Dipl.-Finanzwirt Werner Becker, Jürgen Berners
Mandanten können die fachliche Leistung ihres Steuerberaters meist nicht beurteilen. Sie bewerten eine Kanzlei daher oft anhand von "Ersatzkriterien" wie Freundlichkeit, Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und optischem Erscheinungsbild. Defizite in diesen Bereichen oder Nachlässigkeiten im zwischenmenschlichen Umgang können schnell zum Verlust des Mandats führen. Der persönliche Umgang mit Mandanten ist daher für jede Kanzlei ein wichtiger Erfolgsfaktor.
Empfang in der Kanzlei: Der erste Eindruck zählt
Sie kennen bestimmt die Redewendung: "Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance." Überzeugen Sie Ihre Mandanten daher bereits beim Betreten der Kanzlei mit einem positiven Ersteindruck. Durch einen freundlichen Empfang entsteht beim Mandanten die Vermutung, in diesem Umfeld auch fachlich gut aufgehoben zu sein. Legen Sie einen "Begrüßungsstandard" fest, der von allen Mitarbeitern gleichermaßen eingehalten wird.
Erweisen Sie sich als guter Gastgeber
Begrüßen Sie den Mandanten mit Blickkontakt, einem Lächeln und mit seinem Namen und nehmen Sie ihm bei Bedarf die Jacke oder den Mantel ab.
Bei unvermeidbaren Wartezeiten bieten Sie einen Sitzplatz in der Wartezone und ein Heiß- oder Kaltgetränk an. Wenn es in die Situation passt, kann die Wartezeit durch einen Mitarbeiter mit etwas Small-Talk überbrückt werden. Legen Sie dazu einige Themen fest, die sich universell für ein zwangloses Gespräch eignen (z. B. Anreise, Wetter, Umgebung oder aktuelle Tagesereignisse). Meiden Sie hingegen streitbefangene oder emotionale Themen wie Politik oder Religion. Beim Small-Talk geht es bekanntlich weniger um die Vermittlung von wichtigen Informationen, sondern eher darum, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Längere Wartezeiten werden vom Mandanten allerdings schnell als ein Zeichen für schlechte Zeit- und Terminplanung gewertet. Wenn es zu Wartezeiten kommt, geben Sie dem Mandanten zumindest eine kurze Erklärung und benennen Sie die voraussichtliche Wartezeit so genau wie möglich
Überprüfen Sie auch einmal kritisch das optische Erscheinungsbild der Kanzlei. Ist die Kanzleieinrichtung zeitgemäß und gepflegt? Veraltetes Mobiliar, abgenutzte Böden und Mitarbeiter mit ungepflegtem Äußeren wirken auf Mandanten sicherlich nicht positiv.
Das Beratungsgespräch
Im Beratungsgespräch vermitteln ein optimistisches Lächeln und aufmunternde Worte dem Mandanten ein positives Gefühl. Negativ wirkt hingegen eine hektische Gesprächs- oder Verhaltensweise, durch die der Anschein erweckt wird, dass Sie unter Zeitdruck stehen. Jeder Mandant möchte das Gefühl haben, dass Sie sich genügend Zeit für eine umfassende Beratung nehmen. Sorgen Sie auch dafür, dass Sie während des Gesprächs nicht durch Telefonate oder Mitarbeiter unterbrochen werden. Es wird vom Mandanten nicht als ein Zeichen der Wertschätzung empfunden, wenn Sie anderen Personen trotz des bereits laufenden Gesprächs den Vorrang geben.
Achten Sie im Beratungsgespräch stets auf eine verständliche Darstellung der steuerlichen Sachverhalte und vermeiden Sie Fachbegriffe, die für den Mandanten unverständlich sein könnten. Wenn es in die Situation passt, können Sie Präsentationstechnik (Laptop, Beamer, PowerPoint) einsetzen, um wichtige Punkte hervorzuheben und um die immaterielle Beratungsleistung für den Mandanten sichtbar zu machen.
Fragen Sie den Mandanten gezielt nach seinen Erwartungen an die Kanzlei und nach seinen persönlichen und unternehmerischen Zielen:
- "Was ist für Sie in der Zusammenarbeit mit unserer Kanzlei besonders wichtig?"
- "Welche Themen beschäftigen Sie derzeit am meisten?"
- "Wie können wir Sie am besten unterstützen?"
Auf diese Weise können Sie die individuellen Erwartungen des Mandanten bestmöglich erkennen. Besprechen Sie bei Bedarf auch die voraussichtliche Höhe des Honorars und erläutern Sie dabei den genauen Leistungsumfang. So schaffen Sie Leistungstransparenz und Honorarakzeptanz. Fassen Sie das Gespräch zum Abschluss kurz zusammen, um sicherzustellen, dass alle Informationen vollständig und richtig kommuniziert wurden.
Einhaltung von Terminen und Zusagen
Sorgen Sie durch eine gute Auftrags- und Terminplanung dafür, dass Termine und Zusagen gegenüber einem Mandanten von allen Mitarbeitern zuverlässig eingehalten werden. Informieren Sie den Mandanten rechtzeitig über unvorhersehbare oder unvermeidbare Verzögerungen. Halten Sie zugesagte Rückrufe stets zuverlässig und zeitnah ein. Besprechen Sie das wichtige Thema Zuverlässigkeit auch mit Ihren Mitarbeitern und weisen Sie ausdrücklich auf die Bedeutung für die Außenwirkung der Kanzlei hin.
Umgang mit Beschwerden
Für den Umgang mit Mandantenbeschwerden ist es sinnvoll, einen einheitlichen "Beschwerdestandard" zu schaffen, damit Mitarbeiter möglichst identisch auf Beschwerden reagieren. Verärgerte Mandanten müssen zunächst Gelegenheit haben, ihrem Ärger Luft zu machen, bevor eine sachliche Lösung für die Beschwerde gefunden werden kann. Lassen Sie den Mandanten zunächst ausreden und zeigen Sie Verständnis für sein...