rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Reisekoffer bei ausschließlicher beruflicher Nutzung als Werbungskosten abzugsfähig
Leitsatz (redaktionell)
Wird ein Reisekoffer ausschließlich beruflich genutzt, greift das Aufteilungsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht ein.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1 S. 2
Streitjahr(e)
2004
Tatbestand
Der Kläger ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und erzielt im Wesentlichen als Vorstandsmitglied einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Im Rahmen der Steuererklärung 2004 machte er - soweit im gerichtlichen Verfahren streitig – Aufwendungen für zwei Koffer in Höhe von insgesamt 1.056,- € als Werbungskosten geltend.
Mit Einkommensteuerbescheid vom 20.04.2006, der aus hier nicht interessierenden Gründen mit Bescheid vom 05.07. 2006 geändert wurde, erkannte das Finanzamt diese Aufwendungen nicht an, da eine leichte und einwandfreie Trennung zu den Lebensführungskosten nicht möglich sei (Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Einkommensteuergesetz - EStG -).
Hiergegen legte der Kläger Einspruch mit der Begründung ein, dass er als Vorstandsmitglied eines globalen Konzerns im Veranlagungszeitraum mehr als 1 Million Flugmeilen zurückgelegt habe. Er habe damit zwangsläufig einen größeren Bedarf (und Verschleiß) an Koffern als der Normalbürger. Er besitze insgesamt 9 Reisekoffer. Insoweit seien 3 ausschließlich für berufliche Zwecke bestimmt. Er benötige jeweils unterschiedliche Koffergrößen für 2- und 4- Tagesreisen sowie für Reisen von 1 Woche und mehr. Eine ausschließliche berufliche Nutzung sei gewährleistet.
Mit Einspruchsentscheidung vom 03.07.2006 folgte das Finanzamt dem nicht und nahm Bezug auf eine Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg vom 17.1.1972, EFG 1972, 329, wonach es sich bei der Anschaffung eines „normalen” Koffers, der auch dem Transport von Reiseutensilien dient, um nicht abzugsfähigen Mischaufwand handelt.
Hiergegen hat der Kläger, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigten, Klage erhoben, mit der er sein Ziel unter Wiederholung und Vertiefung seines außergerichtlichen Vorbringens weiterverfolgt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter hat der Kläger erneut bekräftigt, dass die Koffer ausschließlich beruflich genutzt würden.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 03.07.2006 dahingehend abzuändern, dass weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 1.056,-- € in Ansatz gebracht werden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Vertreter des beklagten Finanzamtes geht nach den Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung nunmehr auch davon aus, dass die Koffer ausschließlich beruflich verwendet wurden. Eine Abzugsfähigkeit der Anschaffungskosten als Werbungskosten sei gleichwohl nicht möglich, da der in den Koffern mitgeführte Inhalte rein privater Natur sei.
Wegen Einzelheiten des jeweiligen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die einschlägigen Steuerakten haben dem Gericht vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die für die beiden Koffer aufgewandten 1.056,-- € stellen Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 EStG dar. Danach sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Wie aufgrund der Darstellung des Klägers in der mündlichen Verhandlung nunmehr zwischen den Beteiligten unstreitig ist, wurden die hier streitgegenständlichen Koffer ausschließlich für berufliche Zwecke angeschafft und genutzt.
Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Finanzamtes handelt es sich auch nicht um Kosten der Lebensführung, die gemäß § 12 Nr. 1 S. 2 EStG wegen des Aufteilungs- und Abzugsverbots nicht abzugsfähig wären (so genannte gemischte Aufwendungen). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) dient dieses Aufteilungs- und Abzugsverbot der steuerlichen Gerechtigkeit. Er soll verhütet werden, dass Steuerpflichtige durch eine mehr oder weniger zufällige oder bewusst herbeigeführte Verbindung von beruflichen und privaten Erwägungen Aufwendungen für ihre Lebensführung nur deshalb zum Teil in den einkommensteuerlich relevanten Bereich verlagern können, weil sie einen entsprechenden Beruf haben, während andere Steuerpflichtige gleichartige Aufwendungen aus versteuerten Einkünften decken müssen. Die Vorschrift will weiter im Interesse der steuerlichen Gerechtigkeit verhüten, dass solche Aufwendungen als vom Steuerpflichtigen durch den Betrieb veranlasst dargestellt werden, ohne dass für das Finanzamt die Möglichkeit besteht, diese Ausgaben nachzuprüfen und die tatsächliche berufliche oder private Veranlassung festzustellen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass, wenn einmal eine der Lebensführung dienende Aufwendung vorliegt, die gleichzeitige Förderung des Berufs nicht beachtet wird (BFH-Beschluss vom 19.10.1970, GrS 2/70, BStBl. II 1971, 17; seitdem ständige Rechtsprechung).
Vorliegend steht aufgrund ...