Dr. Dario Arconada Valbuena, Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Frage: Gestatten Sie uns bitte folgende Fragen an Sie zu richten:
- Der Mandant gibt uns einen von seinem Rechtsanwalt gefertigten GmbH-Vertrag zur steuerlichen Prüfung herein.
- Der Mandant gibt uns ein Testament herein, um die steuerliche Prüfung vorzunehmen.
Welche Wertgebühr kann man abrechnen?
Antwort: In vielen Gebührentatbeständen ist die Berechnung der Wertgebühren direkt vorgegeben, z. B. in §§ 24, 25, 27, 33 und 35 StBVV. Einige Vorschriften enthalten hingegen keine konkrete Vorgabe zur Ermittlung der Wertgebühren, u. a. die von Ihnen angefragten Tätigkeiten nach § 21 StBVV ("Rat, Auskunft") bzw. § 22 StBVV ("Gutachten"). Gegenstandswert ist dort der Wert des Interesses (§ 10 Abs. 1 Satz 3 StBVV). Damit ist das Interesse des Auftraggebers gemeint. Die Rechtsprechung zu dessen Bestimmung ist jedoch uneinheitlich. Teilweise wird auf die steuerlichen Auswirkungen bzw. das steuerliche Risiko abgestellt, teilweise auf die wirtschaftliche Bemessungsgrundlage (sog. Bruttowerte).
Liegen keine genügenden Anhaltspunkte für eine Schätzung des Gegenstandswerts vor, ist ein Ausweichen auf die Zeitgebühr zulässig (§ 13 Satz 1 Nr. 2 StBVV). Bestehen überhaupt keine Anhaltspunkte für eine Schätzung des Gegenstandswerts, kann auf den Auffangstreitwert von 5.000 EUR nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG ausgewichen werden (Feiter, eKommentar StBVV, § 10, Rz. 6). Es stellt sich also die Frage, ob es genügend Anhaltspunkte gibt, die in Ihren Fällen zu einer (angemessenen) Wertgebühr führen.
Zum GmbH-Vertrag
Obwohl solche Fälle in der Praxis häufig sind, finden sich in der Kommentarliteratur und der Rechtsprechung kaum konkrete Beispiele. So legte das Landgericht Osnabrück im Fall einer (betriebswirtschaftlichen) Beratung bei der Gründung einschließlich der Mitarbeit am Grundkonzept eines GmbH-Vertrags die Höhe des Stammkapitals als Gegenstandswert zu Grunde (LG Osnabrück, Urteil v. 27.10.1988, 4 O 305/88, zitiert nach Feiter, eKommentar StBVV, § 21, Rz. 10). Mit diesem – vertretbaren – Ansatz gelangt man zu einem Gegenstandswert von mindestens 25.000 EUR (je nach Stammkapital), also deutlich mehr als dem "Auffangstreitwert" nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG. Alternativ ist eine Abrechnung nach Zeit gem. § 21 Abs. 1 i. V. m. § 13 Satz 1 Nr. 2 StBVV denkbar, da der "Wert des Interesses" bei einer GmbH-Gründung nicht unbedingt dem Stammkapital entspricht.
Zum Testament
Im Fall einer steuerlichen Beratung im Zusammenhang mit einer Erbschaftsangelegenheit akzeptierte das Landgericht Duisburg einen vom Steuerberater angesetzten Gegenstandswert in Höhe der wirtschaftlichen Bemessungsgrundlage, sprich: des gesamten Erbes (LG Duisburg, Urteil v. 8.5.1996, 21 (1) S 123/95). Im Einzelfall kann dies, insbesondere wenn keine Besonderheiten vorliegen (z. B. nur Privatvermögen, klare familiäre Ausgangslage), zu Gebühren führen, die – auch bei Wahl eines niedrigen Zehntelsatzes – nicht mehr im Rahmen des Angemessenen i. S. v. § 64 Abs. 1 Satz 3 StBerG sind:
Zitat
Die Höhe der Gebühren darf den Rahmen des Angemessenen nicht übersteigen und hat sich nach
1. |
Zeitaufwand, |
2. |
Wert des Objekts und |
3. |
Art der Aufgabe |
zu richten.
Dann ist evtl. auf das "Nettointeresse" des Mandanten abzustellen, also z. B. auf die möglichen steuerlichen Auswirkungen nach Abzug von Freibeträgen.
Vergütungsvereinbarung abschließen
Aufgrund der Schwierigkeit der Bestimmung des Gegenstandswerts in den von Ihnen genannten Konstellationen bietet sich der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung nach § 4 Abs. 1 StBVV an. Dabei denkbar ist außer der Vereinbarung einer Abrechnung nach Zeit auch die Vereinbarung eines festen Gegenstandswerts oder, insbesondere bei "Standard-GmbH-Satzungen", einer Prüfung zum Pauschalpreis.
Autor: Simon Beyme, StB/Syndikus-RA/FA f. StR., Geschäftsführer Steuerberaterverband Berlin-Brandenburg e. V., Berlin