Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung der Kraftfahrzeugsteuer bei rückwirkender Aufhebung der Einstufung eines Pkw als schadstoffarm
Leitsatz (redaktionell)
Die von den Steuerbehörden zu beachtenden Feststellungen der Verkehrsbehörden über die Schadstoffarmut eines Pkw müssen sowohl im Fahrzeugbrief als auch im Fahrzeugschein vermerkt sein. Im Fall ihrer rückwirkenden Aufhebung wegen von Anfang an nicht vorliegender Voraussetzungen müssen gleichfalls Fahrzeugbrief und Fahrzeugschein geändert werden; ansonsten kann die Kraftfahrzeugsteuer nicht rückwirkend neu festgesetzt werden; ansonsten kann die Kraftfahrzeugsteuer nicht rückwirkend neu festgesetzt werden.
Normenkette
KraftStG § 12 Abs. 2 Nr. 2; StVZO § 17 Abs. 3, § 20 Abs. 1, 3, § 23 Abs. 7, § 47 Abs. 3, 5; KraftStG §§ 2, 3b, 3c; StVZO § 23 Abs. 1, § 27 Abs. 1
Tatbestand
Am 14. August 1984 wurde das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... auf die Klägerin zugelassen. Mit Bescheid vom 5. September 1984 setzte der Beklagte für die Zeit ab dem 14. August 1984 273,-- DM Kraftfahrzeugsteuer (KraftSt) jährlich gegen die Klägerin fest.
Unter dem 11. Oktober 1985 bescheinigte der Landrat des Landkreises G dem Beklagten, daß der Pkw der Klägerin als Dieselfahrzeug ab dem 1. Juli 1985 als schadstoffarm anerkannt sei. Der Beklagte setzte daraufhin mit Bescheid vom 6. November 1985 die KraftSt für die Zeit vom 14. August 1984 bis 30. Juni 1985 auf 240,-- DM fest und befreite das Halten des Fahrzeugs ab dem 1. Juli 1985 bis zum 31. März 1988 von der KraftSt. Mit Bescheid vom 24. Februar 1988 setzte der Beklagte für die Zeit ab dem 1. April 1988 250,-- DM KraftSt jährlich gegen die Klägerin fest.
Anläßlich eines Halterwechsels am 15. Januar 1988 stellte der Beklagte aufgrund eines Bearbeitungshinweises im automatisierten Verfahren zur Festsetzung der KraftSt fest, daß das Fahrzeug der Klägerin nunmehr von der Zulassungsstelle nur als "bedingt schadstoffarm Stufe A" eingestuft wurde. Der Kraftfahrzeugbrief (Kfz-Brief) enthält insoweit unter der Rubrik A die gestrichene Eintragung "Schadstoffarm ab 1. 7. 1985" und hat darunter den Eintrag: "Bedingt schadstoffarm ab 1. 1. 1986 Stufe A". Diese Änderung im Kfz-Brief erfolgte im Rahmen des Halterwechsels zugunsten des neuen Halters. Der zugleich ausgestellte neue Kraftfahrzeugschein (Kfz-Schein) enthielt ebenfalls den Eintrag: "Bedingt schadstoffarm A".
Der Beklagte wies die Klägerin auf die irrtümliche Einstufung des Fahrzeugs als "schadstoffarm" hin und erließ unter dem 15. April 1988 drei Änderungsbescheide. Dabei setzte er einmal die KraftSt gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) für die Zeit vom 1. Juli 1985 bis 31. Dezember 1985 auf 136,-- DM, für die Zeit ab 1. Januar 1986 bis 30. Juni 1986 auf 178,-- DM und für die Zeit ab 1. Juli 1986 auf 357,-- DM jährlich fest. Mit gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG geändertem Steuerbescheid setzte der Beklagte KraftSt für die Zeit ab 1. Januar 1986 bis 30. Juni 1986 in Höhe von 124,-- DM und für die Zeit ab 1. Juli 1986 im Betrag von 250,-- DM jährlich fest. Mit weiterem, auf § 12 Abs. 2 Nr. 3 KraftStG gestütztem Änderungsbescheid setzte der Beklagte gegen die Klägerin KraftSt für die Zeit ab 1. Juli 1987 bis 14. Januar 1988 in Höhe von 133,-- DM fest. Bezüglich der Abrechnungshinweise und Erläuterungen wird auf die jeweiligen Steuerbescheide Bezug genommen.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat die Klägerin Klage erhoben. Sie meint, die Steuerbescheide seien bereits deshalb nichtig, weil die Unterschrift des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten fehle. Es handele sich nicht um ausschließlich maschinell erstellte Bescheide, da alle Bescheide handschriftliche Streichungen und Ergänzungen enthielten. Darüber hinaus seien die Bescheide rechtswidrig, da die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 3 KraftStG nicht vorlägen und § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG eine Berichtigung des Freistellungsbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit nicht erlaube. Eine Änderung des gegenüber ihr ergangenen Steuerbescheids, auch aufgrund eines geänderten Grundlagenbescheides, komme nicht in Betracht, da der
Kfz-Brief und die darin getroffenen Feststellungen ausschließlich dem neuen Eigentümer vorgelegen hätten. Ein entsprechender Grundlagenbescheid sei ihr gegenüber nie geändert worden. Die Änderung habe nur hinsichtlich des neuen Eigentümers wirken können.
Darüber hinaus verstoße die Neufestsetzung der KraftSt nach Meinung der Klägerin gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, da der Beklagte nachhaltig, nicht zuletzt auch durch den Steuerbescheid vom 24. Februar 1988, für den Aufbau eines Vertrauenstatbestands gesorgt habe. Der Verkauf des Fahrzeugs sei letztlich im Hinblick auf den Fortfall der Steuerbefreiung erfolgt; hätte von Anfang an keine Steuerbefreiung bestanden, wäre ein Verkauf nicht in Betracht gekommen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des klägerischen Vortrags wird auf die Schriftsätze ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 12. Mai 1989, 1...