Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung bei unvollständig übermittelter Klageschrift
Leitsatz (redaktionell)
1. Durch einen unvollständigen Schriftsatz, dem die Unterschrift fehlt, ist die Schriftform nicht gewahrt.
2. Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unvollständiger Übermittlung eines Telefax muss der Bevollmächtigte substantiiert ausführen, dass Vorkehrungen in seinem Büro getroffen worden sind, um Übertragungsfehler bei der Bedienung des Faxgerätes durch Mitarbeiter zuverlässig zu vermeiden.
Normenkette
FGO § 47 Abs. 1, § 56
Streitjahr(e)
2001
Nachgehend
Tatbestand
Die streitige materiell-rechtliche Frage kann nur geprüft werden, wenn die Klage rechtzeitig - gegebenenfalls unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - erhoben wurde.
Am 23. Februar 2001 lief ein von 17.45 Uhr bis 17.47 Uhr aus dem Büro des Prozessbevollmächtigten gesendetes aus sieben Seiten bestehendes Fax beim Hessischen Finanzgericht ein. Das Faxgerät des Hessischen Finanzgerichts gab als Empfangszeit 23.02. - einheitlich - 17.37 Uhr an.
Dieser vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter dem Datum 23.02.2001 erstellte Schriftsatz stellte sich nach der Faxübermittlung wie folgt dar:
- Schriftsatz vom 23.02.2001 Seite eins mit der Überschrift Klage, am unteren Ende dieses Blattes befindet sich der Hinweis auf eine nachfolgende Seite zwei (eine Seite)
- Einspruchsentscheidung des Hauptzollamtes Frankfurt am Main-Flughafen vom 19. Januar 2001 (vier Seiten)
- Ablehnungsbescheid des Hauptzollamtes Frankfurt am Main-Flughafen vom 30. November 1998 (zwei Seiten).
Aus der übermittelten Einspruchsentscheidung ergibt sich, dass diese am 25. Januar 2001 im Büro des Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingegangen war.
Am 28. Februar 2001 rief die Berichterstatter des Verfahrens vormittags im Büro des Prozessbevollmächtigten an und teilte diesem den Sachverhalt telefonisch vorab mit. Dabei gewann die Berichterstatter den Eindruck, dass dem Rechtsanwalt der geschilderte Ablauf nicht bekannt war.
Am 28.02.2001 ging dann noch der vollständige Originalklageschriftsatz bei Gericht ein. Dieser befand sich in einem nicht mit einem Freistempler des Büros des Prozessbevollmächtigten versehenen, sondern mit einer Briefmarke frankierten Briefumschlag (Wert des Postwertzeichens: 440). Eine Datumsangabe ist nicht vorhanden.
Am 1. März 2001 ging dann der am 28.02.2001 gefertigte Schriftsatz „Klage und Wiedereinsetzungsantrag” beim Hessischen Finanzgericht ein. Dieser befand sich in einem mit Freistempler (Gebühr: 0153, Datumsangabe: 28.02.01) versehenen Briefumschlag.
Zur unverschuldeten Fristversäumnis trägt der Prozessbevollmächtigte im wesentlichen folgendes vor:
Als Fristende sei der 26.02.2001 berechnet worden. Da dieser jedoch in diesem Jahr auf einen Rosenmontag, der im Büro arbeitsfrei sei, gefallen wäre, sei als Fristablauf im Fristenbuch der 23.02.2001 (Freitag) eingetragen worden. An diesem Tag sei dann auch am Nachmittag die Klageschrift gefertigt worden. Im Rahmen der Erstellung habe der unterzeichnende Prozessbevollmächtigte zusammen mit der Rechtsanwaltsfachangestellten M insbesondere die genauen Zollbelegsnummern gemäß Klageantrag zu eins (dieser befindet sich auf Seite zwei der Klageschrift - Anmerkung hinzugefügt) durchgeprüft und abgeglichen. Nach der Fertigstellung der Klageschrift sei diese vom Prozessbevollmächtigten unterzeichnet worden. Frau M, eine bis dahin stets sorgfältig arbeitende Rechtsanwaltsfachangestellte habe dann die Sofortanweisung erhalten, diese Klageschrift nebst Kopien der angefochtenen Bescheide vorab an das angerufene Gericht per Telefax zu übersenden und - wie im Büro des Prozessbevollmächtigten üblich - den Einzelübertragungsbericht (Sendebericht) auszudrucken und die Anzahl der übermittelten Seiten zu prüfen. Sodann sollte auf Anweisung des Prozessbevollmächtigten die Klageschrift im Original mit einer beglaubigten Abschrift zur Post gegeben werden. Frau M habe daraufhin den Ablehnungsbescheid vom 02.12.99 (zwei Seiten) sowie die Einspruchsentscheidung des Hauptzollamtes Frankfurt am Main-Flughafen vom 19.02.2001 (vier Seiten) fotokopiert und zusammen mit der Klageschrift in das Telefaxgerät eingelegt. Nach Übertragung des Faxes sei der Übertragungsbericht ausgedruckt worden. Frau M habe sich jedoch hinsichtlich der Anzahl der zu übermittelnden Seiten verzählt. Sie habe nämlich anstelle der insgesamt acht Seiten nur sieben Seiten gezählt, sodass ihr bei der Kontrolle nicht aufgefallen sei, dass lediglich sieben Seiten des nebst Anlagen acht Seiten umfassenden Schriftsatzes übermittelt worden waren.
Nach Absendung des Telefax-Schreibens und Abgabe der Originalklageschrift zur Post sei die Klagefrist im Fristenkalender gestrichen worden.
Frau M sei im Rahmen der Kontrolle der Vollständigkeit des Telefaxes fest davon überzeugt gewesen, dass der Klageschriftsatz nebst Anlagen vollständig an das Gericht übermittelt worden sei. Zur Gla...