Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Aufhebungs- und Erstattungsbescheid. hinreichende Bestimmtheit. fehlende Aufzählung aller für den Aufhebungszeitraum ergangenen Bescheide. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Anrechenbarkeit weitergeleiteten Pflegegeldes
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Anrechenbarkeit weitergeleiteten Pflegegeldes auf die der Pflegeperson zustehenden laufenden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
2. Eine Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung ist nicht zu beanstanden, auch wenn nicht alle die korrigierte Leistungsbewilligung betreffenden Änderungsbescheide mit Datum genannt sind, wenn für den Bescheidadressaten dennoch nicht zweifelhaft sein kann, in welchem Umfang die Leistungsbewilligung und die sie tragenden Bescheide geändert werden sollen.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 6. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander Kosten nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen Bescheide, mit denen der beklagte Grundsicherungsträger die Bewilligung von Arbeitslosengeld II für die Zeiträume von Januar 2006 bis Februar 2007 und von Juli 2007 bis Juni 2008 teilweise, und zwar in einem Umfang von 40,- Euro pro Monat, aufgehoben und die Erstattung eines Betrags von zuletzt noch 1.040,- Euro insgesamt geltend gemacht hat.
Der 1961 geborene Kläger erhielt seit dem 1. Januar 2005 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - von dem Beklagten bzw. von dessen Rechtsvorgängerin, der Arbeitsförderung Schwalm-Eder-Nord (im Folgenden einheitlich: Beklagter), ohne dass bei der Berechnung der Leistungen Einkommen berücksichtigt worden wäre.
Er wohnte von Beginn des Leistungsbezugs an zur Untermiete bei der erstinstanzlich vom Sozialgericht Kassel (SG) als Zeugin schriftlich befragten Frau C. C. Frau C. ist pflegebedürftig und erhält aus diesem Grunde Pflegegeld nach § 37 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) - Soziale Pflegeversicherung - und im Übrigen Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) - Sozialhilfe -. Der Kläger hilft Frau C. im Haushalt. Als Gegenleistung für diese Hilfe habe ihm Frau C. nach seinen Angaben seit Januar 2006 einen monatlichen Betrag von durchschnittlich 150 Euro in bar gezahlt. Lediglich in den Monaten März bis Juni 2007 seien, da sich zunächst Frau C., anschließend er selbst in stationärer Behandlung befunden hätten, keine Zahlungen erfolgt. Seit August 2008 beschäftigt Frau C. den Kläger im Rahmen eines bei der Minijob-Zentrale der Knappschaft-Bahn-See gemeldeten sogenannten Minijobs.
Mit Antrag vom 20. August 2004 beantragte der Kläger erstmals Arbeitslosengeld II. In diesem Antrag (Leistungsakte des Beklagten - im Folgenden: LA - Bl. 1) gab er an, außer Arbeitslosenhilfe kein Einkommen zu erhalten. In allen Fortzahlungsanträgen (vom 1. Juni 2005 [LA Bl. 18], vom 11. November 2005 [LA Bl. 26], 16. Mai 2006 [LA Bl. 31], 16. November 2006 [LA Bl. 38], 4. Mai 2007 [LA Bl. 78], 30. Oktober 2007 [LA Bl. 96] und 2. Mai 2008 [LA Bl. 101]) kreuzte er bei der Frage nach Änderungen in den Einkommensverhältnissen das Feld “keine Änderungen" an oder/und gab Einkommenserklärungen ab, in denen die Zahlungen von Fr. C. nicht aufgeführt waren.
Der Beklagte gewährte dem Kläger auf der Grundlage dieser Anträge durchgehend Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen, und zwar bewilligte er - soweit der hier streitige Zeitraum betroffen ist - zunächst mit Bescheid vom 21. November 2005 (LA Bl. 30a) Leistungen für den Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006 in Höhe von monatlich 495,10 Euro. Dabei berücksichtigte er neben der Regelleistung in Höhe von 345,- Euro die Kosten der Unterkunft in der vom Kläger angegebenen Höhe. Durch Bescheid vom 16. Mai 2006 (LA Bl. 36) folgte die unveränderte Bewilligung für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis 30. November 2006. Für den Leistungszeitraum vom 1. Dezember 2006 bis 31. Mai 2007 gewährte er durch Bescheid vom 28. November 2006 (LA Bl. 61), geändert durch die Bescheide vom 5. Dezember 2006 (LA Bl. 67), 5. Januar 2007 (LA Bl. 72), 7. Mai 2007 (LA Bl. 82), 21. Mai 2007 (LA Bl. 90), 27. Juli 2009 (LA Bl. 354 - der Bescheid betraf allerdings nicht die hier streitigen Zeiträume) und - im Zuge der teilweisen Korrektur der hier streitigen Bescheide - vom 23. August 2010 (LA Bl. 452), Leistungen, und zwar für den Dezember 2006 weiterhin in Höhe von (zuletzt wieder) 495,10 Euro und - wegen geänderter Beträge für Unterkunft und Heizung - für Januar bis Mai 2007 in Höhe von monatlich 477,23 Euro; die Regelleistung blieb dabei unverändert. In gleicher Höhe erfolgte die Bewilligung ab Juni 2007 durch Bescheid vom 7. Mai 2007 (LA Bl. 83), wobei der Beklagte durch Bescheid vom 2. Juni 2007 (LA Bl. 92a) für Juli bis November 2007 die Leistungen unter Berücksichtigu...