Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Zuordnung und zum Zufluss von abgetretenen Einnahmen als Aufsichtsratsmitglied
Leitsatz (redaktionell)
- Die umsatzsteuerrechtlichen Kriterien für die Einordnung eines Aufsichtsratsmitglieds als Unternehmer gemäß § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes sind für die ertragsteuerrechtliche Zurechnung von Einkünften im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht maßgeblich (Leitsatz BFH, Beschluss vom 08.08.2023 VIII B 72/22)
- Die Abtretung von Vergütung für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied ist Einkommensverwendung; beim alten Gläubiger sind Einnahmen aus dem abgetretenen Vergütungsanspruch mit Zufluss beim neuen Gläubiger zu erfassen.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 3, § 11 Abs. 1 S. 1; UStG § 2 Abs. 1
Streitjahr(e)
2020
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheides 2020 sowie der Festsetzungen der Einkommensteuervorauszahlungen für 2021, 2022 und weitere Jahre im Hinblick auf eine Vergütung des Klägers für eine Tätigkeit als A.
Der Kläger ist u.a. als A der B tätig.
Mit Datum vom 19.05.2019 unterzeichnete der Kläger eine Abtretungserklärung (Blatt 75 Gerichtsakte), mit der er seine Ansprüche auf finanzielle Aufwandsentschädigung für seine Tätigkeit im A der B in D an seine Frau abtrete. Mit den abgetretenen Mitteln solle deren selbständige Tätigkeit als qualifizierte Betreuung in der Kindertagespflege gefördert und unterstützt werden.
Der Kläger gab eine Einkommensteuererklärung für 2020 ab (Hefter), in der er Einnahmen aus einer nebenberuflichen selbständigen Tätigkeit als A in Höhe von … € erklärte. Davon seien … € als steuerfrei zu behandeln.
Mit Datum vom 20.08.2021 (Blatt 38 ff. Hefter) erging ein Einkommensteuerbescheid für 2020, dem die klägerseits für die A erklärten Werte zugrunde gelegt wurden, d. h. Einkünfte aus anderer selbständiger Tätigkeit in Höhe von … € erfasst wurden. Die Einkommensteuer wurde auf … € festgesetzt. Zugleich wurden für die Quartale bis Dezember 2021 und ab 2022 und weitere Jahre Vorauszahlungen für Einkommensteuer von jeweils … € pro Quartal festgesetzt.
Gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 und die Festsetzungen der Vorauszahlungen für die Einkommensteuer Jahre legte der Kläger Einspruch (Blatt 1 f. Hefter) ein. Der Kläger sei im vergangenen Jahr unverschuldet infolge der Maßnahmen von Bund und Ländern im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie von Kurzarbeit mit erheblichen Gehaltseinbußen von monatlich z.T. 40 % und im Jahresdurchschnitt von 13,49 % betroffen gewesen. Es werde zudem um Prüfung gebeten, ob und inwieweit zu Gunsten des Klägers noch Steuererstattungsansprüche für 2014 und 2015 bestünden. Die Steuerguthaben 2014 und 2015 seien erst verspätet im September 2018 zurückgezahlt worden. Auf der Grundlage der Entscheidungen 2 K 1288/15 und 2 K 487/18 sei der jeweilige Erstattungsanspruch zwar ausgezahlt worden, eine Verzinsung gem. § 238 Abgabenordnung (AO) jedoch nicht erfolgt. Es werde insofern ggf. vorsorglich eine Aufrechnung mit eigenen Ansprüchen (§ 226 AO) erklärt, die infolge der Rechtshängigkeit bei Gericht noch nicht verjährt seien (§ 228 AO).
Der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 wurde durch Einspruchsentscheidung vom 21.12.2021 als unzulässig verworfen (Blatt 14 ff. Vollstreckungsakten), weil der Kläger nicht beschwert sei. Die Beschwer könne sich nur aus dem angefochtenen Verwaltungsakt ergeben. Eine solche liege nicht vor, was weiter ausgeführt wird.
Der Einspruch bzgl. der Einkommensteuervorauszahlungsbescheide 2021, 2022 und ff. wurde durch Einspruchsentscheidung ebenfalls vom 21.12.2021 (Blatt 17 ff. Gerichtsakte) zurückgewiesen. Die Festsetzung der Vorauszahlungen sei rechtmäßig, was weiter ausgeführt wird.
Gegen die Bescheide vom 20.08.2021 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 21.12.2021 richtet sich die vorliegende Klage.
Der Kläger wiederholt, ergänzt und vertieft sein Vorbringen im gerichtlichen Verfahren dahin, dass die Einspruchsentscheidungen vor dem Hintergrund der vorgelegten Abtretungserklärung aufzuheben bzw. abzuändern und die Steuerbeträge um die als Einkünfte aus der Tätigkeit als A erfassten Beträge zu mindern seien. Die Abtretung der Ansprüche auf Aufwandsentschädigung habe insoweit steuerliche Relevanz habe, als eine Nichtberücksichtigung dieser Einkünfte das zu versteuernde Einkommen reduziere und somit für den Kläger eine geringere Steuerlast anfalle. Einkünfte, die – wie vorliegend aufgrund der Abtretung der Ansprüche - nicht erzielt worden seien, seien nicht zu versteuern.
Zudem hätten auf die Einkünfte aus der A auch Dritte Ansprüche erhoben. Insofern werde auf das Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 18.12.2018 mit dem Aktenzeichen 4 U 86/18 verwiesen.
Infolge der Urteile des EuGH vom 13.06.2019 (C-420/19) und des BFH vom 27.11.2019 (Az.: V R 23/19, V R 62/17) sei zudem die Rechtsauffassung zur umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft von A geändert worden. Während die...