Dr. Andreas Nagel, Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Frage: Ich werde gegen einen Feststellungsbescheid für eine GbR (2 Personen) Einspruch einlegen, da Betriebsausgaben i. H. v. rd. 4.800 EUR fälschlicherweise nicht berücksichtigt wurden. Wie berechnet sich der Wert des Interesses bei diesem Einspruch? Bei den beiden Feststellungsbeteiligten entstehen schließlich unterschiedliche steuerliche Auswirkungen.
Antwort: Bei einem Einspruch entspricht der Gegenstandswert der Bedeutung der Sache für den Auftraggeber. Das ist i. d. R. der Steuerbetrag, um den unmittelbar gestritten wird.
Beim Streit um einen Feststellungsbescheid wird nicht unmittelbar um einen Steuerbetrag gestritten. Deshalb bemisst sich bei der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung der Streitwert nach der typisierten einkommensteuerlichen Bedeutung für die Gesellschafter, die grundsätzlich mit 25 % des streitigen Gewinns (oder Verlusts) zu bemessen ist. Auf die tatsächlichen einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen bei den einzelnen Gesellschaftern kommt es dabei grundsätzlich nicht an.
Ein höherer Satz als 25 % des streitigen Gewinns kommt nur in Betracht, wenn ohne besondere Ermittlungen bereits im Gewinnfeststellungsverfahren erkennbar ist, dass der Pauschalsatz von 25 % den tatsächlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen nicht gerecht wird. Das kann z. B. bei besonders hohen Gewinnfeststellungen der Fall sein. Die Obergrenze des Pauschalsatzes orientiert sich am geltenden Höchststeuersatz, beträgt aktuell also 45 %.
In Ihrem Fall, in dem es um rd. 4.800 EUR geht, ist, soweit keine Besonderheiten bestehen, also ein Ansatz von 25 % des streitigen Gewinns (oder Verlusts) richtig. Das wären 1.200 EUR. Bei einem solchen (geringen) Wert kommt der seit 1.7.2020 für Einsprüche geltende Mindestgegenstandswert von 1.500 EUR zum Tragen.
Bei einer Abrechnung mit der "Regelgebühr" von 1,3 entsteht bei einem Streitwert von 1.500 EUR für den Einspruch eine Gebühr von 165,10 EUR. In der Abrechnung nach § 9 StBVV zu zitieren wären: § 40 StBVV i. V. m. Nr. 2300 VV RVG i. V. m. § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG i. V. m. § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG.
Wenn Sie bereits im Besteuerungsverfahren beauftragt waren und dabei eine Gebühr nach §§ 23, 24 oder 31 StBVV verdient haben, müssen Sie sich davon die Hälfte auf die Geschäftsgebühr für das Einspruchsverfahren anrechnen lassen, wobei der Gegenstandswert derjenigen Gebühr zugrunde zu legen ist, auf die angerechnet wird (hier: 1.500 EUR), § 40 StBVV i. V. m. § 35 Abs. 2 RVG i. V. m. Vorbemerkung 2.3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG.
Bei einem Feststellungsbescheid sind vermutlich bereits Gebühren nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 StBVV entstanden. Anzurechnen sind also die Hälfte der Gebühr nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 StBVV mit einem Gegenstandswert von 1.500 EUR, was bei Ansatz der Mittelgebühr (3/10) eine anzurechnende Gebühr von 18,45 EUR bedeutet. Im Ergebnis können Sie also 146,65 EUR (165,10 EUR – 18,45 EUR) abrechnen.
Autor: Simon Beyme, StB/Syndikus-RA/FAfStR/Ldw.-Buchst., Geschäftsführer Steuerberaterverband Berlin-Brandenburg, Berlin