Dr. Gregor Feiter, Simon Beyme
Der Steuerberater muss für jede einzelne Angelegenheit die angemessene Gebühr bestimmen. Innerhalb des Gebührenrahmens darf er auch Zwischenwerte ansetzen. In Angelegenheiten von durchschnittlicher Bedeutung, durchschnittlichem Tätigkeitsaufwand und durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad kann der Steuerberater die Mittelgebühr, d. h. den mittleren Gebührenansatz im Rahmen der von der StBVV vorgegebenen Gebührenspanne, ohne weitere Begründung i. S. d § 11 Abs. 1 StBVV beanspruchen (vgl. OLG Hamm, Urteil v. 26.11.2013, 25 U 5/13, DStR 2014, S. 2151).
Ob die Mittelgebühr im Einzelfall angemessen ist oder nicht, kann nicht generell festgestellt werden, sondern ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Eine Vermutung, dass die Mittelgebühr die "angemessene" Gebühr ist, stellt die StBVV indes nicht auf. Gleichwohl orientieren sich Teile der Rechtsprechung an der Mittelgebühr, wenn keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die in Rechnung gestellten Leistungen nur unterdurchschnittlich schwierig waren (vgl. Dr. Gregor Feiter, StBVV-Kommentar, § 11 StBVV Rz. 12, m. w. N.).
Setzt der Steuerberater seine Gebühr oberhalb des Mittelsatzes an, kann er die höhere Gebühr regelmäßig nur beanspruchen, wenn er die Kriterien für seine Bewertung der Sache als überdurchschnittlich offenlegt und im Zweifel auch beweist (vgl. OLG Hamm, Urteil v. 26.11.2013, 25 U 5/13, a. a. O.). Ob nämlich die erbrachten Steuerberaterleistungen überdurchschnittlich schwierig sind und daher den Ansatz einer Gebühr oberhalb der Mittelgebühr rechtfertigen, kann nur der Steuerberater konkret darstellen und belegen. Die dafür maßgeblichen Umstände sind ausschließlich seinem Dienstleistungsbereich zuzuordnen (sog. Sphärengedanke).
Bei der Festsetzung der Gebühr im Rahmen des billigen Ermessens kann der Steuerberater auch den überdurchschnittlichen Zeitaufwand zur Bearbeitung der Angelegenheit berücksichtigen. Ergeben sich laufende Nachfragen, weil der Mandant die Unterlagen ungeordnet und zeitversetzt einreicht, und folgt daraus ein erheblicher Mehraufwand, weil vieles erst durch den Steuerberater aufgeklärt werden muss, rechtfertigt dies eine Gebühr über der Mittelgebühr in der Rechnung (vgl. AG Stade, Urteil v. 17.6.2021, 61 C 736/19, BeckRS 2021, 59436).
Auf die Mitwirkungspflicht des Mandanten eingehen
In dem vom AG Stade entschiedenen Fall waren die Regelungen des § 11 Abs. 1 StBVV (nur) deshalb heranzuziehen, weil der Steuerberater mit dem Mandanten keine ausdrückliche Vereinbarung über die Höhe der geschuldeten Vergütung i. S. v. § 4 StBVV getroffen hatte. Vor allem bei "schwierigen" Mandaten sollte in Erwägung gezogen werden, eine schriftliche Vereinbarung über die Beauftragung zu schließen und dabei das Honorar zu erläutern Dabei sollte auch auf die Mitwirkungspflichten des Mandanten eingegangen werden und welche Konsequenzen eine säumige Mitwirkung haben wird (vgl. Dr. Gottfried Wacker, Bei Mandanten, die nicht mitarbeiten, darf mehr als die Mittelgebühr verlangt werden, KP Kanzleiführung professional, Ausgabe 02/2023, S. 35).