Leitsatz

Aufwendungen einer nicht verheirateten, empfängnisunfähigen Frau für künstliche Befruchtungen können auch dann nicht als außergewöhnliche Belastung Steuer mindernd berücksichtigt werden, wenn die Frau in einer festen Partnerschaft lebt (Weiterentwicklung der Rechtsprechung, BFH, Urteil vom 18.6.1997, III R 84/96, BStBl II 1997, 805).

 

Normenkette

§ 33 EStG

 

Sachverhalt

Die in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebende Klägerin konnte wegen eines Eileiterverschlusses auf natürlichem Weg keine Kinder empfangen. Nach Zustimmung der Ethikkommission der Ärztekammer begann sie eine Sterilitätsbehandlung durch In-vitro-Fertilisationen. Die gesetzliche Krankenkasse lehnte die Übernahme der Kosten ab.

Das FA ließ die Aufwendungen nicht zum Abzug als außergewöhnliche Belastung zu.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FA. Er hält entsprechend den Regelungen im Sozialrecht und im Beihilferecht die unterschiedliche Behandlung bei verheirateten und unverheirateten Paaren für gerechtfertigt. Ergänzend weist der BFH noch darauf hin, dass die Kosten auch nicht im Hinblick auf eine etwaige seelische Erkrankung der Klägerin wegen unerfüllten Kinderwunschs berücksichtigt werden können. Dies widerspräche dem Schutz der Würde des werdenden Lebens.

 

Hinweis

Bei einer In-vitro-Fertilisation werden einer Frau Eizellen entnommen, außerhalb des Körpers mit dem Samen eines Mannes befruchtet und anschließend in die Gebärmutter eingeführt.

Bei der homologen Methode wird die künstliche Befruchtung mit Eizellen und Samen eines Ehepaars durchgeführt.

Unter heterologer Fertilisation versteht man alle anderen Formen der In-vitro-Fertilisation: Befruchtung einer fremden Eizelle mit dem Samen des Ehemanns, Befruchtung eigener Eizellen der Ehefrau mit dem Samen eines fremden Mannes, künstliche Befruchtungen bei nicht verheirateten Paaren, bei gleichgeschlechtlichen Paaren und bei einer unverheirateten Frau. Künstliche Befruchtungen bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit Eizellen und Samen des Paars werden wegen der Identität von sozialen und genetischen Eltern z.T. ebenfalls als homolog oder als quasi homolog bezeichnet.

Nach den Berufsordnungen der Ärzte sind In-vitro-Fertilisationen grundsätzlich nur bei Ehepaaren (homolog) zulässig. Bei nicht verheirateten Paaren (heterolog bzw. quasi homolog), die in stabiler Partnerschaft leben, ist die Maßnahme nur nach vorheriger Beratung durch die Ethikkommission bei der Ärztekammer zulässig. Bei Alleinstehenden oder gleichgeschlechtlichen Beziehungen ist sie unzulässig.

In dem Urteil vom 18.6.1997, III R 84/96, BStBl II 1997, 805 hat der BFH Aufwendungen für eine homologe künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Die Frage der heterologen Befruchtung war ausdrücklich offen geblieben. Für den jetzt entschiedenen Fall einer empfängnisunfähigen unverheirateten Frau lehnt der BFH die Anerkennung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung ab, und zwar auch bei stabiler Partnerschaft und trotz Zustimmung der Ethikkommission.

Für die unterschiedliche Behandlung verheirateter und unverheirateter Paare verweist der BFH u.a. auf die Sorgerechtsentscheidung des BVerfG vom 29.1.2003, 1 BvL 20/99, BVerfGE 107, 150. Danach finden nichteheliche Kinder insgesamt ungünstigere Lebensbedingungen vor als eheliche. Das Wohl des Kindes ist daher in einer Ehe typischerweise eher gewährleistet als in einer – wenn auch festen – Partnerschaft. Unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen und der in der Gesellschaft vorherrschenden Auffassungen befindet sich eine unverheiratete Frau mit Kinderwunsch daher nicht in einer vergleichbaren Zwangslage wie eine verheiratete Frau.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.7.2005, III R 30/03

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