Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Für die Einzelveranlagung 1986 wurde die Einkommensteuererklärung der Klägerin mit dem Stempelaufdruck „Zustellungsanschrift … für Bescheide und alle Rückfragen … Stb, …” (B) in dessen Büro erstellt. B legte auch eine sämtliche Verfahrenshandlungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren umfassende Vollmachtsurkunde vor. Der Einkommensteuerbescheid vom … wurde an Frau … z Hd Herrn Stb …, adressiert. Die vorliegende Klage richtet sich nunmehr primär gegen eine „nicht gehörige Bekanntgabe” wegen „ungewisser Empfängerbezeichnung” (Hinweis auf das rkr. Urteil des FG Hamburg vom 7.3.1988 II 144/88, EFG 1989, 552), sekundär gegen eine jeweils „realitätsfremde” Höhe des Grundfreibetrages von 4.536 DM und der beiden (halben) Kinderfreibeträge a 1.242 DM.
Die Klägerin beantragt,
die Einspruchsentscheidung vom … und den Einkommensteuerbescheid vom … aufzuheben (und „das Verfahren an den Beklagten zurückzuverweisen”), andernfalls unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung den Einkommensteuerbescheid dahin zu ändern, daß „bei der Ermittlung der tariflichen Steuer ein Grundfreibetrag in Höhe der für die Familie der Klägerin geltenden Sozialhilfesätze” und bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens zwei (halbe) Kinderfreibeträge a 2.268 DM berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält alle Verfahrens- und verfassungsrechtlichen Bedenken der Kläger für unbegründet.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat in keiner Hinsicht Erfolg.
Die primäre Rüge der Klägerin, der angefochtene Steuerbescheid sei aus den Gründen des o.a. FG-Urteils nicht wirksam bekanntgegeben worden, hält der Senat für abwegig. Zutreffend stellt der BFH in ständiger Rechtsprechung darauf ab, wie der Betroffene selbst unter den ihm bekannten Umständen den fraglichen Erklärungsgehalt verstehen mußte (so zuletzt BFH-Urteil vom 30.9.1988 III R 218/84, BFH/NV 1989, 749). Die Klägerseite konnte die beanstandete Adressierung nur so verstehen, daß wunschgemäß ein für die Klägerin bestimmter Verwaltungsakt im Sinne des § 122 Abs. 1 Satz 3 AO gegenüber dem Bevollmächtigten B bekanntgegeben werden sollte. Wie in zahlreichen Parallelfällen ergibt sich aus den vorliegenden Akten zweifelsfrei, daß die Klägerseite dies vor der Veröffentlichung des o.a. FG-Urteils tatsächlich auch so verstanden hat.
Auch die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe der streitbefangenen Freibeträge greifen nicht durch:
Der Grundfreibetrag für Alleinstehende (4.536 DM) liegt zwar – verglichen mit den hessischen Sozialhilfe-Eckregelsätzen für 1986 (4.740 DM) – noch unter dem sozialrechtlich definierten Existenzminimum; doch rechtfertigt eine so geringfügige Differenz („minima non curat praetor”) nicht die Annahme einer realitätsfernen Typisierung des Grundfreibetrages 1986 (gl.A. schon Kanzler, FR 1988, 654, 659 m.N.), zumal dieser bei zusammenveranlagten Steuerpflichtigen mit (2 × 4.536 DM =) 9.072 DM sogar die Summe der hessischen Sozialhilferegelsätze für den Haushaltsvorstand und den haushaltsangehörigen Ehegatten von (4.740 DM + 3.792 DM =) 8.532 DM übersteigt.
Ausweislich des beiden Seiten bekannten Senatsurteils vom 17.1.1989 7 K 3737/88 (EFG 1989, 235, jetzt rkr.) hält das entsprechend den höchstrichterlichen Vorgaben in eine einheitliche Steuerbemessungsgrundlage umgerechnete Gesamtentlastungsvolumen zur Abgeltung des Kindergrundbedarfs schon beim Ansatz des niedrigsten Kindergeldes den verfassungsrechtlich anerkannten Maßstäben stand.
Mangels ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der beanstandeten Freibetragshöhen hatte ohne Zustimmung des Beklagten zu einem Ruhen des Verfahrens auch dessen Aussetzung zu unterbleiben (Koch in Gräber, FGO, 2. Aufl., § 74 Rz. 16).
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.
Fundstellen