Dipl.-Finanzwirt Werner Becker, Jürgen Berners
Die StBVV sieht überwiegend Wertgebühren vor. Die Zeitgebühr ist von untergeordneter Bedeutung und nach § 13 Satz 1 Nr. 1 und 2 StBVV (nur) zu berechnen,
- in Fällen, in denen die StBVV dies ausdrücklich vorsieht,
- wenn keine genügenden Anhaltspunkte für eine Schätzung des Gegenstandswerts vorliegen.
Die Zeitgebühr beträgt 30 –70 EUR je angefangene halbe Stunde (§ 13 Satz 2 StBVV).
Die Berechnung der Arbeitszeiten erfolgt angelegenheitsbezogen (vgl. § 12 Abs. 1 und 2 StBVV). Demnach sind alle mit der konkreten Angelegenheit zusammenhängenden Tätigkeiten und Zeiten von der Entgegennahme der Erstinformation bis zur Ablage zu berücksichtigen. Die Bestimmung "je angefangene halbe Stunde" ist nicht dahingehend zu verstehen, dass bei einer einheitlichen Tätigkeit eine kurze Unterbrechung grundsätzlich zu einem Neubeginn der Zeitgebühr führt. Erfolgt z. B. die Prüfung eines Steuerbescheids (vgl. § 28 StBVV) an 2 Tagen mit jeweils 10 Minuten, so fällt die Zeitgebühr nur einmal für eine 20-minütige Tätigkeit, d. h. für eine angefangene halbe Stunde, und nicht 2-mal für 2 angefangene halbe Stunden an.
Vereinbarung höherer Zeitgebühren und anderer Zeitintervalle
Die Vereinbarung einer die Höchstgebühr nach § 13 Satz 2 StBVV überschreitenden Zeitgebühr in Fällen, in denen die StBVV eine Zeitgebühr vorsieht, ist unbestritten möglich. Es ist allerdings streitig, ob eine Zeitgebühr auch für einen angefangenen 15-Minuten-Takt wirksam vereinbart werden kann. Hier mangelt es allerdings an gerichtlichen Entscheidungen zum Vergütungsrecht der Steuerberater.
Rechtsprechung gibt es bislang nur zum Anwaltsrecht, wobei der BGH diese Frage bislang nicht entschieden hat.Teile der Instanzenrechtsprechung sehen in einer solchen Zeittaktklausel einen Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil sie strukturell geeignet sei, das Prinzip von Leistung und Gegenleistung (Äquivalenzprinzip) empfindlich zu verletzen und die Abrechnung aufzublähen. Nach der Gegenauffassung kann ein solcher Zeittakt hingegen wirksam vereinbart werden. Zur Begründung verweist die anwaltliche Rechtsprechung auf § 13 Satz 2 StBVV, der einen 30-minütigen Takt vorsieht. Zu überprüfen sei lediglich im Einzelfall, ob bei der Anwendung der Zeittaktklausel ein Missbrauch (sog. Ausübungskontrolle) vorliege (vgl. Dr. Gregor Feiter, StBVV-Kommentar, § 13 StBVV Rz. 8 mit Rspr. Nw.).
Zeittaktklausel mit Rundungs- und Kumulierungseffekten kann allerdings unzulässig sein
Kurze Zeitintervalle können im Einzelfall zu erheblichen Rundungsdifferenzen und damit zu einer Diskrepanz von tatsächlicher und berechneter Arbeitszeit führen. Das LG Köln (Urteil v. 18.10.2016, 11 S 302/15, DStR 2017, S. 503) hat diesbezüglich in einer anwaltlichen Sache entschieden, dass eine Zeitwertklausel, die aufgrund von Aufrundungen zu einer erheblichen Kumulierung der abrechenbaren Zeiten führt, gegen das Prinzip der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung (Äquivalenzprinzip) verstößt und daher unwirksam ist. Dabei ging es um Folgendes:
Der Mandant hatte die Kanzlei in einer Arbeitsrechtssache beauftragt. Die zwischen den Parteien geschlossene Vergütungsvereinbarung sah u. a. vor, dass die Rechtsanwälte anstelle der gesetzlichen Gebühren eine Vergütung i. H. v. 230 EUR je Stunde zzgl. der gesetzlichen MwSt. erhalten. Es sollte in Viertelstundenschritten abgerechnet werden, wobei für jede angefangene 15 Minuten ein Viertel des vereinbarten Stundensatzes berechnet werden sollte. Es war zudem vereinbart, dass das Honorar die gesetzlichen Gebühren nach dem RVG überschreiten konnte.
Der sachbearbeitende Anwalt hatte mehrfach mit dem Mandanten korrespondiert und telefoniert. Er hatte eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht eingereicht und einen Gütetermin wahrgenommen. Die Kanzlei hatte erstinstanzlich Kostenblätter vorgelegt, welche einen nicht aufgerundeten Zeitaufwand des sachbearbeitenden Anwalts von 13 Stunden und 39 Minuten für dessen Tätigkeit ergaben. In Rechnung gestellt hatte sie aufgrund der Zeittaktklausel eine Arbeitszeit von 19 Stunden und 15 Minuten (= 77 Viertelstunden). Das bedeutete eine Erhöhung des Anwaltshonorars um mindestens 1.265 EUR (entsprechend 22 Viertelstunden).
Zu viel, fand der Mandant und nahm die Kanzlei auf Rückzahlung von überzahlten Honorarvorschüssen in Anspruch. Hierzu berief er sich auf die Unwirksamkeit der verwendeten Zeittaktklausel.
Gericht bestätigt Auffassung des Klägers
Nach Auffassung des LG Köln verstößt die Zeittaktklausel gegen § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, da sie geeignet sei, das im Dienstvertragsrecht geltende Äquivalenzprinzip empfindlich zu verletzen. Dadurch werde der Mandant insbesondere deswegen unangemessen benachteiligt, weil der Rechtsanwalt zum einen jede Tätigkeit, auch wenn sie nur wenige Minuten dauert, im Zeittakt von jeweils 15 Minuten vergütet erhalte. Zum anderen finde die Zeittaktklausel auch dann Anwendung, wenn die Tätigkeit den jeweiligen Zeitabschnitt von 15 Minuten auch nur um Sekunden überschreite. So würden ...