Dr. Andreas Nagel, Ulrike Geismann
Frage:
In Ausgabe HHG 02/2018 wurde geschildert, dass ein Steuerberater nach § 16 StBVV Anspruch auf Ersatz der bei der Ausführung des Auftrags für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen zu zahlenden Entgelte hat. In Zeiten der zunehmenden Nutzung moderner Kommunikationsmittel stellt sich uns nun die Frage, ob die Auslagenpauschale durch jedwede Nutzung dieser Kommunikationsmittel ausgelöst wird, und es unschädlich ist, wenn ein Einzelnachweis bzw. eine Aufschlüsselung einzelner Kosten wegen eines Flatrate-Vertrags nicht möglich ist? In der angesprochenen Ausgabe gelangen Sie zu dem Fazit, dass der Steuerberater auch bei ausschließlicher Benutzung von Telekommunikationsmitteln, wie z. B. E-Mail, die Pauschale für Post- und Telekommunikationsaufwendungen nach § 16 StBVV geltend machen kann. Können Sie uns hierzu zitierfähige Quellen, wie z. B. aktuelle Rechtsprechung, nennen?
Antwort:
Zu den hier aufgeworfenen Fragen hat die anwaltliche Rechtsprechung bereits Stellung bezogen. Da § 16 StBVV inhaltlich den Vorschriften der Nrn. 7001, 7002 VV RVG entspricht, kann auf diese Rechtsprechung zurückgegriffen werden.
In einem vom OLG Frankfurt/Main (Beschluss v. 3.5.2017, 18 W 195/16, AnwBl 2017, S. 1234) entschiedenen Fall, hatte ein Mandant einen Berechtigungsschein für eine rechtsanwaltliche Beratung in einer sozialrechtlichen Angelegenheit erhalten. Hierzu suchte der Mandant den Rechtsanwalt auf, der ihm nach erster Prüfung eine umfangreiche E-Mail mit seinen Ausführungen und Einschätzungen zu den Erfolgsaussichten einer Klage schrieb. Postalischen Schriftverkehr gab es zwischen dem Mandanten und dem Rechtsanwalt nicht.
Der Rechtsanwalt beantragte beim zuständigen AG eine Vergütung und machte u. a. eine Auslagenpauschale von 7 EUR geltend. Bei der Festsetzung der dem Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu zahlenden Gebühren ließ die Rechtspflegerin diesen Betrag unberücksichtigt. Sie war der Auffassung, dass eine Auslagenpauschale nicht zu berücksichtigen sei, da ein Geschäft nach außen, das eine Mehrauslage rechtfertige, durch die an den Mandanten versandte E-Mail nicht erfolgt sei.
Auf die Erinnerung des Rechtsanwalts sprach das AG ihm auch die Pauschale von 7 EUR nach Nr. 7002 VV RVG zu. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Bezirksrevisorin hatte weder vor dem LG noch vor dem OLG Erfolg.
Kommunikation per E-Mail für Anfall der Pauschale ausreichend
Das OLG Frankfurt/Main führt aus, dass jede Form von Telekommunikationsdienstleistungen durch den Rechtsanwalt in einem konkreten Mandatsfall zunächst grundsätzlich die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Telekommunikationsentgelts nach den Auslagetatbeständen der Nrn. 7001, 7002 VV RVG erfüllt, also auch die Versendung einer E-Mail.
Während Nr. 7001 VV RVG von dem Rechtsanwalt bei der Geltendmachung eines Entgelts für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen die Darlegung und ggf. den Nachweis der im Einzelnen verauslagten Entgelte verlangt, ermögliche ihm Nr. 7002 VV RVG, anstelle der tatsächlichen Auslagen die Geltendmachung einer Pauschale von 20 % der angefallenen Gebühren, höchstens jedoch 20 EUR. Diese pauschalierte Abrechnung setze jedoch nicht voraus, dass tatsächlich im einzelnen Mandatsverhältnis aufschlüsselbare Telekommunikationsentgelte angefallen sind.
Für die Entstehung der Pauschale sei (heute) angesichts des zunehmenden elektronischen Rechtsverkehrs die Kommunikation durch elektronische Medien (per E-Mail, Skype, Videotelefonie, Mobiltelefon, etc.) als ausreichend anzusehen, sodass die Pauschale mit jeder vom Anwalt ausgehenden Nutzung dieser Kommunikationsmedien anfalle, auch wenn aufgrund von Flatrateverträgen die Aufschlüsselung einzelner Kosten für die konkrete Kommunikation nicht möglich sei. Es würde zudem dem Sinn und Zweck einer Pauschalregelung und dem Ziel des Gesetzgebers, der mit dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz das Kostenrecht "transparenter und einfacher" habe gestalten wollen, zuwiderlaufen, wenn man im Fall der Geltendmachung der Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG fordern wollte, dass tatsächlich der Nachweis einzelner im konkreten Mandatsverhältnis angefallener Kostenpositionen für Kommunikationsdienstleistungen erbracht werden müsse.
Pauschalvereinbarungen tragen zur Transparenz und Vereinfachung bei
Auch das AG Winsen/Luhe (Beschluss v. 27.12.2015, 18 II 531/11, AGS 2016, S. 162, m. w. N.) hatte in einer Anwaltssache bereits die Auffassung vertreten, dass einer Rechtsanwältin eine prozentuale Post- und Telekommunikationspauschale von 20 % der angefallenen Gebühren, höchstens 20 EUR, unabhängig von der Frage zuzubilligen ist, ob im Einzelfall ausscheidbare Einzelkosten überhaupt angefallen sind. Denn es sei gerade Sinn und Zweck einer Pauschale, dem Berechtigten jeglichen Aufwand zu ersparen, der mit der Führung eines Einzelnachweises verbunden sei.
Dr. Gregor Feiter (StBVV-Kommentar, § 16 StBVV Rz. 7) weist zu Recht darauf hin, dass auch der Verordnungsgeber mit der Einführung der StBVV das Ziel verfolgt hat, d...