Das AG Dortmund (Urteil v. 30.10.2018, 425 C 9862/17) hat sich mit folgenden gebührenrechtlichen Fragen auseinandergesetzt:

  • Unter welchen formalen Voraussetzungen ist die Abtretung einer Steuerberaterforderung an ein Factoring-Unternehmen wirksam?
  • Wann liegt die Unwirksamkeit in Form einer überraschenden Klausel i. S. d. § 305c BGB im Kontext der Allgemeinen Auftragsbedingungen einer Steuerberatungskanzlei vor?

Ein Factoring-Unternehmen (Klägerin) kaufte von einer Steuerberatungskanzlei diverse Forderungen auf, die aus der Erstellung einer Einnahmen-Überschussrechnung sowie der Anfertigung der Umsatzsteuerjahreserklärung und der Gewerbesteuererklärung resultierten. Die Forderungen beliefen sich in ihrer Gesamthöhe auf 1.173,10 EUR. Die Klägerin machte neben der Forderung Zinsen i. H. v. 9 % über dem jeweiligen Basiszinssatz (seit dem 3.1.2017) sowie 174,50 EUR vorgerichtliche Kosten geltend.

Da der Beklagte (ein Mandant der Steuerberatungskanzlei) die Forderung nicht beglich, reichte das Factoring-Unternehmen Klage beim Amtsgericht Dortmund ein. Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage, da er der Ansicht war, die Abtretung sei unwirksam. Im Weiteren bestritt er die grundsätzliche Berechtigung der Forderung und rechnete selbige mit – seiner Ansicht nach – ihm zustehenden Schadensersatzansprüchen auf. Bei Begründung des Vertragsverhältnisses mit der Steuerberatungskanzlei unterzeichnete der Beklagte eine Vollmacht, die u. a. einen Hinweis auf die Allgemeinen Auftragsbedingungen der Steuerberatungsgesellschaft zum Gegenstand hatte. Diese enthielten unter dem Oberbegriff "Verschwiegenheit" u. a. folgenden Passus:

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Der Auftraggeber erteilt gem. § 64 Abs. 2 StBGebV ausdrücklich seine Einwilligung dazu, dass der Steuerberater eine gegen den Auftraggeber bestehende Gebührenforderung an einen nicht als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten zugelassenen Dritten abtreten oder übertragen kann. Der Berater ist in diesem Fall verpflichtet, den neuen Gläubiger in gleicher Weise zur Verschwiegenheit zu verpflichten, wie der Berater.

Das Gericht wies die Klage des Factoring-Unternehmens zurück, aus den Gründen:

  • Die klagende Factoring-Gesellschaft habe weder aus einem eigenen noch aus einem abgetretenen Recht einen Anspruch gegen den Beklagten, in Ermangelung bestehender eigenvertraglicher Ansprüche
  • Die klagende Factoring-Gesellschaft sei zu keinem Zeitpunkt Inhaberin der vermeintlichen Forderung gewesen, da die Abtretung unwirksam sei.

Urteilsbegründend führt das Amtsgericht Dortmund aus, dass Abtretungen von Forderungen aus Steuerberatungsleistungen an Dritte ohne deren ausdrückliche Zustimmung nichtig sind.

Diesbezüglich verweist das Gericht auf § 402 BGB, § 64 Abs. 2 StBerG und das Urteil des BGH vom 25.3.1993 (Az. IX ZR 192/92).

Voraussetzungen, die § 64 Abs. 2 StBerG an das Vorliegen einer wirksamen Abtretung knüpft

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Die Abtretung von Gebührenforderungen oder die Übertragung ihrer Einziehung an Personen und Vereinigungen im Sinne des § 3 Nr. 1 bis 3 und von diesen gebildeten Berufsausübungsgemeinschaften (§ 56) ist auch ohne Zustimmung des Mandanten zulässig. Im Übrigen sind Abtretung oder Übertragung nur zulässig, wenn eine ausdrückliche, schriftliche Einwilligung des Mandanten vorliegt oder die Forderung rechtskräftig festgestellt ist. Vor der Einwilligung ist der Mandant über die Informationspflicht des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten gegenüber dem neuen Gläubiger oder Einziehungsermächtigten aufzuklären.

Im vorliegenden Urteilsfall gelangte das Gericht zu der Auffassung, dass der Beklagte diese Einwilligung zu keinem Zeitpunkt gegenüber der Steuerberatungsgesellschaft erteilt hatte. Zwar sei im Rahmen der vom Mandanten unterschriebenen Vollmacht der grundsätzliche Hinweis auf die Allgemeinen Auftragsbedingungen enthalten gewesen. In denen sei auch der Passus zur Forderungsabtretung zu finden gewesen.

Diesem sei jedoch nicht einmal im Ansatz zu entnehmen gewesen, das selbiger den Anforderungen an eine wirksame Abtretung entspreche. Vielmehr kommt das Gericht zu dem Schluss, dass es sich hierbei um eine unwirksame Formularklausel handelt, die u. a. auf die falsche Ermächtigungsnorm hinweise (§ 64 StBerGDV statt § 64 StBerG).

Im Weiteren fehle eine von der Steuerberatungsgesellschaft verpflichtend vorzunehmende Aufklärung über die Informationspflichten gegenüber dem neuen Gläubiger.

Zudem handele es sich bei der von der Steuerberatungsgesellschaft in den Allgemeinen Auftragsbedingungen verankerten Klausel um eine überraschende Klausel i. S. d. § 305c BGB. Diese sei grundsätzlich immer dann anzunehmen, wenn eine Klausel in einem Gesamtwerk in der Art und Weise verankert sei, in der sie der Vertragspartner an dieser Stelle nicht zu erwarten hat. Dies sei der Fall gewesen, da die Steuerberatungsgesellschaft die Klausel ­hinsichtlich der Möglichkeit der Abtretung von ­Forderungen als letzten Absatz unter dem Passus "Verschwiegenheit" verankert hatte. Unter dieser Überschrift der Verschwiegenheitspflicht

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