rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerentlastung beim Einsatz von Energiestoffen im Rahmen der chemischen Reduktion
Leitsatz (redaktionell)
- Die zum Färben synthetischer Fasern eingesetzten Energiestoffe z.B. Öl, Gas sind nicht Energiesteuer begünstigt, wenn sie nur zum aufheizen dienen, damit sich die Fasern mit dem Farbstoff verbinden.
- Die Steuerentlastung auf Energieerzeugnisse die für chemische Reduktionsverfahren verwendet werden, greift nur, wenn die Verbrennung des Energiestoffes zur Umwandlung oder Vernichtung des Stoffes dient, der die aus der Verbrennung freigesetzte Wärmeenergie aufnimmt.
- Gemeinsames Merkmal aller Tatbestände, durch die Energieerzeugnisse von der Besteuerung ausgenommen werden, deren Einsatz als Roh-, Grund- oder Hilfsstoff zur Bearbeitung oder Herstellung eines anderen Produktes dient, ist, dass der eingesetzte Energiestoff ausschließlich dazu verwendet wird, um die durch das Verbrennen frei werdende thermische Energie auf einen anderen Stoff zu übertragen. Dagegen unterliegen Energieerzeugnisse, die als Heizstoffe verwendet werden und deren Verbrennung nur der Erzeugung von thermischer Energie dient, der harmonisierten Energiesteuer.
Normenkette
EnergieStG § 51 Abs. 1
Streitjahr(e)
2006
Tatbestand
Das von der Klägerin betriebene mittelständische Textilunternehmen setzt für verschiedene Verfahren im Bereich der Textilveredelung beim Einfärben von Stoffen Erdgas ein. Mit der Klage soll die steuerliche Entlastung der Erdgasmenge erreicht werden, die die Klägerin im Zeitraum August bis einschließlich Dezember 2006 für von ihr als chemische Reduktionsverfahren bezeichnete Abläufe verbraucht hat.
Die Klägerin beantragte am 10. Mai 2007 die Entlastung von der Energiesteuer nach § 51 Abs. 1 Nr. 1c (Energiesteuergesetz) für im Kalenderjahr 2006 verwendete 808,800 MWh Erdgas. Nach der damals vorgelegten Betriebserklärung, ergänzt durch die im gerichtlichen Verfahren erfolgten Darlegungen stellen sich die im Betrieb der Klägerin ablaufenden textilen Prozesse und Verfahren wie folgt dar:
- Färben von cellulosischen Fasern:
Cellulosische Fasern sind pflanzlichen Ursprungs. Sie werden im Betrieb der Klägerin mit Küpenfarbstoffen gefärbt werden. Diese sind zunächst nicht wasserlöslich und deshalb nur verwendbar, wenn der Farbstoff in eine wasserlösliche Form überführt wird. Damit dies gelingt, wird ein schwefelhaltiges Reduktionsmittel eingesetzt. Der Küpenprozess läuft bei einer Temperatur von 50 Grad Celsius bis 60 Grad Celsius ab. Das Erdgas wird eingesetzt, um die notwendige Aktivierungsenergie bereit zu stellen. Ohne das Aufheizen der Flotte, d.h. der Flüssigkeit, in der der Färbeprozess stattfindet, ist ein gleichmäßiges Verteilen des Farbstoffs nicht möglich, sodass der Einsatz des Erdgases unabdingbar ist, um die gleichmäßige Farbstoffapplikation in einer praktikablen Reaktionsgeschwindigkeit unter reduktiven Bedingungen ablaufen zu lassen.
- Färben von synthetischen Fasern:
Der Färbeprozess für synthetische Fasern, insbesondere von Polyesterfasern und –garnen, erfolgt mit Dispersionsfarbstoffen unter erhöhter Temperatur (80 Grad Celsius bis 130 Grad Celsius). Der Färbeprozess wird durch einen reduktiven Nachreinigungsschritt abgeschlossen, um ausreichende Wasch- und Lichtechtheiten der Ware zu erhalten. Als Reduktionsmittel kommen organische Schwefelverbindungen zum Einsatz. Um deren Reduktionpotential effektiv nutzen zu können, sind erhöhte Temperaturen unerlässlich. Dies wird durch das Aufheizen der Flotte mit Erdgas erreicht.
- Reduktive Bleiche:
Textile Rohstoffe wie Wolle oder Baumwolle weisen eine natürliche Färbung auf, die beim Färben mit der gewünschten Farbe störend ist. Deshalb werden diese Rohstoffe chemisch behandelt, um die darin enthaltene Färbung aufzuhellen oder vollständig zu beseitigen. Die Klägerin setzt hierzu die sog. reduktive Bleiche ein. Als Reduktionsmittel werden dabei Natriumdithionit und Natriumhydrogensulfid verwendet, die den für die Reduktion benötigten Sauerstoff und Wasserstoff liefern. Der freigesetzte Sauerstoff bzw. Wasserstoff geht mit den unerwünschten Farbstoffen im textilen Rohstoff eine Verbindung ein und zerstört dabei den Farbstoff. Die Farbstoffe werden dabei chemisch reduziert, da sie Sauerstoff bzw. Wasserstoff aufnehmen. Damit diese chemischen Reduktionsprozesse ablaufen können, muss die Bleichflotte entsprechend aufgeheizt werden. Dazu wird Erdgas eingesetzt.
- Abziehen/Reinigen:
Die als Abziehen/Reinigen bezeichneten Abläufe sind verwandt mit der reduktiven Nachreinigung, die bei dem beschriebenen Färben von synthetischen Fasern notwendig ist und auch mit der reduktiven Bleiche. Das Abziehen dient zum Aufhellen oder Egalisieren ungleichmäßig ausgefallener Färbungen oder für Um- bzw. Neuauffärbungen. Das Abziehen erfolgt mir Farbstoff zerstörenden Mitteln unter Reduktionsbedingungen. Auch zum Reinigen von Färbeaggregaten werden Chemikalien mit reduzierendem Potential eingesetzt. Verwendet werden jeweils Schwefelverbindungen. Damit...