rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufrechnung gegen den Umsatzsteuererstattungsanspruch eines Insolvenzschuldners
Leitsatz (redaktionell)
- Eine Aufrechnung durch das Finanzamt mit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Steuerforderungen mit den auf dem Vorsteuerabzug aus der Insolvenzverwaltertätigkeit beruhenden Umsatzsteuererstattungsansprüchen ist möglich. Dabei ist unbeachtlich, dass es sich bei der Insolvenzverwaltervergütungen einschließlich der darauf entfallenden Umsatzsteuer um einen gegen die Masse gerichteten Anspruch handelt.
- Die umsatzsteuerrechtliche Verknüpfung zwischen der Steuerschuld des Leistenden und dem Vorsteuerabzugsanspruch des Leistungsempfängers hat nicht zur Folge, dass auch insolvenzrechtlich die zu entrichtende bzw. in Rechnung gestellte Umsatzsteuer und die abzugsfähige Vorsteuer zwingend in jeder Hinsicht gleich zu behandeln, d.h. derselben Vermögensmasse (Konkursforderung, Masseanspruch oder konkursfreie Forderung) zuzuordnen sind.
Normenkette
InsO § 96 Abs. 1 Nr. 1; AO § 226; UStG §§ 15, 18
Streitjahr(e)
2007
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Aufrechnung der Finanzbehörde gegen den Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch einer Insolvenzschuldnerin, der aus der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs wegen der Leistungen eines vorläufigen Insolvenzverwalters herrührt. Mit Beschluss vom 03.05.2004 bestellte das Amtsgericht den Kläger als vorläufigen Insolvenzverwalter der A, legte dieser nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 Var. 1 InsO ein allgemeines Verfügungsverbot auf und stellte klar, dass damit die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der A auf den Kläger überging. Ferner beauftragte es den Kläger, als Sachverständiger zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und welche Aussichten für die Fortführung des Unternehmens der A bestehen und ob das vorhandene Vermögen die Kosten des Verfahrens decken wird. Das Insolvenzverfahren wurde daraufhin am 01.08.2004 eröffnet und der Kläger als Insolvenzverwalter bestellt. Unter dem 16.02.2005 stellte dieser der A seine vom Insolvenzgericht festgesetzte Vergütung für die vorläufige Insolvenzverwaltung nebst Auslagen in Höhe von insgesamt 15.930,49 Euro zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung. Auf den Inhalt dieser Rechnung wird Bezug genommen (Bl. 47 der Klageakte). Am 24.08.2006 gab er eine Umsatzsteuerjahreserklärung für 2005 bei dem für die Veranlagung der A zuständigen Finanzamt ab. Dabei gab er Ausgangsumsätze zu 0,00 Euro an. Aufgrund der Geltendmachung von Vorsteuerbeträgen – einschließlich des in der Rechnung vom 16.02.2005 ausgewiesenen Vorsteuerbetrages von 2.548,88 Euro – ergab sich jedoch ein verbleibender Erstattungsanspruch von 5.639,16 Euro.
Der nach der Verordnung über die Zuständigkeit der hessischen Finanzämter für Angelegenheiten des Erhebungsverfahrens örtlich zuständige Beklagte (im Folgenden: das Finanzamt, ,FA') erließ auf Antrag des Klägers am 12.02.2007 einen Abrechnungsbescheid, in dem er ausführte, dass „in Höhe des auf der Leistungserbringung des vorläufigen Insolvenzverwalters beruhenden Teils des Umsatzsteuerguthabens von 2.548,88 Euro” die Aufrechnung mit den aus der Umsatzsteuerjahreserklärung 2004 resultierenden Zahlungsansprüchen erklärt werde. Der Restbetrag von 3.090,28 Euro werde antragsgemäß ausgezahlt. Wegen der Einzelheiten wird auf die in den Steuerakten abgelegte Verfügung zum Bescheid vom 12.02.2007 (Bl. 12 bis 14 der vorgelegten Steuerakten) Bezug genommen. Zur Begründung führte das FA, es könne mit „Vorsteuervergütungsansprüchen gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG” aufrechnen, da diese schon begründet seien, wenn die fragliche Leistung erbracht werde. Die Auszahlung des verbleibenden Betrages beruhe darauf, dass der Erstattungsanspruch in dieser Höhe erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet und die Aufrechnung insoweit – anders als in Bezug auf den Teilbetrag von 2.548,88 Euro – nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften nicht zulässig sei. Den gegen den Abrechnungsbescheid gerichteten Einspruch des Klägers wies da FA mit Einspruchsentscheidung vom 27.06.2007 als unbegründet zurück.
Mit seiner am 27.07.2007 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Rechtsbegehren weiter. Er vertritt die Auffassung, dass die vom FA erklärte Aufrechnung den Zwecken des Insolvenzverfahrens zuwider laufe und daher unzulässig und rechtswidrig sei. Die Kosten des vorläufigen Insolvenzverwalters müssten nach §§ 53, 54 Nr. 2 InsO als Verfahrenskosten bzw. nach §§ 53, 55 Abs. 2 InsO als sonstige Masseverbindlichkeiten von der Schuldnern vorab beglichen werden. Die entsprechenden Forderungen seien daher im Vergleich zu gewöhnlichen Insolvenzforderungen i.S.d. § 38 InsO, die – nach Anmeldung zur Insolvenztabelle – nur in Höhe der erreichten Quote befriedigt werden könnten, gesetzlich privilegiert. An dieser Privilegierung müsse auch der unmittelbar mit diesen Forderungen zusammenhängende Vorsteuerbetrag teilhaben. Es müsse dabei auch berücksichtigt werden, dass der Vorsteuerbetrag nicht auf den Handlun...