010, 2011, 2012
Tatbestand
Der Kläger begehrt vom Beklagten Auskunft darüber, wie die Umsätze der Beigeladenen besteuert wurden. Insbesondere wird Auskunft über die Anwendung des § 4 Nr. 14 UStG in den Jahren 2006 bis 2012 verlangt. Ferner begehrt der Kläger nach der erteilten Auskunft eventuell erlassene, noch näher zu bezeichnende Umsatzsteuerbescheide der Beigeladenen aufzuheben und/oder zu ändern und/oder noch näher zu bezeichnende Umsatzsteuerbescheide zu erlassen.
Der Kläger ist niedergelassener Facharzt für Augenheilkunde in A und auf dem Gebiet der Augenlaserbehandlung operativ tätig. Er sieht die Beigeladene als Konkurrentin an. Diese habe bis mindestens 2012 ihre Augenlaserbehandlungen als umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 14 UStG abgerechnet. Dazu wurde eine im Übrigen geschwärzte Rechnung der Beigeladenen ohne Umsatzsteuerausweis vorgelegt und im Rahmen der Klagebegründung unter Benennung des Geschäftsführers der Beigeladenen als Zeugen behauptet, dass weder Gesellschafter noch Angestellte der Beigeladenen Ärzte seien, was seitens der Beigeladenen unwidersprochen blieb.
Mit Schreiben vom 11. Januar 2016 beantragte der Kläger die begehrte Auskunft beim Beklagten. Mit Schreiben vom 19. Januar 2016 wurde eine Auskunftserteilung vom Beklagten abgelehnt. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 22. Februar 2016 Einspruch ein. Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 22. April 2016 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, dass einer Auskunft das Steuergeheimnis nach § 30 AO entgegenstehe, dass eine Auskunft ohnehin nur bei einer Konkurrenzsituation zu öffentlichen Einrichtungen, die hier nicht gegeben sei, in Betracht komme, dass keine Wettbewerbsnachteile seitens des Klägers dargelegt seien und dass § 4 Nr. 14 UStG keine drittschützende Norm sei.
Dagegen erhob der Kläger am 25. Mai 2016 Klage beim Hessischen Finanzgericht.
Mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip und das Grundrecht der Berufsfreiheit sei der Beklagte nach Auffassung des Klägers verpflichtet, einem Steuerpflichtigen eine Auskunft zu erteilen, wenn diese für ihn unerlässlich ist, um seine Rechte unter zumutbaren Bedingungen effektiv wahrzunehmen. Dazu gehöre die Auskunftserteilung gegenüber einem Steuerpflichtigen, der substantiiert und glaubhaft darlegt, durch eine aufgrund von Tatsachen zu vermutende oder zumindest nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszuschließende unzutreffende Besteuerung (bzw. Nichtbesteuerung) eines Konkurrenten konkret feststellbare, ebenfalls durch Tatsachen belegte Wettbewerbsnachteile zu erleiden und gegen die betreffende Steuerbehörde mit Aussicht auf Erfolg ein subjektives öffentliches Recht auf steuerlichen Drittschutz geltend machen zu können. Der Kläger stehe bereits aufgrund der räumlichen Nähe zur Beigeladenen in einem Konkurrenzverhältnis, die – weil der abrechnende Unternehmer eine entsprechende Befähigung besitzen müsse – nicht dem Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 4 UStG unterliege, jedoch entsprechend abrechne. Es müssten die Gesellschafter der GmbH oder deren Angestellte über die einschlägigen Qualifikationen verfügen. Die Erbringung ärztlicher Leistungen durch Dritte, die weder Gesellschafter noch Angestellte einer GmbH sind, erfülle die notwendigen Bedingungen zur Anwendung der Norm nicht. Es komme auch nicht darauf an, ob § 4 Nr. 14 UStG drittschützend ist, auch wenn der Auffassung des Beklagten, es handele sich bei § 4 Nr. 14 UStG nicht um eine drittschützende Norm, entgegengetreten werde.
Der Kläger beantragt,
den Ablehnungsbescheid vom 19.01.2016 in Gestalt der Einspruchs-entscheidung vom 22.04.2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen:
ob und wenn ja, unter welchen Daten und unter welchen Akten-zeichen (Steuernummern) gegen die B GmbH Umsatzsteuerbescheide über die Zeiträume 2006 - 2012 ergingen,
ob und wenn ja, wann Umsatzsteuerbescheide für die Zeiträume 2006 - 2012 bestandskräftig wurden,
ob aufgrund der Regelung des § 4 Nr. 14 UStG keine Umsatzsteuer von der B erhoben wurde,
dem Beklagten nach erteilter Auskunft zu verurteilen, gegen die B GmbH erlassene, noch näher z...