rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Fahrtkosten Behinderter als außergewöhnliche Belastung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die von der Finanzverwaltung getroffene typisierende Verwaltungsregelung, wonach bei einem Grad der Behinderung von mehr als 80% ohne Einzelnachweis 3000 km mit einem Kilometersatz von 0,52 DM für Privatfahrten als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen sind, stellt eine vertretbare Schätzung der einem Behinderten gegenüber einem nicht Behinderten erwachsenen höheren Fahrtkosten dar.
  2. Geh- und Stehbehinderte mit dem Merkzeichen G können einen höheren Aufwand als außergewöhnliche Belastung nur dann geltend machen, wenn sie die Außergewöhnlichkeit (§ 33 Abs. 1 EStG) und Zwangsläufigkeit (§ 33 Abs. 2 EStG) der durch die Behinderung bedingten Mehrfahrten und Mehrkosten darlegen und nachweisen.
 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 1-2, § 33b

 

Streitjahr(e)

1999

 

Tatbestand

Der zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer (ESt) veranlagte Kläger machte in der ESt-Erklärung für 1999 Fahrtkosten für den Gebrauch seines Pkw sowie seines Motorrollers in Höhe von 8.139,40 DM als außergewöhnliche Belastungen geltend. Der Kläger ist körperbehindert; seine Minderung der Erwerbsfähigkeit beträgt 90 v. H.. Im Behindertenausweis ist das Merkzeichen “G” eingetragen. Die nach seinen Darlegungen durch die Körperbehinderung bedingten Fahrten betrugen im Streitjahr mit dem Pkw 13.655 Kilometer (km) und mit dem Motorroller 3.710 km. Für die Kostenberechnung legte der Kläger pauschale Kilometersätze von 0,52 DM bzw. 0,28 DM zugrunde. Zum Nachweis der durchgeführten Fahrten legte der Kläger für die Monate Mai bis Juli 1999 Aufstellungen vor, in denen der Kilometerstand des Pkw nach Rückkehr, Streckenangaben sowie gefahrene Kilometer eingetragen sind. Unter der Rubrik “Streckenangaben” trug der Kläger den jeweiligen Zielort ein oder vermerkte “Nahbereich” bzw. “Stadtgebiet-Nahbereich”. Der jeweilige Fahrtzweck war nicht angegeben.

Der Beklagte erkannte lediglich die Fahrtkosten für 3000 km in Höhe des Pauschalsatzes von 0,52 DM je Km als außergewöhnliche Belastung an und setzte mit Bescheid vom 24.3.2000 die ESt in Höhe von ... DM fest.

Nach erfolglosem Rechtsbehelfsverfahren hat der Kläger Klage erhoben.

Er trägt vor, die durch seine Behinderung bedingten Privatfahrten seien vom Beklagten seit dem Jahr 1995 anerkannt worden. Der vom Hessischen Minister der Finanzen herausgegebene “Steuerwegweiser für Behinderte” führe aus, daß eine höhere Fahrleistung als 3000 Kilometer anerkannt werden könne, wenn die Fahrten durch die Behinderung verursacht seien und dies auch nachgewiesen werde. Da er wegen seiner fortschreitenden Behinderung nur eine Gehstrecke von 100 - 150 Metern bewältigen könne, sei seine Mobilität nur durch die Benutzung seines Pkw sowie des Motorrollers gewährleistet. Alle erklärten Fahrten seien behinderungsbedingt erforderlich gewesen. Auf die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 14.6.2000 wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 19.5.2000 den ESt-Bescheid für 1999 vom 24.3.2000 dahingehend zu ändern, daß bei den außergewöhnlichen Belastungen weitere Fahrtkosten in Höhe von 6.579,00 DM berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er betrachtet die vom Kläger geltend gemachten Fahrtkosten lediglich bis zur Höhe einer jährlichen Gesamtstrecke von 3000 km als zwangsläufig im Sinne des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Höhere Fahrtaufwendungen könnten nur bei Personen, die außergewöhnlich gehbehindert sind, anerkannt werden. Zu diesem Personenkreis gehöre der Kläger aber nicht. Auf den Schriftsatz des Beklagten vom 7.8.2000 wird im übrigen Bezug genommen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Dem Senat haben die einschlägigen ESt-Akten des Beklagten vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat in zutreffender Weise nur Fahrtkosten für insgesamt 3000 km als außergewöhnliche Belastungen anerkannt.

Nach der herrschenden Auslegung der §§ 33 und 33b EStG können Behinderte, namentlich Gehbehinderte, unter bestimmten Voraussetzungen Pkw-Kosten, die nicht Werbungskosten oder Betriebsausgaben sind, neben dem nach dem Grad der Behinderung gestaffelten Behinderten-Pauschbetrag als außergewöhnliche Belastung abziehen (vgl. Schmidt, EStG, Kommentar, 18. Aufl., § 33 Anm. 35 “Fahrtkosten Behinderter”).

Bei einem Grad der Behinderung von mindestens 80 v. H können die Kosten für durch die Behinderung veranlaßte Privatfahrten als außergewöhnliche Belastung steuerlich abgesetzt werden. Ohne Einzelnachweis kann dabei ein Aufwand für Privatfahrten von 3000 km im Jahr, bei einem Kilometersatz im Streitjahr von 0,52 DM also ein Betrag von 1.560,00 DM anerkannt werden.

Diese von der Finanzverwaltung mit Schreiben des Bundesministers der Finanzen - BMF vom 29.04.1996 (Bundessteuerblatt - BStBl I 1996, 446) getroffene typisierende Verwaltungsregelung, die der Beklagte im Streitfall...

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