Entscheidungsstichwort (Thema)
Ende der Berufsausbildung erst bei endgültig nicht bestandener Abschlussprüfung
Leitsatz (redaktionell)
- Bei einer nicht bestandenen Abschlussprüfung im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses besteht der Anspruch auf Kindergeld bis zum Ende des Monats fort, in welchem die nach der Ausbildungsordnung letztmögliche Wiederholungsprüfung stattfand.
- Dies gilt auch dann, wenn das Berufsausbildungsverhältnis vertragsgemäß nach Nichtbestehen der Abschlussprüfung endete und der Auszubildende keinen Antrag auf Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses nach § 14 Abs. 3 Berufsbildungsgesetz gestellt hat.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a; BBiG § 14 Abs. 3
Streitjahr(e)
2002
Tatbestand
Die Klägerin, eine italienische Staatsbürgerin, wendet sich mit ihrer Klage gegen den Bescheid vom 9.10.2002, mit welchem die beklagte Behörde die Festsetzung von Kindergeld für die Tochter L. R. (geb.: 28.5.1982 in O. M./Italien) ab Juni 2002 mit der Begründung abgelehnt hat, die Tochter sei seit Beendigung der Berufsschule im Mai 2002 nicht mehr in Berufsausbildung, sowie gegen die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 31.1.2003. Die Beteiligten streiten im Wesentlichen darüber, ob die Zeitspanne von Juni 2002 bis zum endgültigen Nichtbestehen der Prüfung zur Einzelhandelskauffrau am 4.7.2003 (2. Wiederholungsprüfung als externe Prüfungsteilnehmerin ohne Ausbildungsvertrag) als Berufsausbildung im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG zu qualifizieren ist. Dem Rechtsstreit liegt im Einzelnen der folgende Sachverhalt zugrunde:
Nach Abschluss der Hauptschule, - nach Angaben der Prozessbevollmächtigten mit mäßigem Erfolg -, begann die Tochter L. am 1.9.1999 eine Ausbildung zur Einzelkauffrau im Lebensmittelbetrieb der Fa. H. S. in F. Nach der Veräußerung dieses Betriebs setzte die Tochter diese Ausbildung ab dem 1.8.2001 in dem Betrieb der Fa. C. S. in F. (Handel mit italienischen Lebensmitteln) fort. Dieses Ausbildungsverhältnis endete vertragsgemäß am 31.1.2002. Daneben besuchte L. bis Ende Mai 2002 die Berufsfachschule (F.-B.-Schule in F.).
Die erste Abschlussprüfung bei der IHK Frankfurt am Main vom 18.1.2002 bestand L. nicht. Sie sprach daraufhin (am 21. oder 26.3.2002) bei der IHK Frankfurt am Main vor und wurde dort von der zuständigen Sachbearbeiterin darauf hingewiesen, dass die Anmeldefrist zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung im Sommer 2002 bereits abgelaufen sei (diese Frist lief bis zum 28.2.2002). L. gab daraufhin bei der IHK die auf Blatt 40 der vorgelegten KG-Akte befindliche Anmeldung vom 21.3.2002 zur 1. Wiederholungsprüfung im Winter 2002 (Anmeldefrist bis zum 15.9.2002) ab. Nach dem Inhalt dieses Vordrucks sollte die gesamte Prüfung (mit dem theoretischen und dem praktischen Teil) wiederholt werden.
Die Versäumung der Meldefrist zur Wiederholungsprüfung im Sommer 2002 hat die Klägerin damit erklärt, dass die Einladung zur ersten Wiederholungsprüfung direkt an den Ausbildungsbetrieb versandt worden sei. Dort habe man diese zunächst „verschlampt” und dann zu spät an die Tochter der Klägerin weiter gereicht.
Die „Winterprüfung”, zu der sich L. bei der IHK angemeldet hatte, fand mit ihrem theoretischen Teil am 26.11.2002 (vgl. die mit Fax der Prozessbevollmächtigten vom 22.2.2006 vorgelegte Einladung der IHK zu dieser Prüfung vom 4.11.2002) und mit dem praktischen abschließenden Teil am 31.1.2003 statt (siehe IHK-Auskunft Blatt 71,72 der Gerichtsakte). L. nahm an dieser Prüfung als externe Prüfungsteilnehmerin ohne Ausbildungsvertrag teil. Die Prüfung endete für L. damit, dass sie erneut nicht bestand.
L. meldete sich daraufhin rechtzeitig zur letztmöglichen 2. Wiederholungsprüfung an, die am 4.7.2003 damit beendet wurde, dass sie erneut und nunmehr endgültig nicht bestanden wurde.
In der Zeit nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses zum 31.1.2002 bis zur 1. Wiederholungsprüfung im November 2002 (theoretischer Teil) half L., neben dem Besuch der Berufsschule bis Ende Mai 2002, im Betrieb (Pizzeria) ihrer Mutter aus, so die Prozessbevollmächtigte.
Daneben bereitete sich L. in diesem Zeitraum, nach Darstellung der Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, auf die Wiederholungsprüfung vor. Dabei habe die Prozessbevollmächtigte selbst, welche die Klägerin und deren Familie schon seit längerem persönlich gut kenne, die Tochter L. mindestens zweimal die Woche in der deutschen Sprache unterrichtet, denn insbesondere deren Sprachdefizit in der deutschen Sprache habe zu den schlechten Ergebnissen in der Hauptschule als auch in der 1. Abschlussprüfung beigetragen. Hierbei habe sie, die Prozessbevollmächtigte, der Tochter L. regelrecht Hausaufgaben aufgegeben. In fachlicher Hinsicht habe sich L. anhand der Bücher, Unterlagen und Aufzeichnungen aus der bis Ende Mai absolvierten Berufsschule auf die Wiederholungsprüfung vorbereitet. Letztlich sei sie aber daran gescheitert, so meint die Prozessbevollmächtigte, dass sie für den Beruf der Einzelhandelskauffrau nicht geeig...