Dipl.-Finanzwirt Werner Becker, Dr. Andreas Nagel
Frage:
Für einen Mandanten haben wir einen vorläufigen Abschluss per 31.12.2020 im Oktober 2021 erstellt, da dieser für Zwecke der Kreditierung bei einer Bank dringend erbeten wurde. Wir sind bei der Abrechnung sehr moderat herangegangen mit 12/10. Nun stellen wir den Jahresabschluss 31.12.2020 fertig. Bei Jahresabschlüssen berechnen wir i. d. R. 25/10. Inwieweit werden nun die bisher berechneten 12/10 berücksichtigt, so wie ein Vorschuss? Wir beziehen uns nicht auf die nach vorläufigem Abschluss noch getätigten Arbeiten, denn wenn man das so betrachten würde, hätten wir auch den vorläufigen Abschluss mit 25/10 bepreisen können.
Antwort:
Die Abrechnung eines Zwischenabschlusses unmittelbar nach StBVV (§ 35 Abs. 1 Nr. 2 StBVV) setzt voraus, dass dieser für steuerliche Zwecke erstellt wird (vgl. Feiter, eKommentar StBVV, § 35, Rz. 15, Stand: 15.9.2020). Wird ein Zwischenabschluss, so wie bei Ihnen, für nicht-steuerliche Zwecke erstellt, z. B. für eine Kreditprüfung oder zur Vorbereitung eines Unternehmensverkaufs, fällt das Honorar nach den Vorschriften des BGB an, wobei die Erstellung eines Zwischenabschlusses i. d. R. einen Werkvertrag (§ 632 BGB) darstellt. Das BGB-Honorar ist dann, sofern nicht ausdrücklich vereinbart, die "übliche" Vergütung (§ 632 Abs. 2 BGB). Die übliche Vergütung für einen Zwischenabschluss ist das Honorar nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 StBVV, sodass Sie im Ergebnis doch nach StBVV abrechnen können, in der Rechnung aber auf deren analoge Heranziehung hinweisen sollten ("Abrechnung nach § 632 Abs. 2 BGB i. V. m. § 35 Abs. 1 Nr. 2 StBVV analog").
Ihre Abrechnung des Zwischenabschlusses mit 12/10 ist angesichts des Gebührenrahmens von 10/10 bis 40/10 bei § 35 Abs. 1 Nr. 2 StBVV tatsächlich sehr moderat, zumal Zwischenabschlüsse i. d. R. nicht weniger aufwendig sind als der eigentliche Jahresabschluss. Aufwand und Haftungsrisiko rechtfertigen deshalb regelmäßig eine gebührenrechtliche Gleichstellung mit der Aufstellung eines Jahresabschlusses, sodass auch ein Zwischenabschluss durchaus mit 25/10 (u. U. auch mit mehr) abgerechnet werden kann. Da Sie den Zwischenabschluss aber bereits mit 12/10 abgerechnet haben, haben Sie damit Ihr Leistungsbestimmungsrecht i. S. v. § 315 BGB ausgeübt, sodass eine nachträgliche Anpassung der Zehntel grds. nicht möglich ist.
Grundsätzlich ist die Tätigkeit eines Steuerberaters, für welche die StBVV eine selbstständige Gebühr ausweist, eine (eigenständige) Angelegenheit (vgl. Feiter, eKommentar StBVV, § 10, Rz. 8, Stand: 9.9.2020). Die Anrechnung einer Angelegenheit auf Folgetätigkeiten erfolgt nur dann, sofern dies in der jeweiligen Vorschrift angeordnet ist, wie z. B. in § 21 Abs. 1 Satz 3 StBVV ("Die Gebühr ist auf eine Gebühr anzurechnen, die der Steuerberater für eine sonstige Tätigkeit erhält, die mit der Raterteilung oder Auskunft zusammenhängt.") oder in § 33 Abs. 8 StBVV ("Mit der Gebühr […] sind die Gebühren für die Umsatzsteuervoranmeldung […] abgegolten.").
Die Erstellung eines Jahresabschlusses (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 StBVV) und die eines Zwischenabschlusses (§ 35 Abs. 1 Nr. 2 StBVV) sind jeweils selbstständige Angelegenheiten, bei denen keine Anrechnung aufeinander vorgeschrieben ist. Rechtlich spricht also zunächst nichts dagegen, wenn Sie den (endgültigen) Jahresabschluss "normal" mit 25/10 nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 StBVV abrechnen, auch wenn Sie bereits einen Zwischenabschluss erstellt haben. Wenn Sie aber unter Berücksichtigung der Kriterien des § 11 StBVV, insbesondere Umfang und Schwierigkeit, zum Ergebnis kommen, dass eine Abrechnung mit einer durchschnittlichen Gebühr (Mittelgebühr) von 25/10 unangemessen ist, da Sie z. B. die bei der Zwischenabschlusserstellung gewonnenen Ergebnisse größtenteils übernehmen können, ist ein darunter liegender Zehntelsatz zu wählen.
Autor: Simon Beyme, StB/Syndikus-RA/FAfStR/Ldw.-Buchst., Geschäftsführer Steuerberaterverband Berlin-Brandenburg, Berlin