Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufrechnung des Finanzamts gegenüber einem Kostenerstattungsanspruch
Leitsatz (redaktionell)
- Im Kostenfestsetzungsverfahren kann der Kostenschuldner grundsätzlich nur Einwendungen erheben, die den Betrag der erstattungsfähigen Aufwendungen - nämlich den Streitwert und die geltend gemachten Kosten - betreffen. Eine Aufrechnung gegen den Kostenerstattungsanspruch ist erst nach Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses zulässig.
- Die Einwendung des Erlöschens des Kostenerstattungsanspruchs durch Aufrechnung kann im Finanzrechtswegs mit der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 Abs. 1 ZPO analog) geltend gemacht werden.
- Die Vollstreckungsgegenklage ist ungeachtet der Person des materiell-rechtlichen Gläubigers gegen den Vollstreckungsgläubiger zu richten, d.h. gegen die Person, die die Vollstreckung betreibt.
- Die Aufrechnung kann wirksam grundsätzlich nur gegenüber dem Inhaber der Hauptforderung - im Falle einer (wirksamen) Abtretung also gegenüber dem Zessionar - erklärt werden.
- Die Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs durch den Steuerpflichtigen an seinen Bevollmächtigten ist wirksam, ohne dass es - anders als etwa bei Forderungen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 46 AO) - einer Anzeige der Abtretung an den Schuldner bedarf.
- Die örtliche Unzuständigkeit des Finanzamtes berührt nicht die Wirksamkeit seiner Aufrechnungserklärung gegenüber dem Kostenerstattungsanspruch des Steuerpflichtigen.
Normenkette
ZPO § 767; FGO § 152 Abs. 1 S. 1; BGB § 406
Streitjahr(e)
2000
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit der Vollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss.
In dem Rechtsstreit 2 K 3022/99 bei dem Hessischen Finanzgericht wurde nach beidseitiger Erledigungserklärung am 5. April 2000 entschieden, dass der dortige Beklagte, nämlich das Finanzamt ..., die Kosten des Verfahrens zu tragen habe. Auf Antrag des Klägers in jenem Verfahren, ..., wurden mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. Juni die vom Finanzamt zu erstattenden Kosten auf 672,80 DM festgesetzt.
Mit Schreiben vom 27. Juni forderte der Prozessbevollmächtigte von Herrn…das Finanzamt…zur Überweisung dieses Betrags auf sein Konto auf. Mangels Zahlung des Finanzamts erfolgte unter dem 22. Juli eine Zahlungserinnerung. Drei Tage später, am 25. Juli, schrieb das Finanzamt dem Prozessbevollmächtigten, dass Erstattungsberechtigter dessen Mandant sei. Außerdem sei in Hessen das Finanzamt…zur Auszahlung von Kostenerstattungen zuständig. In dem Schreiben wurde ferner die Aufrechnung mit angeblich seit dem 27. März 2000 fälligen und noch immer offenen Zwangsgeldern angekündigt.
Der Prozessbevollmächtigte reagierte postwendend und teilte dem Finanzamt…unter dem 27. Juli mit, dass sein Mandant den Kostenerstattungsanspruch nach dem Vorliegen des Kostenfestsetzungsbeschlusses sicherungshalber an ihn abgetreten habe, weshalb er diesen Anspruch „auch” in eigenem Namen geltend mache. Einen Tag später legte er eine schriftliche Abtretungserklärung von Herrn…vom 27. Juli vor, aus der sich ergibt, dass die Abtretung mündlich bereits am 29. Juni erfolgt war.
Wenige Tage später, nämlich mit Schreiben vom 31. Juli an Herrn ..., erklärte das Finanzamt…(FA ...) mit einer Zwangsgeldforderung 1998 in Höhe von 677,51 DM die Aufrechnung gegen den Kostenerstattungsanspruch. Nach den vorgelegten Verwaltungsakten hatte das Finanzamt…gegen Herrn…am 15. März 2000 Zwangsgelder in Höhe von jeweils 600,-- DM wegen Einkommensteuer 1998 und Umsatzsteuer 1998, mithin von zusammen 1.200,-- DM, festgesetzt. Beide Zwangsgelder waren bis zum 27. März zu zahlen.
Ausweislich der Akte der Finanzkasse des Klägers (Bl. 5) hatte der Kläger darüber hinaus seit dem 22.03.1999 noch eine Forderung gegen den Beklagten auf Erstattung von Vollstreckungskosten (Abgabenart 0601) in Höhe von 176,09 DM.
Unter dem 4. August, also nach der Aufrechnungserklärung des FA ..., erfolgte eine Zahlungsmitteilung der Finanzkasse bei dem Finanzamt…an dessen Festsetzungsstelle, wonach zu Gunsten von Herrn…ein Betrag in Höhe von 501,52 DM auf eines der beiden Zwangsgelder (Steuerart 0510) gebucht worden sei und insoweit ein Restbetrag von 98,58 DM verbleibe (Einkommensteuerakte 1998).
Eine Woche später, am 11. August, stellte Herr…als Kläger des Verfahrens 2 K 3022/99 einen Antrag auf Verfügung der Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. Juni nach § 152 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Am 25. September schließlich erklärte auch das Finanzamt…mit den Zwangsgeldforderungen die Aufrechnung gegen den Kostenerstattungsanspruch, im Unterschied zu der Aufrechnung des FA…jedoch gegenüber dem Prozessbevollmächtigten von Herrn ..., und zwar „in voller Höhe”. Als Grundlage dieser Aufrechnung wurde § 406 BGB angegeben.
Laut einer Kontenabfrage einige Wochen später, nämlich am 13. November, schuldete Herr…in den Büchern des Klägers noch immer Zwangsgelder 1998 in Höhe von 600,-- DM und 98,58 DM.
Nachdem der Berichterstatter des 2. Senats mit Verfügung vom 30.09.2003 das Finanzamt…als ...