rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsaustausch zwischen einem Verein und einzelnen Mitgliedern
Leitsatz (redaktionell)
Auf die Mitglieder umgelegte Kosten eines Vereines, der Dienstleistungen an seine Mitglieder erbringt, indem er sie umfassend über sämtliche Entwicklungen von bestimmten Musterprozessen detailliert informiert und auf erforderliche rechtliche Schritte eingehend hinweist, sind umsatzsteuerbar.
Normenkette
UStG 1993 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1; EWGRL 388/77 Art. 4 Abs. 2; UStG 1993 § 2 Abs. 1 S. 3
Tatbestand
Streitig ist, ob zwischen einem Verein und seinen Mitgliedern ein umsatzsteuerpflichtiger Leistungsaustausch anzunehmen ist.
Der Kläger ist ein nicht eingetragener Verein, der sich laut Vereinssatzung vom 28. 2. 1998 „die Suche nach möglichen berechtigten Schadenersatzansprüchen“ gegen die Bundesrepublik Deutschland für geschädigte Kapitalanleger zum Ziel gesetzt hat. Der Verein hat die Aufgabe, die Mitglieder „über alle den Vereinszweck betreffenden Vorgänge in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung zu unterrichten und sie bei der Wahrung ihrer Belange zu unterstützen“. Die Höhe der Mitgliedsbeiträge richtet sich nach einem Prozentsatz des erlittenen Schadens, differenziert nach der Art des Kapitalanlagevertrages für „Ratenzahler“, „Volleinzahler Vertragstyp A/S“ und „Vermittler“). Bei späterem Vereinsbeitritt waren die Beiträge rückwirkend zum 28. 2. 1998 zu zahlen.
Zu der Entstehung des Vereins war es wie folgt gekommen: Der 1. Vereinsvorsitzende X. war Anleger der Unternehmen A. und B. Infolge einer Verfügung des Bundesaufsichtsamtes für Kreditwesen, die die Tätigkeit der Firmen als unerlaubtes Bankgeschäft eingestuft und die Rückabwicklung der Beteiligungsverträge angeordnet hatte, kam es zum Firmenkonkurs und in der Folge zu Verlusten der Anleger. Da X. die Verfügung des Bundesaufsichtsamtes für rechtswidrig ansah, strengte er einen Schadenersatzprozess wegen Amtshaftung gegen die Bundesrepublik Deutschland an. Zur Vorbereitung holte er Rechtsgutachten ein (über die Unwirksamkeit der Verfügung des Bundesamtes, die rechtliche Nichtanerkennung von typisch stillen Beteiligungen, Abgrenzung zum partiarischen Darlehen und über die zivilrechtlichen Auswirkungen des Kreditwesengesetzes), stellte Strafanträge gegen den Konkursrichter und gegen den Präsidenten des Bundesaufsichtsamtes, führte ein Widerspruchsverfahren gegen die Verfügung des Bundesaufsichtsamts, erhob Eingaben beim Bundesfinanzminister, beim Petitionsausschuss, legte gegen eine ablehnende Gerichtsentscheidung eine (inzwischen zurückgewiesene) Verfassungsbeschwerde ein und strengt nunmehr eine Klage vor dem EuGH an. Auch in steuerlichen Fragen wird ein Musterprozess vor dem FG Hamburg geführt, für das der Verein ein Gutachten zur Frage des Nachweises der Gewinnerzielungsabsicht erstellt hat. Über den Verlauf der Erörterungstermine vor dem FG Hamburg werden die (inzwischen 690) Vereinsmitglieder laufend informiert und ihnen wichtige Unterlagen übermittelt. Da der Verein selbst nicht klagebefugt ist, hat der 1. Vorsitzende die Klage im eigenen Namen erhoben. Da er beabsichtigt, weiterhin Musterprozesse zu führen, hat er den Verein ins Leben gerufen, um hierdurch anderen Geschädigten die Möglichkeit zu geben „mit mir zu kämpfen und gemeinschaftlich die Ausgaben für juristische Beratung, Prozesskosten, Organisation, Verwaltung und dergleichen mehr zu tragen“. Laut Vereinsmitteilung vom 11. 3. 2000 wird erläutert, dass die Schadenersatzprozesse „in Form von Musterprozessen“ geführt würden. Unter dem Begriff Musterprozess sei zu verstehen, dass „einige Anleger für alle Vereinsmitglieder ... klagen und der Verein hierfür die Kosten trägt“. Verlöre der Anleger in mehreren Instanzen, brauche das Vereinsmitglied keinen eigenen Prozess mehr zu führen. Gewinne der Musterkläger, so könne jedes Vereinsmitglied mit dem Urteil seine Ansprüche erleichtert geltend machen. Zur Zeit sei vordringlich die Frage der Verjährungsunterbrechung zu prüfen. Hierzu werde gebeten, ein Formblatt auszufüllen, in dem die Meinungen der Vereinsmitglieder über verschiedene Vorgehensweisen abgefragt würden (Klageerhebung durch Verein, Verhandlungen mit dem Bundesamt etc.), damit der Verein die zu vertretenden, als Mitgliedsbeitrag zu erhebenden Kosten festsetzen könne.
Nachdem die Klägerin am 24. 5. 2000 beim Beklagten (dem Finanzamt - FA -) vergeblich einen Antrag auf verbindliche Auskunft hinsichtlich der Frage gestellt hatte, ob die der Finanzierung von Musterprozessen dienenden Vereinsbeiträge der Umsatzsteuer zu unterwerfen seien, setzte das FA mit Bescheid vom 19. 10. 2000 in Anlehnung an die Gewinnermittlung 1998 Umsatzsteuer in Höhe von 6.773 DM fest.
Gegen die Festsetzung legte die Klägerin mit der Begründung Einspruch ein, zwischen Verein und Mitglied fehle ein Leistungsaustausch. Der Verein erbringe gegenüber dem Mitglied eine konkrete Einzelleistung, deren Nutzen dem einzelnen Mitglied individuell zugute komme. Auch sei der Maßstab des Mitglie...