vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [IX R 21/18)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit und Europarechtmäßigkeit der Erhebung einer Sportwettensteuer von einem ausländischen Veranstalter
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Einführung der Sportwettensteuer mit Bundesgesetz vom 29.6.2012 beruht auf einem verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetz und verstößt weder gegen den Gleichheitssatz noch schränkt es die Berufsfreiheit in verfassungswidriger Weise ein. Die europarechtlichen Vorgaben des Art. 56 AEUV sind durch die Sportwettensteuer erfüllt; die Notifizierung nach der Info-RL 98/34/EG ist ordnungsgemäß vorgenommen worden.
2. Es besteht europarechtlich keine Verpflichtung zur Beseitigung einer Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Sportwettenbesteuerung.
3. Spieleinsatz im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 2 RennwLottG ist der Gesamtaufwand des Spielers für den Abschluss der Wette einschließlich der auf den Wetter umgelegten Sportwettensteuer.
Normenkette
RennwLottG § 17 Abs. 2, §§ 19-20, 31; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 72 Abs. 2, Art. 105 Abs. 2; Info-RL 98/34/EG
Streitjahr(e)
2012
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte für die Monate Juli, August und Oktober 2012 zu Recht Sportwettensteuer festgesetzt hat.
Die Klägerin, die zur A gehört, ist eine juristische Person mit Sitz in B. Auf der Grundlage einer Genehmigung nach dem Recht Bs bot sie Sportwetten über das Internet an. Ferner beantragte sie auch die Erteilung einer Konzession auf der Grundlage des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 01.07.2012 (GlüStV).
Nach dem Inkrafttreten des §17 Abs.2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes in der Fassung vom 29.06.2012 (RennwLottG) meldete die Klägerin am 06.09.2012 für die Monate Juli und August 2012 Sportwettensteuer i.H.v. von .,.. EUR (Juli) bzw. .,.. EUR (August) an. Die Anmeldung für Oktober 2012 i.H.v. .,.. EUR erfolgte am 07.11.2012. Die angemeldeten Beträge wurden auch entrichtet.
Gegen die genannten Anmeldungen erhob die Klägerin mit Schriftsätzen vom 04.10.2012 bzw. 08.11.2012 Einspruch.
Der Beklagte wies die Einsprüche mit seiner Einspruchsentscheidung vom 06.12.2012, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 31 ff. der Akte Sportwettensteuer), als unbegründet zurück.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage.
Sie trägt vor, seit der Einführung der Sportwettensteuer seien die von in Deutschland ansässigen Kunden platzierten Sportwetten stark rückläufig, was damit zusammenhänge, dass die Spieler zu Anbietern abwanderten, die keine Sportwettensteuer entrichteten. Diese seien in der Lage, günstigere Wettquoten anzubieten. Aufgrund der Transparenz des Sportwettenmarktes sei es nicht möglich, die Sportwettensteuer gänzlich auf die Spieler abzuwälzen. Sie – die Klägerin – versuche, die Steuer teilweise überzuwälzen, indem sie von den ausgezahlten Gewinnen 5% einbehalte. Ob dies auf Dauer möglich sei, sei zweifelhaft. In rechtlicher Hinsicht vertritt sie die Auffassung, die Sportwettensteuer sei finanzverfassungsrechtlich unzulässig. Es handele sich um eine Lenkungssteuer, da sie nach der Gesetzesbegründung auch dem Zweck dienen solle, den illegalen Markt für Sportwetten in die Legalität zu führen. Zwar habe der Bund nach Art. 105 Abs.2, 72 Abs.2 Grundgesetz (GG) die konkurrie-rende Steuergesetzgebungskompetenz, weil eine bundesgesetzliche Regelung der Besteuerung von Sportwetten im gesamtstaatlichen Interesse zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit erforderlich sei. Die Ausübung der Steuergesetzgebungskompetenz zur Lenkung in einem anderen Sachbereich sei aber nur zulässig, wenn dadurch die Rechtsordnung nicht widersprüchlich werde. Es bestehe insoweit ein allgemeines Kooperationsgebot. Hinsichtlich der Sportwettensteuer verkenne der Steuergesetzgeber, dass durch diese im Onlinebereich 50 bis 70% des Bruttorohertrags (Spieleinsätze abzüglich Gewinnausschüttungen) abgeschöpft werde. Für die konzessionierten Anbieter werde das Wettgeschäft daher wirtschaftlich völlig unattraktiv. Die Besteuerung sei also gänzlich ungeeignet, zur angestrebten Legalisierung des Sportwettenmarktes beizutragen. Im Wettbewerb der legalen mit den illegalen Anbietern sei allenfalls eine Steuer tragbar, die den Bruttorohertrag mit rund 20% belaste. Die Sportwettensteuer verstoße auch gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs.1 GG. Ein gleichheitskonformer Vollzug der Besteuerung sei nicht möglich. Bei den im Ausland ansässigen Veranstaltern hänge der Vollzug allein von deren Deklarationsbereitschaft ab. Es sei insbesondere nicht bekannt und nicht ermittelbar, in welchem Umfang und bei welchen ausländischen Anbietern in Deutschland ansässige Kunden Wetten abschließen. Die Besteuerung scheitere daher an strukturellen, auf der faktischen Lage des Internets beruhenden Vollzug...